Schneewittchen und die sechs Räder
04.07.2020
Man schrieb das Jahr 1976, als die Formel 1 eine Revolution erlebte. Erstmals startete ein Auto nicht mit vier Rädern sondern mit deren sechsen.
Es erstaunte alle, als Jody Scheckter (ZA) und Patrick Depailler (F) in Silverstone zum ersten Roll-Out mit einem sechsrädrigen Tyrrell-Ford, dem sogenannten Project 34, auf die Strecke gingen. Relativ ungläubig verfolgten alle Interessenten das Geschehen. Keiner glaubte wirklich an das Vorhaben von Derek Gardner, dem damaligen Chefdesigner von Ken Tyrrell. Am Ende aber konnte sich die Ergebnisliste des Autos doch sehen lassen: Bei 30 Starts in zwei Saisons gab es immerhin einen Doppel-Sieg (GP Schweden in Anderstorp 1976), eine Pole Position, drei schnellste Rennrunden, 85 WM-Punkte und 14 Podestplätze.
Heute kann man eines dieser Autos im Technik Museum Sinsheim bestaunen. Wie in einem Schneewittchensarg ist das Auto aufgebahrt und zieht noch immer kopfschüttelnde Besucher in seinen Bann.
Von den rund dreissig F1-Autos in der Halle ist der P34 mit Abstand der Aussergewöhnlichste. Für mich ist es, zusammen mit dem 16-Zylinder-Vorkriegs-Auto-Union Typ-C, der faszinierendste Rennwagen überhaupt. Vor dem gläsernen Sarg erfüllte mich ein Gefühl grosser Freude, dass ich dieses unglaubliche Auto ganze vier Mal live (GP Österreich und Italien 1976 und mit Ronnie Peterson beim GP der Schweiz in Dijon und noch ein weiteres Mal beim GP Italien in Monza 1977) fahren sehen durfte.