Ente gut, alles gut
Vor 77 Jahren schlüpfte die Ente aus dem Ei. In der Schweiz trägt sie jedoch nicht diesen Namen, sondern wird liebevoll «Döschwo» genannt. Durch die geringen Anschaffungs- und Unterhaltskosten wurde der Döschwo schnell zum Volkswagen, der sowohl von Bauern als auch von Professoren gefahren wurde. Gerade die spärliche Leistung von 9 PS machte ihn attraktiv – so sparte man bei den Verkehrsabgaben. Ausserdem war sein Spritverbrauch tief; laut Testbericht von 1953 schluckte das genügsame Auto bei entsprechender Fahrweise weniger als 5 Liter.
Kein Wunder, erlangte der Döschwo Ende der 60er Kultstatus als Symbol für einen freien Lebensstil abseits von Kommerz und Leistungsgesellschaft. Dieses Exemplar wacht am Eingangstor einer hippen Gartenbeiz in Zürich direkt neben dem Prime Tower, dem ehemals höchsten Gebäude der Schweiz. Das Lokal mit Dachterrasse wurde aus alten Schiffscontainern aufgetürmt und versprüht einen rustikalen Charme. Das ist vielleicht das Erfolgsrezept des Döschwo: so spartanisch wie möglich, aber immer noch stilvoll. Am Abend ist das Containergebilde eine angesagte Bar, aber zur Mittagszeit treffen hier Studenten mit Leinenhosen auf Banker im Anzug – und irgendwo dazwischen der Praktikant von «Zwischengas».
Der Döschwo hat nach vielen Jahren «entlich» eine angemessene Ruhestätte gefunden und wird allmählich vom Efeu verschlungen. Die zähe Kletterpflanze ist nicht nur ein Symbol der Unbeugsamkeit: Früher glaubte man auch, sie schütze vor den Folgen ungezügelten Weingenusses. Aus diesem Grund sieht man Bacchus, den Gott des Weines, oft mit einem Efeukranz abgebildet. Der efeubekränzte Döschwo erinnert die Gäste daran, es ihm in puncto Spritverbrauch gleich zu tun, um am nächsten Morgen nicht als lahme Ente zu erwachen. Auf der Speisekarte fand ich übrigens kein Entengericht, darum hätte der «zwei Pferde» eigentlich besser in die gegenüberliegende Gartenbeiz «zum Gaul» gepasst.






















