Darf es ein Ferrari sein?
17.07.2014
Man hat sich an die Meldungen in der Tages- und Fachpresse gewöhnt, in denen Ferrari-Sport- und Rennwagen übersinnliche Preise an Versteigerungen erreichen. Der letzte Ferrari 250 GTO soll bei einem Privatverkauf gar für über 50 Millionen Franken/Euro den Besitzer gewechselt haben.
Ist Ferrari-Besitz also unerschwinglich? Nein! Billig ist es aber natürlich nicht, einen Sportwagen mit springendem Pferd auf dem Bug in der Garage zu haben.
Die Einstiegsmodelle für einige Modelle sind aber günstiger, als man vielleicht annehmen würde und liegen in der Grössenordnung eines neuen VW Golfs. Beispiele gefällig? Einen Ferrari 308 GTB/GTS kann man, zumal mit Einspritzmotor, für €/CHF 30’000 bis 50’000 Franken kaufen. Ein Mondial-Mittelmotorcoupé findet man ab €/CHF 20’000 und selbst ein 12-Zylinder-Ferrari in Form eines 400i muss keine €/CHF 40’000 kosten.
Dass diese Autos neu mit kaum weniger auf der Preisliste standen als manches heute nun hoch gehandelte Sammlerfahrzeug, hat offensichtlich bei diesen Modellen keinen Einfluss auf den Marktwert. Was aber gibt den Ausschlag, dass die einen Modelle heute den zehnfachen Neupreis erreichen und andere auf halber Kaufpreis-Höhe oder gar tiefer gehandelt werden? Und warum nicht gerade eines der weniger beliebten Modelle kaufen?
Warum nicht ein Ferrari 308 GT4?
Der Ferrari 308 GT4 wurde als Dino 308 GT4 1973 in Paris präsentiert und sollte den Dino 246 GT ablösen. Das Design stammte von Bertone, der mit dem NSU Ro 80 Trapeze und dem Lamborghini Urraco bewiesen hatte, dass man auch vier Sitze in einem Mittelmotorauto unterbringen kann. Der Dino 308 GT4 wies einen frisch entwickelten V8-Zylinder-Motor auf, der quer hinter den Passagieren eingebaut war und mit 250 SAE-PS auch gut im Futter stand. Fahrleistungen und Fahrverhalten des damals 56’400 Franken teuren Dino 300 GT4 überzeugten.
Die Form, die Marcello Gandini gezeichnet hatte, kam beim Publikum allerdings nicht so recht an, weshalb bald ein Ferrari 308 GTB nachgeschoben wurde, der zwar technisch gleich konzipiert war, aber eine Pininfarina-Karosserie trug, die an den Vorgänger Dino 246 GT erinnerte. Auf den Wertverlauf des 308 GT4 aber hatte dieser Bruder genauso wenig einen positiven Einfluss wie die für Ferrari-Begriffe hohe Stückzahl, die die gesamte 308-Palette erreichte.
Der Dino 308 GT4 wurde zwei Jahre nach seiner Präsentation zum Ferrari geadelt, die Dino-Schriftzüge verschwanden für immer aus der Ferrari-Palette. Bis 1980 entstanden fast 2800 Exemplare des 308 GT4, die in Europa mit vier Weber-Doppelvergasern ausgeliefert wurden. Die 40 Jahre seit seiner Präsentation hat der keilförmige Sportwagen gut überstanden, er ist zum Klassiker gereift. Nur die weit nach vorne gerückte Fahrerposition irritiert ein wenig (von aussen).
Während der Kauf eines 308 GT4 mit 30’000 bis 50’000 Euro/Franken trotz leicht steigenden Preisen noch eine überschaubare Investition darstellt, kann der Unterhalt je nach Zustand grössere Löcher in die Geldbörse reissen. Eine Motorüberholung endet meist deutlich fünfstellig und auch andere grössere Servicearbeiten erreichen schnell den Gegenwert eines Smart. Auch mit dem Treibstoff geht ein Vergaser-308 nicht beliebig zimperlich um, 15 Liter und mehr pro 100 km sollten schon einmal einkalkuliert werden.
Aber kaum je macht das Verbrennen von Benzin soviel Spass wie im Dino 308 GT4, wenn man jedes Luftholen des Motos im Ohr hat und der Wagen nach jedem Gasstoss nach vorne springt, begleitet vom Klick-Klack der Schaltkulisse beim Gangwechsel.
Es war halt immer schon etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben.
Auf dem Zwischengas-Markplatz gibt es natürlich auch günstige Ferrari-Sportwagen zu kaufen .