Vorkriegsautos doch noch gefragt
09.02.2018
Die Überraschung an der gestrigen Bonhams-Versteigerung m Grand Palais von Paris waren nicht die Ergebnisse der neuzeitlichen Supersportwagen oder der Youngtimer, sondern für einmal das Abschneiden einiger Vorkriegsautos. Noch ungewöhnlicher war es, dass nicht preisgekrönte Renn- und Sportwagen besonders wertgeschätzt wurden, sondern vermeintlich “unattraktive” Fahrzeuge mit vielen Türen/Eingängen und Sitzplätzen Türen, sowie hoch aufragendem Aufbau aus der automobilen Frühzeit. Das begann bereits beim Renault 35 CV Type AIB Limousine Découverte von 1910, für den der Käufer anstatt EUR 70’000 bis 90’000 immerhin EUR 137’000 bot, als 1,6 Mal mehr als erwartet.
Doch noch grösser war die Überraschung, als für den Minerva Type K 40 HP als Limousine/Torpédo Transformable von 1907 EUR 525’000 geboten wurden, was mit Aufschlägen/Kommissionen immerhin zu einem Preis von EUR 603’750 führte, über EUR 200’000 mehr als erwartet.
Doch wie immer gibt es natürlich auch eine besondere Geschichte hinter dem besonderen Ergebnis. Der Wagen gehörte nämlich zu einer Sammlung eines Herrn Vander Stappen. Dieser Mann hatte ganz besondere Interessen, suchte er sich doch über Jahrzehnte vor allem Autos von belgischen Herstellern zusammen. Er hatte gleich mehrere Minerva, damals durchaus mit den Spitzenprodukten von Rolls-Royce konkurrierend, in seiner Sammlung. Der Type K hatte aber einen ganz aussergewöhnlichen Werdegang, der den Auktionsbesuchern charmant erklärt wurde. Es trat nämlich eine Nichte des Erstbesitzers vors Publikum und erklärte, dass ihr Grossvater, Joseph Fulchiron, damals 29 Jahre alt (!), exakt den angebotenen Wagen 1907 am Pariser Autosalon im Grand Palais gekauft habe, nachdem Rolls-Royce ihm erst nach einer Wartezeit von einem Jahr einen Wagen mit ähnlicher Spezifikation liefern wollte. Die Familie behielt den Wagen bis 1966, zwei Weltkriege überlebte er unbeschadet. Dann wechselte er einige Male den Besitzer, bis er bei Jacques Vander Stappen landete.
Eine komplett dokumentierte Besitzer-Geschichte und ein praktisch unveränderter Originalzustand ist bei einem 111-jährigen Auto sicherer aussergewöhnlich, etwas was die Bieter, zusammen mit der Geschichte, offenbar auch wertschätzten.
Die kompletten Ergebnisse der Bonhams-Versteigerung im Grand Palais, inklusive der Höchstgebote für die nicht verkauften Wagen, werden wir natürlich noch nachliefern.