Der unterhaltsame Blick in die Handbücher von damals
Die wenigsten Menschen in meinem Alter (ich bin 22 Jahre alt) werden jemals das Handbuch eines Autos, etwa desjenigen der Eltern, zur Hand genommen haben. Ich selber jedenfalls habe dies bisher nicht getan. Warum auch? Die modernen Autos erfordern ja kaum besondere Kenntnisse, um sie zu fahren und zu bedienen.
Das Fahren lernt man in der Fahrschule und für die sonstigen Funktionen, wie beispielsweise die des Infotainments, braucht meine Generation kaum je eine Anleitung. Und sollte man doch mal nicht weiterkommen, haben Google oder YouTube sicher schneller eine Antwort parat, als ein mehrere hundert Seiten dickes Handbuch. Von der Instandhaltung mal ganz zu schweigen, die heute aufgrund der komplexen Technologien meistens zwingend vom Fachmann erledigt werden muss.
Früher war das wohl anders. Die Autos von damals waren weniger standardisiert, nicht so ausgereift und erforderten ein Vielfaches an Instandhaltung, die aber eben dank der geringeren Komplexität meist auch selber vorgenommen werden konnte.
Als ich dann letzthin das Handbuch von einem Austin-Healey Sprite von 1958 zur Digitalisierung in die Hand bekam, sind mir doch einige Dinge aufgefallen, die in den Augen eines Fast-Neulenkers einigermassen kurios erscheinen.
So sollten doch auch schon die Menschen in den späten Fünfzigerjahren gewusst haben, wie man mit einem Auto losfährt. Und doch findet sich auf Seite 17 vom Handbuch des Austin-Healey Sprite eine “Fahranleitung”.
So heisst es unter dem Titel “Driving”: “Losfahren nur im ersten Gang, welcher durch Drücken des Kupplungspedals und dem Bewegen des Schaltknüppels in die angemessene Position eingelegt wird. Sollte er sich nicht einfach einlegen lassen, die Kupplung kurz leicht loslassen, nachdem, das Kupplungspedal wieder gedrückt, sich der Gang einlegen lassen soll.”
Ebenfalls amüsant sind die “driving hints” auf den Seiten 18 und 19. Dort stehen dann Dinge, wie zum Beispiel, man soll nie die Handbremse ziehen, wenn das Fahrzeug noch einen Gang drin hat oder man soll es vermeiden, die Kupplung im Verkehr oder auf einem steilen Aufstieg schleifen zu lassen. Ebenfalls wird davon abgeraten, den Motor jemals im Leerlauf hochdrehen zu lassen - Spielverderber.
Auch die bereits erwähnte Instandhaltung wurde damals viel ausgiebiger beschrieben als heute. So ziemlich alle Servicearbeiten wurden schön nach Kilometerleistung aufgelistet und erklärt. Und das stand da vermutlich auch nicht zur Dekoration, denn das meiste konnte von jedem erledigt werden, der nicht gerade zwei linke Hände hätte.
Auch die Sprache im Handbuch wirkt wesentlich freundlicher und menschlicher, als in den ellenlangen Brocken von heute, gefüllt mit schwindelerregenden Vokabeln und tonnenweise öder “Computersprache”.
“Tonnenweise” ist auch ein gutes Stichwort, denn das Handbuch vom Sprite umfasst nur knapp über 60 Seiten. Die Handbücher in modernen Autos, und seien diese auch noch so “einfach” wie der VW Up!, sind stets Bücher mit Hunderten von Seiten. Damals galt wohl eher das Motto “das Wichtigste in Kürze” - sympathisch!
Alte Dokumente, wie das erwähnte Handbuch vom Austin-Healey Sprite, sind, ebenso wie die Autos, über die sie Auskunft geben, Zeugen vergangener Zeiten. Sie bringen einem zurück zu alten Tagen oder zeigen einem jungen Menschen wie mir, was früher alles zum Autofahren gehörte. Jetzt könnte man vielleicht noch einen Schritt weiter in eine etwas philosophischere Richtung gehen und sagen, dass man dadurch auch in Vergessenheit geratene Werte mitbekommt, wie zum Beispiel reparieren statt wegwerfen und Sorge tragen, statt immer neu zu kaufen. Doch so weit möchte ich an dieser Stelle nicht gehen…
Premium-Nutzer von Zwischengas finden übrigens über 580’000 digitalisierte Seiten alter Zeitschriften, Prospekte, Handbücher und sonstigem zu Klassikern aller Art. Auch das frisch digitalisierte Handbuch des Austin-Healey Sprite kann Seite um Seiten gelesen werden.




















