Wir sind grunsätzlich der Ansicht, dass jeder mit seinem eigenen Fahrzeug tun kann, was er will. Wenn jemand seinen Klassiker mit neuzeitlichen Alufelgen oder moderner Technik "verbessern" will, so gibt es daran nichts aussetzen, wenn das Ergebnis nicht als Klassiker und Originalfahrzeug gelten soll. Natürlich geht bei solchen Anpassungen einiges an historischem Kulturgut verloren, aber meist sind es ja keine Einzelstücke, die so zum alt-neuen Hybriden mutieren, sondern (hoffentlich) Massenprodukte, von denen viele andere bis heute (mehr oder weniger) original überlebt haben.
Wo wir dann allerdings hellhörig werden, ist, wenn wir auf einem Titelblatt einer Zeitschrift mit 1,55 Millionen gedruckten Exemplaren (beglaubigt) eine elektrifizierte Chevrolet Corvette C1 erblicken mit dem Titel “Ein zweiter Frühling”. Der dreieinhalbseitige Artikel suggeriert, dass hier ein umweltfreundlicher (und geräuscharmer) Oldtimer neuauferstanden ist. Hinter dem Auto steht bekanntlich die Manufaktur Marton, die sicherlich an dieser grossräumigen Werbung für ihr kleines Unternehmen Freude hat. Wir haben selber auch einmal kurz über die Corvette C1 berichtet vor einiger Zeit.
Immerhin wird im Artikel auch dokumentiert, dass die Elektro-Corvette nicht nur auf positive Reaktionen stösst. Aber offensichtlich sind bereits andere Autos im Umbauprozess, etwa ein Jaguar der XK-Serie oder ein Citroën DS. Die hohen Umbaukosten werden verhindern, dass Tausende von Klassikern ihren Verbrenner-Antriebsstrang verlieren werden, aber so richtig wohl ist es einem nicht, wenn mehr und mehr dieser “Teslas" in alter Schalte entstehen.
Jetzt sollte aber doch noch etwas zum Thema “umweltfreundlicher Oldtimer” gesagt werden, denn umweltfreundlich wird ein altes Auto durch Einbau einer grossen Batterie und eines oder mehrerer Elektromotoren natürlich nicht, im Gegenteil. Damit der elektrifizierte alte Wagen CO2-technisch ähnlich günstig wie ein unverändertes Modell abschneiden würde, müsste er wohl zigtausend Kilometer, wenn nicht über 100’000 km weit fahren, bis die Emissionen, die für die Produktion von Batterie und Antrieb nötig waren, wieder kompensiert wären, selbst wenn der Strom komplett CO2-neutral hergestellt werden könnte (was natürlich unmöglich ist, denn selbst Solarstrom basiert auf energetisch aufwändig und nicht komlett sauber produzierten Solarzellen, Windkraft genauso, usw.).
Aber auch mit Elektroantrieb ist eine alte Corvette natürlich immer noch ein Wagen mit Technik aus den Sechzigerjahren und damit wird kaum jemand derartig grosse Strecken über eine lange Periode zurücklegen. Die Problematik, dass für die Herstellung der Batterien auch noch viele rare Rohstoffe abgebaut werden mussten, lassen wir hier einfach mal beiseite.
Für uns ist die Sache klar. Zu einem alten Auto gehört ein Antriebsstrang aus der Zeit, sonst ist es kein Klassiker und schon gar kein historisches Kulturgut mehr. Und zu einem alten Auto gehören eben neben den schönen Formen auch seine Lautäusserungen und halt auch die vielleicht heute mancherorts unerwünschten Emissionen. Wenn man aber bedenkt, dass die meisten alten Autos gehätschelt und nur selten bewegt werden, dann sollte doch Originalitätsnähe höher gewichtet werden als ein Zeitgeist-Antriebsstrang.