Oldtimer, quo vadis?
25.01.2019
Wie sieht die Zukunft des Oldtimers aus? Was wird die ‘nächste Generation’ mit unserem geliebten Automobil tun oder eben nicht tun? Diesen Fragen ging der 21. Themenabend im Emil Frey Classics Center in Safenwil, geführt von Christian Jenni und Urs P. Ramseier, eingeleitet durch Stephan Vögeli , dem Hausherren, nach.
Nun ist es ja nicht so einfach mit Vorhersagen, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Also suchten die Redner – Urs. Ramseier, Lorenz Frey-Hilti, Ercole und Paolo Spada, Anton Piëch – dann halt oft die Vorzeichen der Zukunft eher in der Vergangenheit.
Doch auch so schälte sich schnell heraus, dass das “Feuer”, also unsere Passion, unser Enthusiasmus für alte Autos, halt eben weitergegeben werden müsse. Man muss die neue Generation für den automobilen Klassiker begeistern. Allerdings muss man dabei aufpassen. Gustav Mahler wurde gleich mehrfach mit seinem Bonmot “Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche” zitiert.
Aber wie können wir das Feuer weitergeben, wenn die nächste Generation noch nicht einmal an unserer geliebten Individualmobilität interessiert ist? An einigen interessanten Studienergebnissen wurde gezeigt, dass urbane, junge Leute von heute kein Geld mehr für ein eigenes Auto aufbringen wollen. Die Smartphone-Generation geht lieber in die Ferien oder gibt das Geld für Kleider aus. Zudem werden ja gerade die schönen Oldtimer immer teurer oder, wenn sie günstiger sind, so komplex und aufwändig in der Wartung, dass man sich als junger Mensch den Unterhalt nicht mehr leisten kann.
Dass auch die nächste Generation noch gerne klassische Automobile fährt, das können wir schon heute an vielen Veranstaltungen beobachten. Und dass die Liebe zu Form und Funktion auch an unsere Nachkommen weitergegeben kann, zeigten Ercole und Paolo Spada, deren Vortragsteil alleine schon einen ganzen Abend wert gewesen wäre.
Immerhin war Ercole Spada, dem gestern Abend auch noch ein Preis für sein Lebenswerk überreicht wurde, ja der Schöpfer des Aston Martin DB4 GT Zagato und des Alfa Romeo Giulia TZ (von beiden stand ein Exemplar in Safenwil, siehe Bild oben) und es war spannend zuzuhören, wie man damals Hochgeschwindigkeitsfahrten auf der Autobahn von Milano nach Bergamo durchführte, um Blechmodifikationen an der Karosserie in Abwesenheit eines Windkanals auf Effizienz zu testen. So entstanden unvergessliche Autos, so etwa die Sport-Varianten von Lancia Flavia und Fulvia oder der Alfa Romeo Junior Zagato. Vielen dieser Entwürfe war ein Element eigen, das Spada aus der Gilde der Designer heraushob, das abgeschnittene Heck,, auch “coda tronca” genannt.
Genau dieses Stilelement werden auch in den Arbeiten seines Sohnes Paolo Spada wieder sichtbar, genauso wie andere Kurven und Formen, die schon sein Vater prägte. Bei den Spadas ging das Feuer also in die nächste Generation über, bei den Ramseiers (Carrosserie Worblaufen) und Urs Paul Ramseier auch, bei den Freys mit Lorenz Frey-Hilti genauso.
Aber reicht es, wenn einzelne Nachkommen die Liebe zum Automobil weiterpflegen und dem historischen Fahrzeug die Treue halten? Was wird aus den gegen 100’000 Oldtimern in der Schweiz oder den rund 500’000 Oldtimern in Deutschland, wenn sich die jungen Menschen von morgen mehr für Smartphones, 3D-Virtualität und Gaming interessieren, also für die private individuelle Fortbewegung auf vier (oder zwei) Rädern?
Hier war es deutlich schwieriger, Antworten aus den Voten herauszuhören. Am nächsten kam diesen Fragen noch der letzte Redner Anton Piêch, immerhin auch ein Nachkomme einer sehr erfolgreichen Autobauer-Dynastie. Seine These, dass der Sportwagen überleben wird und damit auch die Liebe zur Autotradition, weckte Optimismus. In Zukunft werde es auf der einen Seite die Erfüllung grundsätzlicher Mobilitätsbedürfnisse geben. Selbstfahrende sichere Fortbewegungsmittel werden die Menschen günstig und effizient dorthin bringen, wohin sie wollen. Besitzen wird man diese fahrende Würfel aber nicht wollen. Auf der anderen Seite werde es immer ein Luxussegment geben, in dem Besitz wichtig ist, in dem sich die Kenner tummeln, in dem die Tradition gepflegt werde, in dem Autofahren in seiner Form, wie wir es heute kennen, überleben werde. Schliesslich gäbe es ja heute auch noch Pferde und bekanntlich feiert auch der Plattenspieler, auf dem man mit viel Handarbeit Vinylplatten abspielt, eine Renaissance. In der zukünftigen Mobilitätsindustrie würden Firmen wie Apple oder Google eine bedeutende Rolle spielen, weil sie besser mit grossen Datenmengen und Informationssystemen umgehen können, während die grossen vertikalen Autohersteller gefährdet seien.
Die Hersteller der zukünftigen Sportwagen, für die es immer einen Markt geben werde, müssen eher agil, technologieagnostisch und traditionsbezogen sein, um den anspruchsvollen Kunden das zu geben, was diese wollen ...
Am Ende des Abends blieb die eigentliche Frage “Oldtimer, quo vadis” allerdings weitgehend unbeantwortet, auch wenn man von Zeit zu Zeit glaubte, einen kurzen Blick in die Zukunft geworfen und etwas von dem Feuer, das uns alle antreibt, auch in zukünftigen Generationen wiederentdeckt zu haben.
Aber es wäre wohl auch zuviel verlangt gewesen, auf diese grossen Fragen komplette Antworten zu erhalten, wenn selbst weitsichtige Politiker und bestens dotierte Autohersteller sich darüber uneinig sind.
Mit etwas Hoffnung, dass man wohl auch noch in Zukunft einem Bugatti 35 auf den Strassen begegnen können dürfte, jedenfalls ging man nachhause. Und sowieso ging es am 21. Themenabend wie bereits an den 20 Vorläufern ja auch darum, gute alte Freunde zu treffen und das eine oder andere gute Gespräch zu führen. Und dieser Anspruch war ja dann mit über 400 Anwesenden sicherlich leicht zu erfüllen.