Der brasilianische Teufel – Willys Capeta
      
    
Die Besucher der IV. Salão do Automóvel waren begeistert. Noch nie zuvor hatte es ein derart rassiges Automobil eines brasilianischen Herstellers gegeben. Der Willys Capeta war im Dezember 1964 zweifellos der Volksheld des Autosalons in São Paulo. Zwar hatte Willys do Brasil wie auch die südamerikanischen Ableger von Ford, Chrysler und General Motors US-amerikanische Wurzeln, doch galt Willys wegen seines vergleichsweise hohen Anteils an brasilianischen Anteilseignern als "einheimische" Marke.
Die Idee für einen GT-Sportwagen hatte Rigoberto Soler, ein ehemaliger Vemag-Ingenieur, der aber noch vor Vollendung des Projektes wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Vorstand zu Brasinca abwanderte. Als Basis diente das Chassis des Geländewagens Willys Rural, das aber mit der schraubengefederten Hinterachse des Aero 2600 bestückt wurde. Die Vorderräder waren einzeln an Dreieckslenkern und einer Querblattfeder aufgehängt; gebremst wurden alle vier mittels Trommeln.
Wie beim Alpine-Lizenzbau Willys Interlagos bestand die Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Insbesondere die Frontpartie erinnert an Ferrari 250 GT Bertone und Fiat 1100 Allemano, stammt aber aus dem hauseigenen Studio. Gut möglich, dass Formgestalter Ramis Melquizo ein bisschen nach Italien geschielt hat, doch lässt sich die markante "Haifischnase" auch als Abwandlung des typischen Willys-Gesichts sehen. Schliesslich hatten Rural und Aero ebenfalls einen geteilten Kühlergrill.
Um der schnittigen Optik angemessene Fahrleistungen folgen zu lassen, wurde der alte "Hurricane F161"-Sechszylinder von 2,6 auf glatte drei Liter Hubraum vergrössert. Zusammen mit einem Zylinderkopf aus Aluminium, einer Sportnockenwelle und zwei Solex-Doppelvergasern stieg seine Leistung von 130 auf rund 160 Brutto-PS, von denen mit allen Nebenaggregaten bestückt etwa 150 übriggeblieben sein dürften. Angesichts dieser Angaben erscheint die Spitze von 180 km/h fast ein wenig enttäuschend.
Ob wirklich jemals ein Serienbau geplant war, oder ob der Capeta (portugiesisch: "Teufel") ein reines Vorzeige-Objekt bleiben sollte, ist heute nicht mehr klar. Doch erfüllte er zweifellos eine Rolle als Technologieträger, denn sein Dreiliter-Sechszylinder kam später – wenn auch wieder etwas gezähmt – im Willys Itamaraty zum Einsatz, ebenso wie das um einen vierten Gang erweiterte Getriebe. Nach einer weiteren Präsentation auf der 1. Industrie- und Handelsmesse Brasiliens im Sommer 1965 verschwand der Willys Capeta aus der Öffentlichkeit.
Das übliche Schicksal eines obsoleten Versuchsträgers (Verschrottung) ist ihm jedoch erspart geblieben. Ford – seit 1967 der neue Eigentümer von Willys do Brasil – stiftete den Capeta 1968 dem Museu Paulista de Antiguidades Mecânicas in São Paulo. Dort hat das silberfarbene Kunststoff-Coupé trotz den dreissigjährigen "Betriebsferien" nach dem Tod des Museumsbesitzers mit anschliessendem Erbstreit bis heute überlebt.
      
    





























