Sind wir zu anspruchsvoll geworden? (von der Techno Classica 2022)
25.03.2022
Über die letzten rund zwei Jahrzehnte haben nicht nur die Preise von klassischen Automobilen fast stetig zugelegt, auch die Szene insgesamt ist gewachsen. Die Autohersteller erkannten den Wert ihrer eigenen Tradition und nutzten die grossen Oldtimermessen, um auf ihre Errungenschaften und Markenwerte hinzuweisen. Mit Millionenbeträgen wurden eindrückliche Standaufbauten aufgestellt und halbe Museen an die Messen transportiert. Für den Besucher war dies eindrucksvoll und spannend, für die Autofirmen bot sich die Möglichkeit, auf besondere Jubiläen einzugehen, neu hinzu gekommene Marken zu beleuchten und die Gegenwart mit der Vergangenheit zu verknüpfen.
Corona einerseits und die Elektrifizierungswelle andererseits haben nun hier plötzlich einen Einschnitt erzeugt, von dem wir uns noch nicht erholt haben. Schon die Rétromobile Paris hat es gezeigt, an der Techno Classica Essen ist es noch deutlich sichtbarer: Für die grossen Autohersteller hat die Tradition und die Darstellung der eigenen Geschichte nicht mehr dieselbe Bedeutung wie früher. Traten in Paris wenigstens noch Renault und Citroën als französische Hersteller mit gut sichtbaren Ständen auf, so fehlen in Essen alle grossen deutschen Hersteller. Sie werden zwar durch ihre Clubs teilweise vertreten, aber dies hat natürlich eine ganz andere Dimension.
Sollen wir nun enttäuscht sein? Ist die Techno Classica deshalb weniger besuchenswert? Nahm die Messe in Essen in vergangenen Jahren fast Jahr für Jahr an Grösse und Zuschauern zu, so wurde mit den beiden ausgefallenen Jahren 2020 und 2021 eine bedeutende Zäsur eingelegt. Und im Jahr 2022 stehen konsequenterweise die Händler mit ihrer Verkaufsware wieder deutlich mehr im Mittelpunkt als in vergangenen Austragungen.
Wer sich aber die Mühe macht und die ausgestellten Wagen genauer anschaut sowie auch mal das Gespräch mit den Händlern sucht, wird feststellen, dass viele interessante Fahrzeuge in Essen präsent sind. Denn wann sieht man schon mal einen frühen Ferrari 166, der damals an der Mille Miglia teilgenommen hat oder einen Aston Martin mit Vignale-Karosserie? Oder einen Stoewer Arkona?
Diese Autos werden zwar nicht so pompös präsentiert, spannend aber sind sie allemal. Und innerhalb der über 2000 Autos in Essen hat’s viele solche Trouvaillen, auch auf den Clubständen. Wer sucht, der findet!
P.S. Unser umfassender Messerückblick folgt schon bald ...