Dein Auto und ich kennen uns schon länger!
Geht das ihnen auch so? Bei manchen Gelegenheiten trifft man immer wieder dieselben Autos – an Treffen, vor Messehallen oder manchmal gar einfach auf einem Parkplatz stehend am Strassenrand. Manche dieser Autos werden einem zu Vertrauten, so etwa die Fulvia Berlina von Lancia eines mir völlig unbekannten Zeitgenossen, der den Wagen im Sommer an meinem Wohnort als Alltagswagen nutzt und ihn hier und dort in den Gassen stehen lässt. Der Besitzer aber blieb mir bis heute ein Unbekannter.
Dies ist mit vor vielen Jahren auch mit einem graublauen Volvo Amazon Kombi passiert. Der Wagen mit zeitgenössischem Dachträger tauchte in meiner Heimatstadt Luzern immer wieder irgendwo auf, immer parkiert und vom Besitzer weit und breit keine Spur. Wem er gehörte. war mir also nicht bekannt. Umso grösser war das Erstaunen, als ich auf einer Off-Bühne des Städtischen Theaters, der Ort hiess damals "UG" oder "Junge Bühne" – lang ist's her– , ein öffentliches Slot-Car-Fahren organisiert hatte. Ich brachte meine Scalextric-Bahn mit nur zwei Spuren, ein Kumpel eines damaligen Arbeitskollegen, ein Architekt, kam als Support mit aufeinandergetürmten Kisten voller Carrera-Bahn die Treppe des Kellerlokals herunter. Soweit, so gut, die Details des Abends liegen im Dunkel der Vergangenheit. Ich weiss nur noch, dass viel geraucht wurde damals und dass ich dauernd rumrannte, um die abgeflogenen Wagen wieder in der Bahn einzusetzen. Bestens in Erinnerung ist mir vor allem jener Moment geblieben, als wir nach Ende des Abends unsere Bahnen zu den Auto getragen haben: Der fragliche Volvo Amazon stand direkt vor meiner damaligen schwarzen DS! Wir beide riefen simultan aus: "Ach, du bist das!" Wir sind seit damals enge Schrauber-Freunde.
Ähnlich ist es mir ein Andermal mit einem Lincoln Capri von 1949 ergangen – ein Bild von einem Auto, ganz abgesehen davon. Der Wagen stand immer wieder irgendwo auf einem Parkplatz an einem Treffen oder vor einem beliebten Ausflugslokal. Nur wer der Besitzer war, da hatte ich keine Ahnung. Ihn lernte ich quasi kennen, als wir gemeinsam unter seinem Wagen lagen und uns mit seiner nicht ganz korrekt arbeitenden, nachgerüsteten elektrischen Benzinpumpe beschäftigten. Der Lincoln-Fahrer war auf dem Heimweg von einem Treffen wenige Autolängen vor mir mit Benzinversorgungsengpässen am Strassenrand gestrandet.
Ja selbst schlafend habe ich schon Geheimnisse lüften können: An einem grossen US-Car-Treffen im Berner Simmental war es ziemlich warm auf dem Flugfeld, welches als Veranstaltungsort diente. Schläfrig zur Mittagszeit legte ich mich in der Hitze zur Siesta auf die Rückbank meines DeSoto. Beim Aufwachen nach ein, zwei Stunden stand ein grüner 1954er Firedome neben meinen grauen 1953er Powermaster. Es war DER grüne 1954er DeSoto Firedome mit einer Anhängerkupplung, der mir immer wieder mal begegnet war. Meine drängende Frage an den Besitzer wäre es gewesen, wie er unsere Behörden überzeugt habe, für sein Auto auch ohne offizielle Angaben über die maximale Anhängelast des Herstellers trotzdem einen entsprechenden Eintrag im Fahrzeugbrief zu erhalten. Selber hatte ich das nicht geschafft – aber immer gewollt. Ich habe dann gewartet, bis wir zwei DeSoto-Besitzer uns kennenlernen durften. Nein, eine Anhängerkupplung hat mein DeSoto bis heute keine.
Mittlerweile sind wir uns bekannt, der Besitzer des grünen 1954er DeSoto Firedome und ich: Erneutes Treffen zur Swiss Classic World 2021
So geht man gelegentlich während Monaten und Jahren aneinander vorüber. Der Gipfel dieser "Bekanntschaften mit dem Auto statt dem Besitzer" bildet aber unser Studebaker. Denn dieses Auto war mir erstmals als fünfjähriges Kind bewusst begegnet und danach immer wieder, wenn ich damals zur Schule gegangen bin. Die Besitzerin aber, respektive ihre Enkelin als Erbin, lernte ich erst 45 Jahre später kennen und zwar bei der Übergabe der Fahrzeugschlüssel, nachdem ich das Auto, das noch immer existierte, das ich aber längst vergessen hatte, wiederentdeckt und für meine Tochter gekauft habe.




























