Manche Polizisten waren auch nur Autofahrer
Mit Blaulicht um die Kurve fegen, links am haltenden Verkehr vor dem Rotlicht vorbeiziehen und dabei mit ernster Miene sich um jegliche Tempolimits scheren, manch einer mag diese Vorstellung zu seinen Kindheitserinnerungen zählen. Ein Polizeiauto übte eine besondere Faszination aus, die Tatsache spiegelt sich in den Unmengen an Spielzeugautos wieder, die es als Polizeiversion gab. Blickt man zurück und sucht sich durch verschiedene Archivblogs, Facebook-Seiten der Polizeicorps der Schweiz oder durch Auftritte von Stadtarchiven und dergleichen, findet man einen bunten Strauss ehemaliger Schweizer Polizeiautos. Dabei lässt sich feststellen, dass es drei prägende Marken gab, die zwischen 1960 und 1980 dominierten: Volvo, VW und BMW. Doch umso interessanter sind die Ausreisser und Exoten – vom Montage-Suisse-Chevrolet oder Automontage-Schinznach-Plymouth bis zum Porsche oder gar Alfa Romeo.
Giulia der Stadt-Zürcher Polizei im Einsatz bei den Jugendunruhen 1980
Anstifter zu diesem Blog war ein Bekannten aus dem Vereinigten Königreich, der mit etwas Erstaunen bei einem Kaffee an der Sonne in Einsiedeln beim Vorbeifahren eines Feuerwehr-Land-Rover bemerkte, dass er sich wundere wieviele verschiedene Marken in der Schweiz als Behördenfahrzeuge zum Einsatz kommen. Worauf ich ihm von den Zürcher Porsche 356 und 912 für die Autobahn, die Jaguar Mk2 der Aargauer für denselben Zweck oder gar die Alfa Romeo Giulia der Stadtzürcher Polizei erzählte. Nun, der Kollege ist längst wieder zuhause in Schottland, ich aber bin nach nächtlichen Streifzügen im Netz noch auf weitere erstaunliche Behördenfahrzeuge gestossen.
Wolseley 6/80 der St. Galler Polizei – damals ein klassisches Polizeifahrzeug bei den Kollegen auf der Insel
Wirklich bemerkenswert war etwa der um 1950 in St. Gallen im Einsatz stehende Wolseley, notabene damals DAS bevorzugte Einsatzfahrzeug britischer Polizeidienste oder das von der St. Galler Polizei eingesetzte Motorradgespann: Eine veritable HRD Vincent Rapide mit 1000 Kubikzentimeter und etwa 45 PS, womit man Anfang der 1950er-Jahre ganz vorne mitfahren konnte bei der Verfolgung von bösen Buben und anderen Schelmen.
Man gönnte sich ja sonst nichts: HRD Vincent – eine der feinsten Motorradmarken ihrer Zeit – im St. Galler Polizeidienst!
DIE Schweizer Polizeimaschine schlechthin der 1950er-Jahre: Über 20 Polizeicorps vertrauten auf die Qualität der Universal 580 aus Oberrieden am Zürichsee, die St. Galler erhielten gar 5 Stück der «Modell Sport B 50» mit OHV-Motor.
So richtig Gas geben konnte ab 1963 auch das Polizeicorps des Kanton Aargau. Damals wurden die ersten drei Jaguar Mk2 3.4 in Dienst gestellt, kurz darauf ergänzte gar ein 3.8-Liter die Flotte. Mit seinen 220 PS war dieser vermutlich eines der schnellsten Polizeiautos der Schweiz, vielleicht gar noch eine Spur schneller als die von der Zürcher Kantonspolizei ab 1966 eingesetzten Porsche 911. Zuvor hatten die Zürcher sich mit offenen 356ern auf Verbrecherjagd begeben.
Hier noch mit AG 290, trug der Jaguar Mk2 3.8 der Aargauer Polizei später das Schild «AG 5». Mit seinen 220 PS dürfte er wohl eines der schnellsten Einsatzfahrzeuge der Schweiz Mitte der 1960er-Jahre gewesen sein. Das Auto existiert noch und wird gerade restauriert.
Keineswegs untermotorisiert sind auch die Alfa Romeo Giulia der Zürcher Stadtpolizei dahergefahren, die noch bis Anfang der 1980er-Jahre in der Limmatstadt Dienst taten, dies neben den fast schon obligaten Volvo – vom Amazon bis zum 240er der 1970er-Jahre.
Volvo Amazon 122 S im Dienst der Zürcher Stadtpolizei in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre, bei der Reifenwahl zeigte man sich pragmatisch.
Denn es ist klar, das Verfolgen sündiger Verkehrsteilnehmer gehörte schon damals nicht zu den Kernaufgaben der Polizei, zudem war und ist es wesentlich weniger Nervenaufreibend, still und heimlich sich zu verstecken um eine Radarfalle zu bedienen. Um diese zu transportieren, reichte ein gemütlicher VW-Bus. Das ist meine ganz persönliche Vermutung, allfällige Übereinstimmungen mit der Realität sind rein zufällig. Und selbst wer nicht immer ganz ohne Nervosität an der Polizei vorbeifährt, sollte sich im Klaren sein, dass schon damals manch einer der Gesetzeshüter ein ganz grosser Autofan war und sehr wohl verstand, wo, wann und warum einem gelegentlich der rechte grosse Zeh zuckte. Kein Wunder, bei dem Fuhrpark, der einem damals in diesem Job in Aussicht gestellt wurde. Übrigens, wen heute weder Audi e-tron noch Tesla Model X mehr zum Beruf des Polizisten zu bewegen vermögen, sollte sich eventuell auf das Verfassen einer entsprechenden Bewerbung in Arabisch einstellen. Die Ordnungshüter in Dubai haben kürzlich einen Rolls-Royce Cullinan mit einer Spezialbehandlung von Mansory entgegennehmen dürfen...
Rolls-Royce Cullinan von Mansory mit Extra-Karbon und Aluminium: 280 km/h und 0 bis 100 in unter 5 Sekunden für den Polizeieinsatz in Dubai.