Der Fluch der vier Türen - Augenschein an der Retro Classics Bavaria
10.12.2016
Gestern öffnete die erste Retro Classics Bavaria, eine neue Oldtimermesse in Nürnberg, ihre Tore. Schon die Premiere glänzt mit einer Vielfalt und Grösse, die manche andere Veranstaltung der gleichen Art erst nach Jahren des Aufbaus erreichte. Natürlich gibt es in Nürnberg viele Mercedes und Porsche zu sehen, sowie natürlich auch BMW und Volkswagen der unterschiedlichsten Ausführungen, aber es gibt eben auch Autos zu bewundern, die man sonst nur sehr selten zu Gesicht kriegt.
Beim Durchschreiten der Hallen und Betrachten der Angebote fiel uns wieder einmal auf, wie wenig Einfluss Seltenheit und Provenienz auf den Preis eines alten Autos haben, sobald der Wagen vier Türen aufweist.
Erstes Beispiel: Ein Lancia 2000 (angeschrieben mit Lancia Flavia 2000 LX) aus dem Jahr 1970. Der augenscheinlich gut erhaltene Wagen erhielt 2015 einen gebrauchten Tauschmotor und wurde seither 500 Kilometer gefahren. Sogar einen neuen TÜV würde der Verkäufer auf Wunsch noch bieten. Als Verhandlungsbasis für die elegante Limousine war EUR 6200 angeschrieben.
Zweites Beispiel: Ein Lancia Appia der 3. Serie von 1960. Gemäss Verkäufer im Originalzustand erhalten und unrestauriert, aber mit revidierter Technik. EUR 14’800 steht als Verhandlungsbasis für die mit gegenseitig öffnenden Türen ausgerüstete Limousine auf dem Verkaufsschild.
Man dürfte kaum viele Alternativen finden auf dem Markt, trotzdem schlägt sich dies nicht im Preis nieder. Ähnliches dürfte auch für den Alfasud-Nachfolger Alfa Romeo 33 mit Boxermotor gelten, den man in einer anderen Halle finden konnte.
Es sind dies allesamt attraktive Autos und wären sie Sportwagen (mit ähnlicher Spezifikation), dann würden sie deutlich mehr kosten. Limousinen aber, zumal mit vier Türen, scheinen die Phantasie der potentiellen Käufer einfach deutlich weniger anzustacheln, dabei sind sie eigentlich ungleich praktischer. Was vielleicht einer der Gründe neben der einstigen höheren Ausstosses für die Wertdifferenz ist.
Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele zur 4-Türen-Theorie: Ein Mercedes-Benz 190E 2.5-16 Evo II wird in Nürnberg für EUR 215’000 angeboten.
Ein Besuch an der Messe in Nürnberg ist auf jeden Falle eine gute Gelegenheit, das aktuelle Preisgefüge im Oldtimerhandel unter die Lupe zu nehmen. Und sich über viele Autos (vom Audi 60 bis zum TVR Vixen) zu freuen, die man vielleicht das ganze Jahr durch nie gesehen hat.
Einen ausführlichen Bericht über die Messe werden wir natürlich noch nachreichen.