Geschichten um einen besonderen Rolls-Royce
Vermutlich gibt es fast zu jedem Rolls-Royce spannende Geschichten zu erzählen, aber einige der Wagen tauchten halt etwas häufiger im Weltgeschehen auf als andere.
So trifft es jedenfalls auf jenen Wagen zu, der am 12. Dezember 1947 mit Chassisnummer WZB29 zu Park Ward geliefert wurde, wo er eine stattliche Limousinenkarosserie erhielt. Der erste Besitzer, Baron Louise-Marie-Charles-Adophe Vanderheiden, erhielt den Silver Wraith am 17. Juni 1948. Bis zu seinem Tod am 21. Februar 1952 hielt der Baron dem Rolls die Treue, dann ging der Wagen an den gebürtigen Ungarn Emery Reves. Ab Mai 1955 war Reves mit dem Silver Wraith mit Genfer Nummerschildern (GE 50941) in halb Europa unterwegs.
Gewartet wurde der Rolls in Genf, viel Zeit verbrachte der Wagen aber in Monaco, da Reves dort zusammen mit seiner Frau Wendy eine Villa bewohnte, die in den Bergen gebaut worden war. Die Fahrt durch das steile und schmale Bergsträsschen war sowohl für Fahrer als auch Auto eine Herausforderung.
Unter den vielen Gästen, die das Ehepaar Reves willkommen hiess, waren unter anderen Prinz Rainier and Prinzessin Grace von Monaco, General de Gaulle, Konrad Adenauer, Somerset Maugham, Aristoteles Onassis, aber auch Greta Garbo, Errol Flynn oder Clark Gable, vor allem aber Winston Churchill, der rund sieben Jahre an der französischen Riviera lebte, meist von Emery Reves und seiner Frau betreut.
Das Ehepaar Reves wohnte aber auch gerne in Gstaad und dort meist im Palace, das sie ihrer eigenen Villa in Montreux oft vorzogen. So sah man den Silver Wraith mit dem Genfer Kennzeichen denn auch viel im Berner Oberland. Wendy Reves liess sich von Alex Zwahlen, der mehrere Boutiquen besass, einkleiden und betreuen, anspruchsvoll wie sie war.
Zwahlen erinnert sich an eine gemeinsame Fahrt im Rolls-Royce, bei der sich Wendy Reves Kleider so unglücklich im Sitzgestänge verfingen, dass weder der Sitz bewegt, noch die Frau aussteigen konnte. Sie hätten viel gelacht damals, weiss Zwahlen zu erzählen.
Der Rolls-Royce war im Palace jeweils in einem Holzverschlag untergebracht, das heutige Parkhaus gab es damals noch nicht.
Weil das Ehepaar Reves nicht gerne flog, diente meist der Rolls als standesgemässer Transport. Und als Onassis sie nach Griechenland einlud, deckte man den Swimming Pool dessen Yacht zu, um dem Rolls für die Überfahrt einen Parkgelegenheit zu organisieren.
Als Emery Reves gestorben war, brachte es seine Frau nicht übers Herz, den Wagen zu verkaufen. Sie behielt ihn und parkte ihn in der Garage des Chalets «L’Ermitage» oberhalb von Montreux, obwohl sie inzwischen die Fahrt im Mercedes-Benz T-Modell angenehmer fand. Im Oktober 1980 wurde der Wagen schliesslich abgemeldet. Der Silver Wraith kam erst im Jahr 2014 wieder zum Vorschein und wurde, da in traurigem Zustand, in der Folge komplett und mit beträchtlichem Aufwand restauriert.
Heute erstrahlt der Park Ward Saloon wieder im gleichen Glanz wie damals, als Emery und Wendy Reves damit Winston Churchill durch die Gegend chauffierten. Und am 29. Dezember 2023 kann man ihn an der Versteigerung von Gstaad kaufen (Schätzwert CHF 105'000 bis 115’000).
Eine umfangreiche Geschichte zum Rolls-Royce Silver Wraith von Emery Reves gibt es in der aktuellen Ausgabe der Swiss Classics Revue .




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