Der geheimnisvolle Porsche
Vor einigen Jahren ging ich mit einem guten Freund campen. Wir durften das neue VW-Büssli seines Vaters ausleihen und wollten damit auf dem Klausenpass übernachten. Als wir in die Garage kamen, zog etwas anderes unsere Aufmerksamkeit auf sich: Ein Porsche 911 T (Baujahr 1971) stand mit Plattfuss und Spinnweben in der Nähe vom Büssli. Völlig fasziniert gingen wir um das Auto herum und zogen versuchsweise an der Tür. Widerwillig sprang sie auf. Der Geruch, der uns entgegenschlug, ist kaum zu beschreiben – irgendwas zwischen Aschenbecher und nassem Hund.
Während des ganzen Camping-Trips dachten wir an den Porsche und überlegten, was wohl sein Schicksal gewesen ist. Das Auto liess mich nicht mehr los – ich wollte seine Geschichte erfahren. Also fragte ich bei der Hausverwaltung nach, dort konnte (oder wollte) man mir aber keine Auskunft zum Parkplatz-Mieter geben. Also stattete ich dem Auto abermals einen Besuch ab und suchte nach Hinweisen auf seinen Besitzer. Bei meiner Inspektion entdeckte ich nicht nur Kaugummipapiere von Marken, die es längst nicht mehr gibt, sondern auch, dass 1986 die letzte Autobahnvignette aufgeklebt worden ist.
Auf der Sonnenblende wurde ich schliesslich fündig. Dort klemmte, säuberlich gefaltet, eine Einladung zum 15. Hochzeitstag am Samstag, 30. August 1986. Adressiert war sie an Julia und Peter – jetzt hatte ich wenigstens den Namen des Besitzers! Mit zwei Vornamen (vor allem so geläufigen) kommt man allerdings nicht sehr weit. Auf dem Brief hatte es zum Glück auch einen Absender, und mit ein bisschen Recherche im Telefonbuch fand ich heraus, dass die Gastgeber von damals noch immer in der Gegend wohnen.
Das ältere Ehepaar staunte nicht schlecht, als ich mit einem Foto vom Einladungsbrief vor der Tür stand, und liess mich herein. In der hellen, stilvoll eingerichteten Wohnung erklärte ich den beiden, was mich zu ihnen geführt hatte. Natürlich konnten sie sich noch an das Fest vor vierzig Jahren erinnern und auch an Julia Meier (ausgerechnet der zweithäufigste Nachname der Schweiz) und ihre Begleitung. Sie freuten sich über die schöne Erinnerung, konnten das Geheimnis um den Porsche jedoch nicht lüften, weil sie Julia und Peter schon lange aus den Augen verloren hatten.
Seither war ich nicht mehr beim Porsche und weiss nicht, ob er überhaupt noch in der Garage steht. Ab und zu kommt er mir wieder in den Sinn. Dann frage ich mich: «Was geschah 1986? Haben sich Julia und Peter getrennt und er ist mit seiner Neuen ins Ausland abgehauen? Im Auto lagen seltsame Pillen – vielleicht stürzte er in eine Drogensucht? Oder vergass er schlicht, wo er seinen Porsche abgestellt hat?» Die ganze Geschichte werde ich wohl nie erfahren. Und genau das macht dieses Auto so geheimnisvoll.






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