Kurz: Es ist schön, wenn man sich um seine Leidenschaft bemüht und versucht, sich ein umfangreiches Wissen anzueignen. Ich habe beispielsweise eine grosse Leidenschaft für Spielzeugautos, fahre seit 34 Jahren meinen VW T1 und habe etwa vier oder fünf Citroën 2CV komplett zerlegt (und etwa 200'000 Kilometer damit zurückgelegt). Aber ich weiss beileibe nicht alles davon. Dann schreibe ich tagtäglich von Autos, über die ich mit Interesse recherchiere, Fotos suche, Informationen zusammentrage. Manche Quelle wird angezapft und gelegentlich sind sie widersprüchlich. Und ich meine nicht nur KI-Abfragen oder Wikipedia-Einträge, die sowieso mit Vorsicht zu geniessen sind.
Ein keines Beispiel aus meiner eigenen, näheren Erfahrung, da ich selbst mehrere Exemplare davon besessen habe, ist der jahrelange, falsche Eintrag im Katalog der Automobilrevue zum Material der Karrosserie des Caterham Super 7 S3. Nein, das Auto hat, selbst wenn es so im AR-Katalog geschrieben stand, keine Kunststoff-Karosserie, sondern eine ebensolche aus Aluminium – bis heute übrigens.
Nur 38 Stück des Lotus Seven S4 baute Caterham 1973/74 bis die Türen des Verdecks ausgingen...
Die Herkunft des Eintrags lässt sich aber zurückverfolgen. Graham Nearn, der Besitzer der Seven Cars Ltd. auf dem Caterham Hill südlich von London hatte zunächst – nach der Übernahme der Produktionsrechte des Seven von Lotus Gründer Colin Chapman im Mai 1973 – ab Juni 1973 den Lotus Type 60 weitergebaut, den Seven S4, der tatsächlich über eine Kunststoffkarosserie verfügte. Nach 38 Wagen waren aber die Türen alle. Nearn wollte neue bestellen, doch der Lieferant war nur dazu zu bewegen welche zu liefern, wenn man eine grössere Menge davon beziehen würde.
Ein Bekannter Nearns aber meinte, er solle doch gleich den alten S3 – nach fast vier Jahren Pause – wieder produzieren. Dieser hatte sowieso ein einfacheres Verdeck und war wesentlich beliebter bei den Enthusiasten als der S4. Nearn schaltete 1974 ein Inserat einer Motorsport-Zeitschrift und meinte später: "Seit dieser Anzeige, wir würden 25 neue Seven S3 bauen, hat das Telefon nie mehr aufgehört zu klingeln." Nur die AR hatte es offenbar jahrelang nicht mitgekriegt, dass man beim Karosseriematerial wieder zurück auf Aluminium gewechselt hatte.
Doch dies ist nicht der Punkt: Es ist die Frage, welche Quellen damals zur Verfügung standen und ob jemand es für nötig befunden hatte, diese zu verifizieren. Beim Caterham offenbar nicht. Es gibt übrigens auch andere Beispiele, die zu Kontroversen führen. Etwa die ersten Owners-Manuals für den Jaguar XK 120, in denen Sachverhalte illustriert sind, die an keinem einzigen Produktionsfahrzeug so zu finden waren. Vermutlich lag da der Grund darin, dass der Zeichner bis zur Lancierung des Wagens nur Prototypen zu Gesicht bekommen hatte und er die dort angewandten Lösungen zeichnerisch umgesetzt hatte.
Kein vorderer Schwingungsdämpfer, eine andere Ölleitung für die Nockenwellen, eine andere Gussform am Block hin zur Kupplungsglocke – die erste Illustration des XK-Motors von Jaguar zeigt Unterschiede zur Realität.
Gelegentlich finden solche Dinge eine gewisse Verbreitung, widersprechen den Erfahrungen in der Praxis und sorgen, heiss diskutiert, für Gesprächsstoff unter Experten, Enthusiasten und so weiter. Dieses angeregte Debattieren ist ein Teil unserer liebsten Nebenbeschäftigung. Allerdings, so meine Erfahrung, kann manchmal auch der beste Experte daneben liegen und nicht alles wissen. Doch – das Beste daran – dieses Nichtwissen gibt Gelegenheit, noch etwas dazu zu lernen. Es tut also gut, selbst wenn man sich zu 120 Prozent sicher ist richtig zu liegen, wenn man sich grundsätzlich offen zeigt für anderslautende Sachverhalte.
Doch ich will hier niemandem den Finger hochhalten. Im Gegenteil: Immer mal wieder, wenn ich Quatsch schreibe, hebt jemand mir den Finger auf, korrigiert und klärt auf. Denn gar keine Frage: Wer sich Jahrzehntelang mit diesem oder jenem Auto befasst hat, weiss gewiss einige Dinge mehr als ein bemühter Schreiber, der heute Lada und morgen Bentley zum Thema hat. Ach ja, und wenn wir durch die Reihen von Fahrzeugen an einem Treffen schreiten, 350 Fotos schiessen und jedes einzelne beschriften, dann kann es manchmal sein, dass wir beim Jahrgang ein oder zwei Jahre daneben liegen. Wenn Sie ihr Auto entdecken und mit der Jahrgangsangabe (dem Baujahr) oder gar der Typenbezeichnung nicht zufrieden sind, dann bitte etwas Gnade und gerne einen kurzen Hinweis in den Kommentaren. Dann merken wir umso mehr und sind bestätigt darin, dass wir die besten und aufmerksamsten Leser überhaupt haben!