Die älteren Benziner sind gar nicht die grossen Umweltsünder
09.08.2019
Immer mehr Städte verbieten älteren Dieselautomobilen die Einfahrt, ganze Streckenzüge und Quartiere werden gesperrt. Stuttgart, Paris, usw., sie alle sind betroffen und die Besitzer älterer Fahrzeuge natürlich dazu. Beim Absperren wird sofort mit der grossen Kelle angerichtet, wenn man ältere Diesel verbieten kann, dann gleich die alten Benziner mit, so die Devise.
Dabei sind die Benziner ab Euro 2 immer noch besser bezüglich NOx-Emission im realen Fahrbetrieb als moderne Dieselmotoren mit Euro 6, wie nun neue Untersuchungen im realen Fahrbetrieb (!) zeigen.
Das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) des Kantons Zürich misst seit über 20 Jahren die Luftqualität in einem Vorort von Zürich (Gockhausen) mit dem RSD-System (Remote Sensing Detector). Damit werden die Abgase der vorbeifahrenden Fahrzeuge berührungsfrei am Strassenrand gemessen. Dies sind also Messungen im realen Fahrbetrieb rund um die Uhr über alle Jahreszeiten hinweg, keine Prüfstandsversuche. Umso interessanter sind die Ergebnisse, die dank aufwändiger Datenanalyse sogar Rückschlüsse auf einzelne Fahrzeug- und Altersgruppen erlauben, denn nicht nur die Abgase werden analysiert, sondern auch die Autos anhand ihrer Zulassung erkannt.
Neue Ergebnisse wurden gerade vor kurzem publiziert und sie zeigen, dass Benziner gegenüber Dieseln deutlich besser abschneiden, was die NOx-Anteile anbelangt und dass selbst Euro-1-Benziner nur unwesentlich über den NOx-Anteilen liegen, die moderne Euro-6-Diesel ausstossen. Zudem zeigt es sich, dass Benziner die durch das Gesetz vorgegebenen NOx-Anteile meist knapp erfüllen oder gar untertreffen über die einzelnen Abgasnormen hinweg.
Hier noch ein kurzer Exkurs zu den Euro-Normen. Euro 1 wurde am 1. Juli 1992 eingeführt und gilt ab 1. Januar 1993 für Neufahrzeuge. Euro 2 folgte 1996, Euro 3 per 2000. Euro 4 kam 2005, Euro 5a vier Jahre später, usw. Alle diese Normen verschärften den Ausstos von CO, HC und NOx kontinuierlich, aber bereits vorher waren die Benziner mit Katalysator schon deutlich besser als vom Gesetz gefordert, denn mancher Oldtimer mit Kat aus den Achtzigerjahren erfüllt Euro 1 oder sogar Euro 2. Das Gros der Youngtimer aber muss Euro 1 bis Euro 2 schaffen.
Bei den Messungen des Awel zeigt sich nun, dass gerade diese Autos ziemlich gut abschneiden, die Euro-1-Autos stossen gar 10 Prozent weniger NOx aus im Fahrbetrieb als vom Gesetz gefordert. Die Euro-2-Fahrzeuge produzieren etwas mehr (1,3 x), absolut aber wegen der verschärften Mengen deutlich weniger (4,7 Gramm pro kg Treibstoff) und liegen damit besser als die Euro-6-Diesel (8,0 Gramm pro kg Treibstoff). Die früheren Diesel waren übrigens mit 18,6 Gramm (Euro 5) bis 14,6 Gramm (Euro 1) tatsächlich deutlich schlimmere NOx-Produzenten als die Benziner.
Die obige Grafik aus dem neuesten AWEL-Bericht zeigt die realen NOx-Emissionen schematisch für Personenwagen: Ausgefüllte Abgaswolken symbolisieren die mittlere NOx Emission auf der Strasse, offene rote Symbole zeigen die Grenzwerte aus der Typenzulassung an (umgerechnet in g/kg Treibstoff); farbige Zahlen = reale NOx Emission (g/kg Treibstoff), graue Zahlen über Fahrzeug = reale Emissionen NOx Faktor (Emission : Grenzwert); Darstellung frei nach ICCT.
Langer Rede, kurzer Sinn. Die älteren Benziner sind besser als ihr Ruf und es macht zumindest aus der NOx-Problematik heraus keinen Sinn, Youngtimer mit Fahrverboten zu belegen.