Das Fest ist vorbei. Im Juni 2023 endet die Produktion des Ford Fiesta. Und wer sich jetzt fragt, was diese Meldung auf einer Oldtimer-Website zu suchen hat: 47 Jahre nach dem ursprünglichem Produktionsstart erreicht inzwischen selbst die 1989 vorgestellte dritte Generation des Fiesta das Oldtimeralter.
Selbst wenn es für manch kritischen Beobachter erst die zweieinhalbte sein mag, Modellpflege und Modellwechsel lassen sich in der Fiesta-Geschichte nicht immer mit chirurgischer Präzision trennen. 1976 pur und kantig auf den Markt gekommen, folgte nach „nur“ sieben Jahren 1983 die zweite Generation, etwas rundlicher und mit vielen geänderten Teilen, wenn auch auf derselben Basis. Strukturell tiefergehende Änderungen gab es erst 1989.
Wer den Fiesta nicht gerade als Innovationsträger auf dem Schirm hat, dem sei gesagt, dass er im deutschen Wettbewerbsumfeld mitunter führend war, insbesondere 1984 mit dem ersten Dieselmotor in seiner Klasse und 1987 mit einem Automatikgetriebe. Es funktionierte stufenlos mit zwei Kegelscheiben und einem Schubgliederband, wobei der Wortteil „Schub“ ein leeres Versprechen blieb. Dynamische Ansprüche befriedigte der Diesel nicht und die Automatik schon gar nicht.
Die deutschen Segmentkollegen VW Polo und Opel Corsa waren mit beidem später dran. Den Corsa als solchen gab es überhaupt erst ab 1980, den Polo immerhin ab 1975, quasi als historische Fortsetzung des bereits 1974 erschienen und in sich portfoliofremden Audi 50. Soll heißen: ins Audi-Programm hat er nie gepasst, was dann später mit dem A2 und dem A1 erneut bewiesen wurde. Aber Audis eher glücklose Erfahrungen mit Kleinwagen verdienen eine Würdigung an anderer Stelle.
Selbst der Blick über den Tellerrand zu den Nachbarn mit wirklicher Kleinwagenexpertise, also Italien und Frankreich, überrascht. Fiat Uno Diesel? Ja, ab 1983. Renault 5 Diesel erst ab 1985 in der zweiten Generation. Automatik? Ab 1979 im Renault 5 mit klassischem Drehmomentwandler, im Fiat Uno gab es eine ähnlich gruselige, stufenlose Automatik wie im Fiesta, jedoch erst ab 1989. Die Kleinwagennationen hatten keine Trends gesetzt, die der Fiesta verschlafen hätte.
Als Innovationsträger dürften trotzdem die wenigsten den Fiesta auf dem Schirm haben. Den Ruf, das erste Weltauto im Ford-Konzern gewesen zu sein, wird ihm dennoch niemand nehmen. So wirklich durchgesetzt hat sich die Idee zwar nie, eine einheitliche Antwort auf die Mobilitätsansprüche der unterschiedlichsten Nationen zu produzieren. Aber nicht nur Ford hat es wiederholt probiert und der Fiesta war das erste Modell einer bis heute andauernden Versuchsreihe.
Die Geschichte dieses immer soliden, erst auf den zweiten Blick innovativen, Kleinwagens geht jetzt unwiderruflich zu Ende. Im Juni 2023 werden die letzten Fiesta gebaut, aktuell noch bestellbar, wenn auch nur als Fünftürer. Begonnen wurde die Produktion seinerzeit in Valencia, mittlerweile wird der Fiesta nur noch in Köln gebaut, genauer im Stadtteil Niehl. Also in dem Werk, um dessen Bau der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer die Ford-Werke 1930 umworben hatte, wird in rund sieben Monaten die traditionsreiche Motorenproduktion genauso aufgegeben wie die Fiesta-Montage. Die Verbrennungsmotoren kommen dann aus dem rumänischen Ford-Werk in Craiova. Adenauers Ford-Werk wird zum „Cologne Electrification Center“. Welche Elektro-Fords dann am Rhein gebaut werden, verrät Ford noch nicht. Klar ist nur: die Fiesta ist vorbei – terminado.
P.S. Zum 40. Geburtstag des Ford Fiesta wurde auf zwischengas ein umfangreicher Ford-Fiesta-Rückblick publiziert.