Unerwartetes Wiedersehen
11.10.2018
Es war wohl in den Siebzigerjahren, als ich in einem Kunstshop ein Poster entdeckte, das mich sofort ansprach. Es handelte sich um einen Abdruck eines Ölgemäldes von Erró, einem isländischen Maler. Sein Malstil wird heute gemäss Wikipedia irgendwo zwischen Surrealismus und Pop-Art angeordnet. Aber dies interessierte mich damals leidlich wenig, mich sprach einfach das Bild und sein Inhalt an, denn es zeigte eine Art Auto-Schrottplatz, nur dass die wild angeordneten Autos nicht zerstört, sondern komplett waren. Dargestellt waren vor allem Fahrzeuge aus den späten Sechzigerjahren, darunter auch Prototypen, Schnittmodelle und Technikbauteile. Man konnte das Bild stundenlang anschauen und entdeckte immer noch ein weiteres Detail, das einem vorher entgangen war. Das Poster erhielt einen Ehrenplatz in meinem Zimmer und es hing dort für mehrere Jahre. Bei irgend einem Umzug verschwand es dann wohl.
Gestern nun begegnete ich dem Bild erneut, dieses Mal dem Original, das in seiner Übergrösse noch eindrücklicher wirkt. Es hängt aktuell im BMW-Museum. Als Teil der Privatsammlung von Hervé Poulain wird es dort zusammen mit anderen Bildern gezeigt, um den Initiator der “BMW Art Cars”, denen eine Sonderausstellung gewidmet wurde, die diese Woche ihre Eröffnung feierte. Zu sehen sind unter anderem die vier ersten Art Cars, die von Andy Warhol, Frank Stella, Alexander Calder und Roy Lichtenstein gestaltet wurden. Und gestern war auch der Franzose Hervé Poulain vor Ort, der mit seiner Initiative die Art Cars damals möglich gemacht hatte und sie in Le Mans auch rennmässig gefahren ist.
Auch von ihm hängt ein Portrait aus der Zeit von damals im BMW-Museum, welches ihn zusammen mit dem von Calder gestalteten CSL-Coupé von 1975 zeigt. Und er erzählte mir ganz begeistert, dass auch er das Bild von Erró liebe und dass es einst Seite an Seite mit einem Roy Lichtenstein im Centre Pompidou gezeigt worden sei. Er wusste auch zu berichten, dass der Maler Erró, der mit bürgerlichem Namen Guðmundur Guðmundsson hiess und 1932 geboren ist, damals extra die Autosalons besuchte, um sich Skizzen (und vielleicht auch Fotos) anzufertigen. Wer genau hinblickt, der findet viele heutige Klassiker aus den späten Sechzigerjahren, etwa den Ferrari 365 GTB/4 Daytona, das Simca 1200 S Coupé, der Alfa Romeo Carabo (von Gandini für Bertone) oder einen Mercedes /8.
Natürlich erzählte mir Hervé Poulain auch viel über die Art Cars, aber darüber und zur Münchner Sonderschau werden wir demnächst einen Artikel publizieren.