Mit Lichterglanz und Engelshaar zum Xmas-Drive
Alle Jahre wieder – stellt sich die Frage, ob eine salzfreie Strasse nicht doch ein guter Grund wäre, den Klassiker aus dem Winterschlaf zu holen um etwas Spass zu haben?
Das Wochenende vom 14. Und 15. Dezember war ideal was die Salzlage betraf. Reichlich Regen hat im Tiefland das unheilvolle Taumittel für altes Blech weg gespühlt, also gab es wenig Grund, dem zweiten Xmas-Drive fernzubleiben, zu dem Chris Wyer über seine DriversApp eingeladen hatte.
Eines der Highlights des Xmas-Drive 2024: Studebaker GT Hawk mit Schweizer Erstzulassung, einer von nur 947 exportierten Exemplaren.
Als Treffpunkt war die Motorworld in Kemptthal abgemacht. Die rund zwei Dutzend unerschrockenen, die Samstag-früh in der ehemaligen Suppenwürfelfabrik von Maggi zwischen Zürich und Winterthur eintrafen, liessen keinen Zweifel aufkommen, was genau der Zweck dieser Fahrt sein sollte: Spass an der Freude!
Die Polizei fürchtete, die Engel an Eugen Küngs Rolls-Royce könnten davonfliegen, was Kabelbinder erfolgreich verhindert haben.
Für die Ewigkeit festgehalten, fuhren die dekorierten Wagen vor die Fotowand, liessen die Lichtelein blinken oder den Elch – pardon das Rentier – röhren oder die Schalmeien der Engelein erklingen, oder war es das eingebaute Läutwerk eines alten Amerikaners der 1960er-Jahre? Den Vogel abgeschossen hat Eugen Küng mit seinen beiden fanfarenblasenden Putten aus Pappmaché vor dem klassizistischen Kühler seines Rolls-Royce Silver Shadow. «Am Freitagabend bin ich keine fünfhundert Meter weit gekommen als mich zwei freundliche Uniformierte darauf aufmerksam gemacht haben, dass ich die beiden Engel wohl besser demontieren soll, sie fürchteten diese würden womöglich ihre Flügel ausbreiten und unverhofft davonflattern – so habe ich die Verwarnung jedenfalls interpretiert und sie darum für heute morgen mit Kabelbinder befestigt», lachte uns der gutsituierte Herr im Weihnachts-Anzug an.
Eins-zwei: Samichlaus (der Schweizer Nikolaus) dabei! – auf dem Lancia Fulvia und Daniela Rüttimanns BMW E46.
An Humor fehlte es nicht. Daniela Rüttimann liess auf ihrem BMW E46 einen Playmobil-Nikolaus in XXL-Format schlittenfahren und packte zur Sicherheit auch einen kleinen Beiwagen, ein Bobbycar, mit auf den Gepäckträger.
Andy und Maggie Ernst verrieten uns hingegen, dass sie extra früh am Morgen aufgestanden seien und extra noch ihren Jaguar XK 150 Fixed Head geschmückt hätten, das Lametta an den Rückspiegeln flatterte entsprechend im Wind.
Andy und Maggie Ernst mit dem Jaguar XK 150 FHC: «sind extra früh zum Schmücken aufgestanden!»
Ein perfektes Winterauto brachten Geri und Ingrid Gysi vom VW-Teilehändler Cagero mit: «Was Heizung? Saukalt ist es im Käfer, irgendwie zieht es durch alle Löcher!» Wie hiess es damals? «Luft kocht nicht, Luft gefriert nicht – und Luft heizt nicht!» Nun, diese Feststellung machte ich ebenso mit dem T1 – aber sei's drum, dick eingepackt und mit Aussicht auf einen warmen Kaffee am Zielort, dem Showroom von Emil Frey Classics am Zürcher Utoquai, liess es sich durchaus auch in der Bulli-Kabine aushalten.
«Saukalt», aber kultig, der VW Ovali von Geri und Ingrid Gysi.
Wesentlich mehr Komfort durften zwei weitere Lady-Driver geniessen: Liv Haefeli konnte sich den Safari XJ des Jaguar Drivers' Club Präsidenten für die Fahrt ergattern. Der 3.4-Liter Serie 2 glänzt aktuell mit Reifen vom Baumaschinenbedarf und sorgte für viel Goodwill und hoch gestreckete Daumen vom Strassenrand: «Ein wirklich komfortabler Wagen und erstaunlich gutmütig trotz der groben Reifen!»
Der XJ6 3.4 Serie 2 (1976) «Safari» von Video-Bloggerin Liv Haefeli.
Dasselbe durfte Laura Erismann mit ihrem Partner Leon Ladiges im Studebaker Gran Tourismo Hawk erfahren. Der Sechszylinder mit Handschaltung ist ein idealer Cruiser. In Gold-Metallic, dekoriert mit einer grossen, roten Samtschlaufe am Kühlergrill, wirkte der Studebaker wie DAS Werbefahrzeug für die ganze Idee eines Christmas-Drive.
Laura Erismann mit ihrem perfekten Werbefahrzeug für den Xmas-Drive: Einem Studebaker GT Hawk (1963).
Für den Organisator Chris Wyer, selber in seinem Daimler Sovereign Serie 1 mit Handschaltung angereist, war der Anlass ein Beweis dafür, dass sich mit kleinem Budget, einer digitalen Plattform – auf der Veranstaltungen einfach ausgeschrieben werden können – und einer originellen Idee bleibende Erinnerungen und «Good Vibes» generieren lassen können. Der Umstand, dass sehr viele junge Fahrerinnen und Fahrer beim Xmas-Drive mit dabei waren, zeigt, dass neue, digitale Wege bestens funktionieren, um die nächste Generation von Klassik-Enthusiastinnen und Enthusiasten zu mobilisieren.
«Ich denke, das war auch richtig dosiert: Eine kleine Fahrt von Kemptthal über Gockhausen bis an den Utoquai zu Emil Frey Classic, ein Apéro und so gegen Mittag ist es dann für die meisten gut. Das hat offenbar gepasst!» zeigte sich Wyer sichtlich zufrieden!
Am Ziel bei Emil Frey Classics am Utoquai.
Der nächste solcherart gestrickte Anlass ist das Silvestertreffen auf dem Albis, letztes Jahr kurzfristig abgesagt, sind dann trotzdem rund 25 unverdrossene, meist jüngere Klassikfans in beissender Kälte auf dem Parkplatz kurz vor der Passhöhe aufgetaucht. Wie es scheint, ist die nächste Generation der Klassik-Enthusiasten digital bestens bewandert, stets für nicht ganz ernst zu nehmende Spassaktionen zu haben und weit härter im Nehmen, als manche alten Hasen es manchmal vermuten würden.
Die Klassikszene kann sich ein Beispiel nehmen beim Generationen- und Geschlechtermix des Xmas-Drive.
Wir danken Jürg Rohr (
Rallye Rohr
) für die Fotos für diesen Beitrag.





























