Le Mans 66 – eine zweite Sicht zum Film
22.11.2019
Endlich mal wieder ein Rennfilm und dazu auch noch eine richtig gute Geschichte. Ein Film über rund 150 Minuten Spieldauer mit sehr viel Action. Doch hält er auch wirklich was der Titel verspricht?
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Vielleicht bin ich als jahrelanger Rennsportfotograf einfach nicht berechtigt, darüber zu urteilen, da ich doch viel zu sehr mit der Realität befangen bin. Die ganze Geschichte wirkt auf mich massiv überspannt, was dem Film aber keinen Schaden tut, ganz im Gegenteil. Es macht ihn auch wirklich unterhaltsam, die Zeit vergeht wie im Flug. Die schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller (Christian Bale und Matt Damon) ist absolut erste Sahne, vor alle wird Christian Bale als Ken Miles mit seiner frechen Offenheit zum grossen Publikumsliebling. Extrem beeindruckend gelungen sind all die Szenen mit der historischen Start-Zielgeraden und dem äusserst realistischen, aber schon lange nicht mehr existierenden Boxengebäude.
Aber wieso muss am Ende der stundenlange gute Aufbau in kurzer Zeit kaputt gemacht werden? Anstelle von vernünftigen guten Rennszenen mit ungewöhnlichen Kameraeinstellungen kommt eine Inszenierung im Stile eines Michel Valliant Comics daher. Was im Comics passt, ist noch lange nicht filmreif. Dass mit nur vier zur Verfügung stehenden Gängen andauernd hochgeschaltet wird, ist eine Sache, dass man mit dem Auto aber völlig unbeschadet über die Böschung fliegen kann, eine andere.
Spätestens aber bei den lang anhaltenden Augenkontakten bei engem Nebeneinanderfahren bei weit über 200 km/h ist man dann wirklich der Realität komplett entrückt. Oder haben das vielleicht der Vettel und der Leclerc am vergangenen Sonntag auch versucht? Eine Aufholjagd, bei der sämtliche Gegner wie "Fahrschüler" wirken, mag in "Ein toller Käfer" lustig sein, aber hier ist dies leider völlig fehl am Platz. Wenn wenigstens über mehrere Runden konstant sehr viel Zeit und Boden gut gemacht würde, dann wäre das ja noch ok. Aber innerhalb einer einzigen Runde aufholen und gleich noch überholen, das geht irgendwie gar nicht. So gesehen hätte auch ein Lewis Hamilton in Interlagos mit 1500 Umdrehungen mehr auf den letzten 800 Metern Pierre Gasly und Max Verstappen überholt und sicherheitshalber noch seine bereits drohende fünf Sekunden Strafe gutgemacht.
Auch die Zieldurchfahrt hätte abgeschwächt und realitätsbezogener wiedergegeben einen viel besseren Eindruck hinterlassen. Insgesamt wurde wie immer ein gigantischer Aufwand für die Fahrszenen betrieben. Aber hätte man diese nur etwas echter gestaltet, wäre das dem Film massiv besser bekommen. Ein derartig tolles Rennauto aus frechen Perspektiven aufgenommen und mit dem passenden Sound dazu, bräuchte in meinen Augen keine derartig übertriebenen Gags …
Aber in Hollywood ist eben doch alles anders, so erzählte mir auch Niki Lauda bei der Film-Premiere von "Rush" lachend, dass er im Drehbuch die Szene strich, wo sein Darsteller (Daniel Brühl) den Zündschlüssel ins Zündschloss des Formel-1-Autos stecken und so den Motor hätte starten sollen. Genau so wirkten auf mich leider auch viele der Rennszenen aus "Le Mans 66".
Als Fazit eines guten Rennfilms bleibt für mich ganz klar Steve McQueens "Le Mans" vor "Rush" unangetastet weit, weit vor allen anderen bis heute gedrehten Filmen.
Auf dem Bild sichtbar: Ian Slater (Ford of Europe), Phil Henny (Shelby America), Alan Mann (Alan Mann Racing), Harry Calton (Ford Chief Press Officer 1966), John Whitmore (Driver Ford GT 40 Car Nr. 8), Lee Holman (Holman Moody) und Brian Lewis (Ford Advanced Vehicles / Alan Mann Racing).
Das Bild oben zeigt die originalgetreue Zieldurchfahrt der drei Ford GT40 von 1966 millimetergenau nachgestellt im Jahre 2006.