Aus der Hand einer Frau - Ghia Brezza
Frauen fuhren schon Formel-1-Autos, gewannen Rallye-WM-Läufe und fordern die Männer fast in jeder Disziplin heraus. Doch wer sich die Liste der Designers durchschaut, die Autos entworfen haben, stösst kaum je auf den Namen einer Frau. Miura, Ghibli, GTO, DS oder Käfer - sie wurden alle von Mannes Hand geformt. Doch es gibt eine Ausnahme namens Ghia Brezza.
Enhtüllt am Turiner Autosalon von 1982 trat er an, um dem erwarteten Pontiac Fiero Konkurrenz zu machen. Und er war komplett von einer Frau gezeichnet worden, nämlich von Marilena Corvasce, in Diensten von Ghia arbeitend.
Die Automobil Revue notierte beim Erstkontakt im Frühling 1982:
“Wie der Topaz Mustang basiert er auf dem Escort, doch wurde diesmal ein stark modifizierter Unterbau des amerikanischen Zweisitzercoupés Ford EXP, einer Escort-Variante, als Grundlage herangezogen.
Der 1,6-Liter-Motor wurde hinter den beiden Sitzen vor den Hinterrädern eingebaut. Mit einer speziellen Radhausgestaltung sowohl für die Vorderräder wie für die weit hinab verschalten Hinterräder wurde eine optimale Luftströmung auch unter dem Wagen angestrebt. Mit ihr wird auch der Abzug der Kühlluft, die durch Schlitze unterhalb der Fahrzeugnase eintritt, gefördert.
Auch mit der Karosserielinie - versenkbare Scheinwerfer, stark geneigte Frontscheibe, gleichmässig gewölbtes Dach und sorgfältiges Abrunden - wurde beste Aerodynamik angestrebt. Die Türfenster werden elektrisch bedient und sind in Führungen eingepasst, die Ghia patentieren liess: In vollständig geschlossenem Zustand zeigen sie sich bündig zum Türrahmen!
Wie Filippo Sapino, der Chef der Ghia Operations, erklärte, dürfte der cw-Wert des Brezza dank all dieser Massnahmen bei 0,30 liegen. Der fahrbereite Prototyp besitzt eine automatische Kraftübertragung, weil sich diese mit der Mittelposition des Motors besser in Einklang bringen liess als das für sparsames Fahren geeignetere 5-Gang-Getriebe. Hierfür wird man Verständnis haben, wenn man weiss, in wie kurzer Zeit Studienmodelle dieser Art fahrbereit gestellt werden müssen!”
Auch die Automobil Revue erwähnte die Designerin nicht, nur deren Chef Sapino. Aber das war üblich damals und auch andere Karosseriefirmen stellten ihre kreativen Köpfe kaum je in den Vordergrund.
Marilena Corvasce selbst schrieb dazu: “To tell you the truth I never realized I was making history as the first female designer of an automobile, because this was my job, my duty.” (Um die Wahrheit zu erzählen, ich habe überhaupt nicht realisiert, dass ich Geschichte schrieb als erste weibliche Designerin eines Automobils; schliesslich war das mein Job, meine Plficht). Tatsächlich hatte sie bereits 1968 bei Ghia angefangen, damals eingestellt von einem gewissen Giorgetto Giugiaro.
Und der Ghia Brezza? Er musste sich am Turiner Salon mit einer Vielzahl anderer Studien messen. Die Automobil Revue kommentierte: “Im Vergleich zu anderen Experimentalautos wirkt das Interieur dieses rundlich-eleganten Coupés nüchtern und zweckmässig. Anstelle von elektronischem «Zauber» finden sich hier herkömmliche Instrumente.”
Vielleicht war der Brezza insgesamt gleichzeitig zu nüchtern und zu futuristisch, jedenfalls sah Ford davon ab, das Auto zu bauen, um dem Pontiac Fiero etwas entgegenzusetzen.





















