Salmson T.A.I. – Der doppelte Düsenjäger
13.02.2022
Im Artikel über den Salmson 2300 S wurde er nur in einem Nebensatz erwähnt, um nicht allzu weit vom Thema abzukommen. Aber er ist zu skurril, um ihm nicht wenigstens einen kleinen eigenen Beitrag zu widmen. Die Rede ist von dem Salmson S4-E, den die "Tôlerie Automobile et Industrielle" (T.A.I.) 1952 in eine strassentaugliche Kopie des 1951 präsentierten GM Le Sabre umbaute, bevor sie im Werksauftrag Coupés dengelte. Firmeninhaber und Geschäftsführer Henri Esclassan hielt sich überraschend genau an den Entwurf von Harley Earl und ergänzte nur zwei Scheinwerfer in den vorderen Kotflügeln. Die Panoramascheibe ersetzte er durch eine zweigeteilte Windschutzscheibe aus Flachglas.
Gelegentlich liest man auch, der Wagen sei auf Basis des Salmson Randonnée entstanden. Was insofern nicht ganz falsch ist, als dass der Randonnée auch auf dem S4-E basiert und die Fahrgestelle der beiden Wagen identisch sind. Den Unterschied macht lediglich der Vierzylindermotor: hier 2,3-Liter mit 70 PS, dort 2,2 Liter mit 71 PS, aber immer mit Cotal-Getriebe. Welcher Salmson nun wirklich unter dem extravaganten Blechkleid steckt, verliert sich irgendwo im Laufe der Geschichte.
Angeblich sollen zwei der Le-Sabre-Klone entstanden sein. Tatsächlich gibt es Fotos von zwei deutlich voneinander abweichenden Wagen. Der erste orientiert sich wesentlich mehr an der Vorlage; hat dünne, senkrechte Streben im ovalen Nasenloch und einen schildförmigen, von den Stossstangen klar getrennten Kühlergrill darunter wie das Original. Die Stossstangenhörner sind spitze "Dagmar Bumpers" und haben einen kreisrunden Querschnitt.
Der zweite Wagen hat ein grösseres, leicht nach hinten geneigtes Nasenloch mit radial angeordneten Streben in Turbinen-Optik und einen niedrigen, trapezförmigen Kühlergrill, der die Stossstangenhälften miteinander verbindet. Die Hörner sind nun elliptisch und weisen an der Stirnseite konkave, senkrechte Lamellen auf. Zudem besitzt dieser "Le Sabre" einen deutlich kürzeren Radstand, eine zusätzliche Zierleiste auf dem hinteren Seitenteil und deutlich ausgeprägtere Heckflossen.
Ob es sich dabei wirklich um zwei verschiedene Autos handelt, ist fraglich, da beide Cabrios auf alten Fotos dasselbe französische Kontrollschild mit der Nummer 1585 BE 75 tragen, ausgestellt 1952 im Département Seine. Gut möglich, dass es sich um dasselbe Auto handelt und Monsieur Esclassan seinen Entwurf für den Pariser Salon 1953 (wo das Titelbild entstand) nur noch einmal überarbeitet hat.
Was aus dem oder den Wagen geworden ist, ist leider unklar. Wahrscheinlich wurden sie, als die Mode an ihnen vorübergezogen war, rücksichtslos verschrottet. Der kurze Salmson mit den Heckflossen hat aber mindestens bis 1964 überlebt. In einer Szene des Films "La mort d’un tueur" (deutscher Titel "Verflucht und vergessen") steht er in einer Reihe parkierter Autos am Strassenrand, ohne dass er mit der Handlung irgendetwas zu tun hat oder von ihm Notiz genommen wird.