Mein erstes Mal Zwischengas
21.04.2022
Eines gleich vorneweg: Thema dieses Blog-Beitrags ist nicht meine erste Begegnung mit dieser Oldtimer-Plattform, schliesslich arbeite ich seit August vorigen Jahres als Praktikant bei Zwischengas. Vielmehr weist der Titel auf meinen allerersten Gangwechsel nach alter Schule hin. Wie bitte, mögen Sie nun erschrocken und empört aufschnauben, bei Zwischengas arbeiten Leute, die ebendieses Manöver beim Herunterschalten noch nie vorgenommen haben?
Bevor Sie nun einen Shitstorm heraufbeschwören, habe ich zu meiner Verteidigung vorzubringen, dass mir die Fahrtüchtigkeit erst vor 15 Monaten bescheinigt wurde. Und selbstverständlich bin ich schon davor in den Genuss unseres liebevoll „Tomate“ genannten Fiat Nuova 500 von 1973 gekommen, nur habe ich dessen entwaffnend ehrliche Einfachheit bis anhin nur vom Beifahrersitz aus erlebt. Heute soll sich das ändern.
Der kleine unsynchronisierte Fiat steht im Ohringer Industriegebiet nahe Winterthur und ich finde mich hinter dem (nicht originalen) winzigen Lenkrad wieder. Mein Vater erklärt mir das Startprozedere und gleich danach heisst es Schlüssel drehen, Choke ziehen und Anlasser betätigen. Je neun Pferde in zwei Ställen erwachen und scharren rhythmisch mit den Hufen. Nach ein paar Metern gemütlichen Dahintuckerns und einem Wendemanöver, das die Abwesenheit einer helfenden Servo-Hand deutlich zu Tage treten liess, schlägt die Stunde der Wahrheit. Auskuppeln, den zierlichen Schalthebel vom dritten Gang in die neutrale Stellung bewegen, Einkuppeln und simultan ordentlich aufs Gaspedal treten, erneut Auskuppeln, in den Zweiten schalten und die Kupplung sanft wieder schliessen lassen.
Kurz durchschnaufen, die Premiere ist geglückt. Es folgen noch ein paar Repetitionen in selbiger statischer Umgebung, dann wird Kurs auf Andelfingen genommen. Ich erfahre, dass das Pilotieren eines gut 50-jährigen Kleinwagens Vorsicht im doppelten Sinn erfordert. Zum einen ermahnen die hauchzarten Türen und das Fehlen jeglicher Sicherheitssysteme zu einer defensiven Fahrweise, zum anderen verlangt das Zwischengas-Geben nach Zeit und somit auch nach vorausschauendem Blick.
Kurioserweise bereitet mir das Hoch- mehr Mühe als das Herunterschalten. Vermutlich bin ich zu ungeduldig und manövriere den Schalthebel nicht sachte genug, auf jeden Fall geht das Wechseln in den nächst höheren Gang stets mit einem mehr oder weniger ausgeprägten Ruck einher. Einzig das Schalten in den Dritten stellt mich mit seinen Regungen und Lautäusserungen regelmässig zufrieden. Allfällige Tipps hierzu dürfen sehr gerne in der Kommentarspalte platziert werden.
Zurück in Winterthur wird der Fiat mit einer Dusche für seine Mühen entlohnt. Die Fahrt in der knuffigen Kugel war erfrischend, aber auch intensiv. Das Herunterschalten erfordert Konzentration und geht mir noch nicht automatisch von der Hand und vom Fuss. Doch da die einfach gestrickte Tomate ungefiltert und unablässig über den Zustand des Strassenbelags informiert und Gangwechsel mit einem herrlich metallischen „Klonk“ bestätigt, freue ich mich schon auf die nächste Ausfahrt mit Zwischengas.