Als man das Reserverad noch zeigte
27.10.2017
In der Frühzeit des Automobils gab es noch keine Reserveräder. Damals war ein Speichenbruch sowieso wahrscheinlicher als ein Plattfuss, schliesslich war gar keine Luft im Reifen - Vollgummi. Als dann der Anspruch an den Komfort stieg, kam dann auch der aufgepumpte Reifen in Mode und damit gab es eine neue Pannenursache. Diese löste man aber zunächst meist damit, dass man den Schlauch flickte (wie bei einem Fahrrad).
Weil diese Reifenpannen aber mit steigenden Geschwindigkeiten immer häufiger auftraten, ersann man das Konzept des Reserverads. Dieses, es durften auch zwei sein, brachte man meist auf der Wagenflanke oder wahlweise auch am Heck an, einen Kofferraum hatten damals - wir sprechen von den Zwanziger- und Dreissigerjahren - noch lange nicht jedes Auto.
In der Nachkriegszeit verschwanden die Ersatzräder dann zunehmend im Kofferraum oder auch im Motorraum unter, das Zeigen des Reserverads galt nicht mehr als schick. Zudem verschmutzte es ja auch, wenn man es nicht geschützt verstaute.
Doch im Kofferraum nahmen die meist voluminösen Ersatzräder empfindlich viel Platz weg, weshalb man das “Continental Touring Kit” erfand. Man montierte das Reserverad, wie beim Ford Thunderbird , einfach am Heck. Allerdings verschwand diese Mode dann spätestens dann, als man zu erkennen begann, wie wichtig Aerodynamik für den Benzinverbrauch und die Fahrleistungen war. In den Sechzigerjahren gab es kaum mehr aussen montierte Reserveräder.
Doch ein Hersteller schraubte (wahlweise) auch noch in den beginnenden Siebzigerjahren ein Reserverad auf den Kofferraum: Rover . Beim Rover P6 (Bild oben) hatte man es mit einem leider nur knappen Stauraum zu tun, was konstruktionsbedingt war (DeDion Hinterachse, Tank hinter der Rückbank aus Sicherheitsgründen). Also bot Rover das “Continental Touring Kit” an und man schraubte das Reserverad auf den versteiften Kofferraumdeckel. Damit es nicht verschmutzt, wurde das Ersatzrad in eine gediegene Hülle eingepackt, die natürlich das Rover-Zeichen trug. Wenn man Das Rad einmal doch im Kofferraum mitführen konnte, schraubte man ein Roverzeichen auf die Befestigung. Die Nachteile des aufgeschraubten Rads waren eingeschränkte Sicht nach hinten und natürlich eine deutlich schlechtere Aerodynamik. Dafür ist das hinten montierte Reserverad heute ein Erkennungszeichen des Wagens.
Rover war allerdings nicht die letzte Automarke, die Ersatzräder aussen montierte. Bei den Geländewagen war und ist dies noch bis in die Neuzeit üblich. Bei diesen rustikalen Autos sind wohl auch Aerodynamik-Argumente (wie beim Suzuki LJ 80 ) kaum ein Thema.