Von ersten Designansätzen zum fertigen Talbot Tagora
Der Talbot Tagora ist ein fast vergessenes Automodell, dabei sind noch keine 50 Jahre seit seiner Entstehung und Lancierung vergangen. Bei Chrysler versprach man sich damals viel von der neuen Limousine, entsprechend stolz dokumentierte man auch ihre Entstehungsgeschichte und druckte eine über 40 Seiten starke mehrsprachige Broschüre.
Unter andere war darin die Abfolge des Entwicklungsprozesses nachzulesen:
“Im Mai 1976 wurde – damals noch unter der Chrysler-Regie – beschlossen, den Chrysler 2L durch ein vollkommen neues Modell abzulösen, das seinen Platz in der oberen Klasse der Stufenheck-Modelle auf dem europäischen Markt haben sollte. Das Projekt C9 wurde in Angriff genommen.
Im Juni 1976 wurden die Anforderungen an dieses neu zu entwickelnde Fahrzeug spezifiziert : Es sollte eine Limousine mit einer Gesamtlänge von 4,60 mit großzügig bemessenem Innenraum und großen Fensterflächen werden. Die Technik des C9 sollte gegenüber dem 2L wesentlich verbessert werden. Vorgesehen waren neben einer neuen Einzelradaufhängung weitere Fahrwerk-Verbesserungen, die sich auf Strassenlage und Komfort auswirken sollten. Der Motor sollte etwa dem 2L entsprechen, ein hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen und somit große Elastizität haben und dennoch hohe Leistung bei niedrigem Kraftstoffverbrauch abgeben. Unbedingt notwendig erschien die Forderung, den C9 wahlweise mit 4- und 5-Gang-Schaltung sowie einer Getriebeautomatik anbieten zu können.
Ebenso wichtig wie eine optimierte Technik waren die hervorragende Innenausstattung zur Verbesserung des Komforts und ein verstärkter Einsatz elektronische Hilfsmittel zur Information des Fahrers über Fahrzeugzustand etc...
Auf der Grundlage dieser Anforderungen entstanden vier Modell-Entwürfe, von denen zwei Stufenheck-Versionen und zwei Fließheck-Versionen darstellten.
Mit diesen Entwürfen wurden noch im Jahr 1976 Marktuntersuchungen in den wichtigsten europäischen Ländern durchgeführt, bei denen je ein Stufenheck- und Fliessheck-Entwurf aus dem Rennen schieden. Bei weiteren Markstudien wurde festgestellt, daß zwischen Fliessheck und Frontantrieb eine von den Entwicklern und Marketing-Fachleuten unerwünschte Assoziation bestand, so daß letztlich nur noch der Stufenheck-Entwurf weiterverfolgt wurde.
Dieser Entwurf bildete das Thema einer Studie, auf deren Basis vier Gipsmodelle erstellt wurden.
Die Modelle unterschieden sich äußerlich leicht voneinander und waren auf vier verschiedenen Radständen aufgebaut: 2 642 mm, 2718 mm, 2769 mm und 2819 mm.
Ein weiteres Modell wurde für aerodynamische Versuche erstellt. So konnten parallel technische, aerodynamische und Stylingstudien durchgeführt werden.
Zum Abschluss dieser Studien wurde das endgültige Modell festgelegt und im April 1977 stand nach weiteren Detailarbeiten das äußere Erscheinungsbild des neuen C9 fest.
Nun konnten die Computerberechnungen zur Ausarbeitung von Plänen für die Presswerkzeugherstellung begonnen und erste Prototypen für die unterschiedlichsten Versuche durchgeführt werden. In der Zwischenzeit arbeitete die Styling-Abteilung weiter am äußeren Bild des C9 (Scheinwerfer, Kühlergrill, Rückspiegel, Türgriffe, Räder, etc...).
Parallel dazu entstanden Entwürfe für die Innenausstattung, die sorgfältig auf das Gesamterscheinungsbild des neuen Modells abgestimmt wurden. Die Sitze wurden nach neuesten ergonomischen Gesichtspunkten aufgebaut, das Armaturenbrett wurde funktionell und über sichtlich gestaltet, ohne die Merkmale der passiven Fahrzeugsicherheit zu vernachlässigen.
Der endgültigen Gestaltung des Innenraumes gingen Untersuchungen anhand von Stylingstudien voraus, bei denen Besitzer (Frauen und Männer) von Konkurrenzmodellen der gleichen Fahrzeugklasse befragt wurden. Beim C9 sollten bei der Gestaltung des Innenraumes ein Optimum an Bequemlichkeit und Komfort gleichermaßen für Fahrer und Mitfahrer erreicht werden. Im Juni 1977 waren die Studien für Innen- und Aussengestaltung praktisch abgeschlossen, so daß auch an die Detailzeichnungen der Karosseriesektionen letzte Hand angelegt werden konnte.
Anfang 1978 erfolgte schließlich in Frankreich und Deutschland ein Test, wie sich der C9 innerhalb seiner unmittelbaren Konkurrenten darstellt. Der Test mit Fahrzeugbesitzern aus diesen beiden Ländern verlief überraschend positiv, danach wurden nur noch wenige Details verbessert.
Am 10. August 1978 wurde Chrysler Europa durch die PSA-Gruppe übernommen. Somit wurde es möglich, den C9 mit technischen Organen dieses Konzerns auszustatten. Neue Studien brachten Detailkorrekturen, die wichtigsten waren:
- die Vergrößerung des Radstandes auf 2 808 mm,
- ein neuer Kühlergrill zur verbesserten Motorkühlung,
- neue Räder und,
- ein verbreitertes Motorenangebot (2,2-Liter auf der Basis des Simca 2L, Turbo-Diesel und 2,6-Liter-V6).
Das endgültige Modell, der Talbot Tagora, stand somit fest.”
Es dauerte dann noch bis 1980, bis der Talbot Tagora lanciert wurde. Verkauft wurde er ab 1981 und dies nicht besonders erfolgreich. Schon 1983 wurde die Produktion in der früheren Simca-Fabrik in Poissy gestoppt. Zu diesem Zeitpunkt waren nicht einmal 20'000 Tagora-Modelle gefertigt worden, dabei wollte man rund 60'000 Exemplare pro Jahr verkaufen.
Von den wenigen produzierten Tagora sind noch weniger übrig geblieben, heute dürfte eine dieser überlebenden Limousinen an jedem Treffen eine echte Rarität darstellen. Und dabei hatte alles so gut begonnen …
Die ganze wirklich lesenswerte Entwicklungsdokumentation kann man im Zwischengas-Archiv finden.































