Es war einmal ... der Woodie
Holz ist eigentlich kein geeignetes Material für den Automobilbau: Es arbeitet, splittert und ist ohne nährende Wurzel dran auch nicht mehr wirklich wetterbeständig. Aber wenn Stahlblech knapp ist, tut's für grössere Karosserien auch der alte Kutschen-Werkstoff. Henry Ford kaufte sich 1926 sogar 160'000 Hektar Ahornwald in Michigan, um genügend Material für die Aufbauten seiner Station Wagons zu haben. Schick aussehen mussten die zweckmässigen Sammeltransporter ja nicht.
Das Publikum hatte anscheinend ein etwas anderes Stilempfinden als der Ford-Patriarch, und so galt schon Mitte der Dreissigerjahre das hölzerne Hinterteil als besonders vornehm. Während volkstümliche Marken immer mehr auf Ganzstahl-Bauweise umschwenkten, nahmen immer mehr Oberklasse-Hersteller einen holzvertäfeltes Luxusmodell ins Programm, das nicht einmal mehr ein Kombi sein musste. Bei Chrysler gab es ab 1946 neben Limousine und Kombi sogar ein Cabriolet mit Fachwerk-Aufbau.
Mit den ersten Nachkriegsmodellen wurde das Holz zum reinen Dekor, als die tragenden Karosseriestrukturen der Station Wagons nun ebenfalls aus Stahl bestanden, ehe das Naturprodukt Anfang der Fünfziger zunehmend durch ein Imitat aus Kunststoff ersetzt wurde. Häufig war es sogar ein grosser Einleger, der gar nicht erst versuchte, statischen Nutzen vorzutäuschen. Buick baute 1953 mit dem Roadmaster Estate den letzten Echtholz-Kombi aus US-Produktion – und 1996 auch den letzten mit gemaserter Dekorfolie auf den Flanken.
In Europa blieb Holz als sichtbares Baumaterial wie auch als äussere Zierde eine Randerscheinung. Der letzte "echte" Woodie war dennoch ein Europäer: der Morris Minor Traveller trug von Oktober 1953 bis zu seiner Absetzung im April 1971 ein ebenso karosseriestatisch notwendiges wie dekoratives Skelett aus Eschenholz. Versuche, mit Klebedekor an diese Herrlichkeit anzuknüpfen, scheiterten aber. Ausser-amerikanische Folien-Woodies wie der Opel Ascona Voyage und der Honda Civic Country fanden keine Nachahmer.
Heute ist die rustikale Berghütten-Optik bei Oldtimer-Fans sehr beliebt – so beliebt, dass sogar einst gänzlich holzfreie Blechmobile auf Woodie-Optik umgerüstet werden. Das ist zwar nicht immer historisch korrekt, aber bisweilen sehr putzig. Oder wer würde beim Anblick des vertäfelten Honda N 600 etwas anderes behaupten?






















