Das war früher einfacher - vom Rennsport auf die Strasse
08.08.2019
Sportwagen, Supersportwagen, Hypersportwagen – in einer unglaublichen Kadenz wird nicht nur ständig an der Leistungsschraube gedreht, sondern es werden auch stetig neue Superlative präsentiert.
Reichten noch vor wenigen Jahrzehnten solide 200 bis 300 PS für einen schnell Sportwagen, waren es ab den Achtzigerjahren bereits 400 und mehr PS, die nötig waren, um zum Supersportwagen-Club zu gehören. Neuerdings aber sind 1000 und mehr PS das Eintrittsticket in die Gilde der Hypersportwagen, millionenteure Kleinstserienfahrzeuge, die eigentlich in der heutigen Verkehrswelt kaum mehr einen Sinn machen.
Aber offenbar ist es genau das, was die Superreichen unserer Zeit kaufen wollen. Der Bugatti Veyron machte den Anfang, seither gibt es McLaren P1, Chiron oder Porsche 918 und Co, die sich diesen Markt streitig machen.
Damit man die millionenschweren Investition der Käufer verargumentieren kann, ist nur das Beste und Aufwändigste gut genug. Dabei kann man sich offenbar auch ziemlich verkalkulieren, wie Marcus Schurig in seinem Artikel auf der Seite von Auto Motor und Sport kürzlich darlegte. So läuft offenbar das Projekt rund um den Mercedes-AMG Project One nicht ganz nach Plan. Im Suchen nach Superlativen kündigte man an, das Rennsporttriebwerk aus dem Mercedes Formel 1Auto einzubauen. 2019 hätte der Wagen auf den Markt kommen sollen, aktuell spricht man von 2021. Der Grund dafür liegt beim schwer auf einen Strasseneinsatz zu trimmenden Rennmotor. Wer die Formel 1 kennt, kann sich die Schwierigkeiten vorstellen. Anders als beim Grand-Prix-Training hat der Besitzer eines AMG Project One natürlich keine Lust, vor dem Start vorsichtig vorgewärmtes Kühlwasser durch die Venen seines F1-Triebwerks zu schleusen. Und die Gesetzgeber gestatten dem Hypersportwagen auch keine Abgaswerte, wie sie ein Rennmotor gerne produziert. Dieser aber zeigt sich beim Einsatz von mehrfachen Katalysatorstufen und Partikelfiltern störrisch. Keine einfach zu lösende Aufgabe.
Da hatten es die Leute von Maserati in den Sechzigerjahren deutlich einfacher. Auch sie dachten sich damals, dass ein Rennmotor in einem Strassensportwagen, damals Granturismo genannt, ein gutes Verkaufsargument sein könnte.
Also zivilisierten sie das reinrassige Rennsporttriebwerk aus dem Maserati 450 S, von dem noch eine kleine Stückzahl herumlag, bauten es in das Chassis des 3500 GT und liessen Karosseriebauer eine prächtige Hülle darüber stülpen. Fertig war der Maserati 5000 GT als teuerster Sportwagen seiner Zeit, der allerdings nicht wie heute 50 bis 100 mal mehr kostete als das Auto von Otto Normalverbraucher, sondern bescheidene 20 mal.
Und er funktionierte mehr oder weniger auf Anhieb, so dass man in ein paar Jahren fast drei Dutzend davon verkaufen konnte. Die meisten haben bis heute überlebt und können auch heute noch von mehr oder weniger normalen Mechanikern gewartet und notfalls mit nachzufabrizierenden Ersatzteilen repariert werden. Ob das in 20 oder 30 Jahren auch mit den millionenteuren Hypersportwagen gelingen wird, werden wir erst dann mit Sicherheit wissen. Die meisten von ihnen werden aber sowieso nur in einer Sammlerhalle verschwinden, während ein Maserati 5000 GT damals sogar im Alltag eingesetzt wurde vom einen oder anderen Käufer.