Ist das Elektroauto der Retter des Oldtimers?
27.12.2022
Es war Jay Leno, der auch international bekannte US-TV-Talkmaster und Oldtimer- oder besser gesagt Auto- und Motorrad-Enthusiast, der diese Aussage machte: Das Elektroauto sei der Retter des Oldtimers. Leno hat ein eigenes Museum, besitzt eine grosse Zahl unterschiedlichster Klassiker, bespielt einen erfolgreichen YouTube-Kanal und ist auch sonst omnipräsent. Er wird auch nicht müde, die Schönheit und Attraktivität des Oldtimerhobbies zu preisen.
Aber Elektroautos als Retter des Oldtimers? Man hat ja eher das Gefühl, die Elektromobilität gefährde den Oldtimer, oder nicht?
Nun, Lenos Erklärung war historisch basiert. Seine Aussage war, dass das Automobil einst das Pferd gerettet habe. Vor über 100 Jahren waren die Städte bekanntlich verkehrstechnisch nicht besonders attraktiv. Pferde sorgten mit ihren Fäkalien für Gestank und Gesundsheitsprobleme, Staus gab’s trotz Durchschnittsgeschwindigkeit von unter 20 km/h. Das Automobil machte tatsächlich die Städte sauberer, auch wenn man das heute gerne anders sieht. Aus dem “Transportmittel” Pferd wurde dann das “Freizeitgerät” Pferd. Niemand musste mehr auf dem Pferd oder mit einer Pferdekutsche in die Stadt, man konnte das Pferd für Ausritte in der Freizeit und für Sportveranstaltungen verwenden. Und so ist es bis heute.
Aber schauen wir uns das einmal von der Statistikseite an, am Beispiel der Schweiz: Per Ende 2021 gab es 80’069 Pferde in der Schweiz. Per 30. April 2022 waren in der Schweiz 110’376 Automobile, die älter als 30 Jahre alt waren, angemeldet, 58,3 % davon hatten einen Veteranenstatus (in Deutschland wäre das H-Kennzeichen das Äquivalent). Wir reden also von durchaus ähnlichen Grössenordnungen, wenn wir das Pferd mit dem Automobil vergleichen. Allerdings gäbe es dann natürlich auch noch 80’526 Motorräder, 67’433 Traktoren oder 21’215 landwirtschaftliche Motorkarren, die alle ebenfalls über 30 Jahre alt sind. Doch bleiben wir beim Automobil.
Wenn also das Elektroauto wirklich die Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in den nächsten Jahrzehnten ersetzen sollte, dann würden unsere alten Autos und jene, die in den nächsten Jahren noch zum Oldtimer werden, mehr und mehr zum reinen Freizeitgerät mutieren, sofern sie das nicht schon heute sind. Weil die elektrischen Fahrzeuge fast keine lokalen Emissionen produzieren, würde es auch nicht mehr also schädlich gesehen und bei den alten Autos überwöge bis dahin einfach die Freude, dass es so etwas Schönes noch gäbe. Es gäbe auch keine Notwendigkeit mehr, die wenigen Klassiker aus Innenstädten zu verdrängen oder sonstwie einzuschränken. Auch mit dem Pferd darf man schliesslich in die Stadt reiten, nur auf der Autobahn und gewissen Wegen ist es nicht erlaubt. Schöne neue Welt also für alte Autos dank dem Siegeszug des Elektroautos?
Nun, so ganz mag uns diese Logik und diese Zukunftsausgabe noch nicht überzeugen, zumal ja der Erfolg des Elektrofahrzeugs noch nicht gesichert ist …