Bauen – oder nicht bauen?
Wer erinnert sich? An die Zeit damals, als es selbst im Warenhaus in der Spiezeugabteilung Plastikbausätze zu kaufen gab? Meist waren es Militärmodelle, Flugzeuge und dergleichen, doch ab und zu gab es auch ein Auto, meist in kleinem Massstab, denn der Regalplatz in diesen Gemischtwarenläden war ziemlich bescheiden. Der französische Hersteller Heller beispielsweise führte eine ganze Reihe von Modellen im der Sammelgrösse 1/43, ich kann mich gut an einen Citroën 2CV erinnern. Auch Matchbox hatte sich einst mit Kits versucht, diese in 1/32. Dazu gehörte ein Traction Avant Roadster/Coupé, von denen ich gleich zwei mein Eigen nennen durfte.
Meine Versuche mit dieser Form des Modellautos waren aber meist kläglich. Mit fehlte die Geduld und das Können beim Lackieren. Das Resultat war in der Regel unbefriedigend, irgendwo prangte meist ein Fingerabdruck im Lack oder die Scheiben waren am Ende klebstoffverschmiert.
Kunststoff ist gnadenlos, die Farbe geht meist nicht mehr runter ohne dass das Plastik sich auflöst. Es war eine Hassliebe. Später als Teenager habe ich die grossen Fertigmodelle von Bburago für mich entdeckt und angefangen, diese zu "supern". Von der Pflicht zur perfekten Oberfläche befreit, da diese ja schon lackiert daherkommen, habe ich meine Modelle frisch gekauft gleich zerlegt und nur die Details – mal mit Bildern zur Unterstützung, mal frei nach Gutdünken – nachgemalt, Fensterrahmen eingeschwärzt oder Karosserieöffnungen, die nur als Gravur angedeutet waren, mit schwarzer Farbe «vertieft» und die kitschigen Chromfelgen in Aluminiumfarbe lackiert, so beispielsweise beim Ferrarri 288 GTO von Bburago. Beim F40, eine Sensation, als dieser frisch herausgekommen war – 1988?– getraute ich mich zunächst nicht so recht, diesen zu "behandeln". Im Nachhinein aber hat er massiv gewonnen durch etwas zusätzliches Schwarz für die Fensterrahmen und die Karosseriefugen.
Mit den Jahren und etwas besseren Budgets für dieses Freizeitvergnügen kaufte ich, nun meist antiquarisch, höherwertige Bausätze, so den unglaublich detailreichen Kit von Gunze-Sangyo des Lotus Elan. Das Chassis ist aus Feinblech fotogeätzt und die Aufhängungen und Motor samt Antrieb sind aus Weissmetall. Dieses, wenn erfolgreich gebaut, mit einer Karosserie abzudecken ist eigentlich eine Sünde. Nach einigen Jahren, während denen der Bausatz ungeöffnet auf einem Gestell gelagert lag, verkaufte ich ihn wieder. Ich habe mich nie getraut, damit anzufangen. Die Erwartungsfreude beim Betrachten der einzelnen Teile, dieser Zauber wäre wohl beim Öffnen des ersten Säckchens zerstört worden.
So geht es mir auch beim "Star of India", jenem Rolls-Royce Phantom II, den die Firma Pocher zu Ende der 1960er-Jahre herausgebracht hat, der grösste Wagen einer Serie von imposanten Bausätzen im Massstab 1/8. Die Kiste ist riesig, die rund 2500 Teile allesamt in kleinen Beuteln abgefüllt oder in Papier gewickelt, alles ist sehr liebevoll eingeräumt. Den Bausatz – von einem Freund vor manchen Jahren abgekauft – nun zusammenzusetzen, wäre nach meinem Empfinden ein Frevel. Die Zahl der angefangenen Pocher-Kits auf den einschlägigen Auktionsplattformen bestätigen mich zudem, dass es einiges an Stehvermögen braucht, das Modell ordentlich hinzukriegen.
Zudem – dies ist meine Hauptbefürchtung – schaffe ich es in derselben Zeit, die für die Fertigstellung eines Modells nötig ist, auch ein richtiges Auto herzurichten. Nun, gewiss keinen Rolls-Royce Phantom II, aber immerhin ein Auto mit etwas Pflegebedarf, das dann auch etwas mehr kann als nur Staub zu fangen. Für einen versierten Modellbauer mag es schade sein, diese Möglichkeit zur lustvollen Betätigung bewusst zu ignorieren, aber in meinem Fall ist dies besser so.
Darum sammle ich Kits nur noch als solche – ungebaut – und erfreue mich an der Vorstellung, wie das Auto aussehen könnte. Ab und zu hebe ich den Deckel der Kisten und Schachteln und werfe einen Blick rein. Dann schliesse ich sie wieder, lege sie ins Regal zurück und denke, dass es gut so ist. Allerdings, da liegen ja auch noch einige Metallbausätze von Hubley oder Gabriel – steinalt, die Kartons. Ich habe diese einst aus einem Nachlass kaufen können.
Die sind hübsch kaschiert mit bedrucktem Papier, welche die Modelle als Illustrationen zeigen. Einen Ford T von Gabriel/Hubley habe ich vor einer Weile doch ganz ordentlich zusammengekriegt (siehe das Bild oben). Dank Zinkdruckguss lassen sich diese bei einem verunglückten Lackierversuch wieder ablaugen, die Kunststoffteile sind solcherart gestaltet, dass sie sich einzeln bemalen lassen. Allzu viel kann da eigentlich nicht schief gehen. Ich freue mich auf die Festtage – und hoffe, der Farbvorrat ist noch nicht völlig ausgetrocknet.





























