Mindestfahrleistung für Oldtimer gefordert
Wenn die Inverkehrsetzung eines Autos mindestens 30 Jahre zurückliegt und sich das Fahrzeug in gutem Originalzustand oder originalgetreu renoviertem Zustand befindet, kann es in Deutschland als automobilhistorisches Kulturgut eingestuft werden und anschliessend das "H-Kennzeichen" erhalten – soweit bekannt. Nach Ansicht der FIVA sind die deutschen Kriterien für die Oldtimer-Zulassung jedoch unzureichend. Um dem Ursprung des Wortes "Automobil" gerecht zu werden, müsse ein historisches Fahrzeug auch fahren, da es sonst lediglich ein "historisches Kulturgut" ähnlich einem Antikmöbel wäre.
Daher fordert der Weltverband der Oldtimer-Clubs nun eine jährliche Mindest-Fahrleistung für Oldtimer mit H-Kennzeichen, die bei der zweijährlichen Hauptuntersuchung kontrolliert wird. Klassikern, die nur in einer Sammlung oder einer dunklen Tiefgarage stehen und auf dem Anhänger von Treffen zu Treffen gezogen werden, soll die Oldtimer-Zulassung aberkannt werden, da sie sich nicht mehr aus eigener Kraft bewegen und somit nicht mehr "automobil" sind.
Als Untergrenze sind 1500 Kilometer pro Jahr angedacht, was bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h 30 Stunden auf der Strasse entspricht. Da Klassiker aus den Achtzigerjahren wie beispielsweise die Mercedes-Benz-Baureihe W124 häufig noch im Alltag eingesetzt werden, soll der Richtwert für jüngere Oldtimer höher liegen. Geplant ist eine Staffelung nach Jahrzehnten, um ältere Fahrzeuge nicht zu benachteiligen. Ob es Ausnahmen für Rollermobile und leistungsschwache "Schnauferl" geben wird, ist noch nicht endgültig geklärt.
Helmut Körschgen vom TÜV Süd begrüsst die Pläne zur Steigerung der Jahresfahrleistung: "Der Verkehrssicherheit käme das sehr zugute. Die meisten Schäden an Oldtimern entstehen nicht durch das Fahren, sondern durch das ungenutzte Stehen über einen längeren Zeitraum. Wenn ein Auto gefahren wird, wird es auch gewartet und ist somit in besserer technischer Verfassung. Das Risiko, mit dem Bremspedal ins Leere zu treten, ist bei einem regelmässig bewegten Oldtimer viel geringer." In Bezug auf den Erhalt von technischem Kulturgut, fügt er hinzu: "Die beste Reparatur ist, einen Schaden gar nicht erst entstehen zu lassen."
Der ADAC zeigt sich hingegen weniger begeistert und befürchtet Betrug: "Wer mehrere Oldtimer hat und nicht mit allen oft genug fahren kann, um die FIVA-Forderung zu erfüllen, wird die Autos einfach mit angehobener Antriebsachse und laufendem Motor so lange frei drehen lassen, bis die geforderte Mindestlaufleistung erreicht ist. Eine solche gesetzlich erzwungene Ressourcenverschwendung ist im Zeitalter des Umweltschutzes untragbar."
Unter Oldtimer-Besitzern dürften die Lager ebenfalls ziemlich gespalten sein.
Einen Tag später, am 2. April 2022, können wir Entwarnung geben, denn wir haben uns anlässlich des 1. April 2022 einen kleinen Spass mit unseren Lesern erlaubt. Nach unserem Kenntnisstand planen weder die FIVA noch eine andere Organisation mit genügend Einfluss (von kleinen Dorfclubs wissen wir es nicht) eine solche Regelung. Wir sind uns selbst nicht so ganz einig, ob wir eine Mindestfahrleistung begrüssen oder ablehnen würden. Zumindest einen Vorteil hätte die Idee aber: Es müsste sich niemand mehr eine künstliche Patina auf den renovierten Oldtimer malen, um den Wagen interessant aussehen zu lassen. Die Gebrauchsspuren entstünden dann einfach durch den Gebrauch.























