Oldtimer sind langsam
Sommerhitze und eine blendende Sonne mögen einem bei einer Ausfahrt dazu bringen, nicht bis zur gesetzlichen Höchstgeschwindigkeit vorzudringen. In der Schweiz beträgt diese ausserorts 80 km/h. Allerdings gibt es auch technische Gründe, sich mit dem Klassiker nicht gar so weit vorzuwagen, etwa bei Vorkriegswagen. Mein Graham-Paige etwa marschiert geradeaus problemlos jenseits der Achzigermarke, der 4.8-Liter Sechszylinder dreht dabei gemütlich vor sich hin, die hydraulischen Bremsen an diesem Wagen von 1929 schaffen Vertrauen. Allerdings, wer sich an die Papst-Geschichte erinnert, der weiss, dass es um das Fahrwerk nicht sonderlich gut bestellt ist bei dem Amerikaner der damaligen gehobenen Mittelklasse. Das bedeutet, vor Kurven gilt es gehörig Schwung aus der Kiste zu nehmen und Energie wegzunehmen. Das mag Hinterherfahrende gelegentlich irritieren. Geschieht dies jedoch mit Voraus- und Rücksicht, dann können sich alle darauf einstellen. Meistens lasse ich die genervten dann nach der Kurve vorbeiziehen, bevor ich jeweils wieder selbst das Gas öffne. Dasselbe gilt übrigens für den VW-Transporter. Ja, die T1 sind langsam – Oldtimer sind langsam und...
Fürchterlich langsam, besonders bergauf!
Wirklich alle? Natürlich nicht! Wer schon einmal von einem Alfa Romeo 6C 1750 GS überholt worden ist, oder einem Bugatti 35, der weiss das, ganz zu schweigen von jemandem, dem das Privileg gegönnt war oder ist, schon mal einen selbst gefahren zu sein. Nur, manchmal scheint die liebe Umwelt – sprich – scheinen die lieben Mitautomobilisten davon keine Kenntnis nehmen zu wollen. Wie oft schon bin ich beim Kreisverkehr in allerletzter Sekunde geschnitten worden, oder bog noch einer rasch vor mir auf die Strasse ein, obwohl keinerlei nachfolgender Verkehr zu verzeichnen war? Jaja, Oldtimer SIND eben langsam… Das heisst, wir nähern uns meistens mit Schneckentempo. Da ist noch längst Zeit zum Reinfahren. Oder – viel schlimmer – dem armen, genötigten Mitautomobilisten droht, dass er eine Weile unser Wagenheck bei gleichzeitiger Schleichfahrt betrachten muss. Das darf natürlich nicht sein, darum also immer bremsbereit sein, wenn wir im Alten unterwegs sind. Je freistehender die Scheinwerfer oder Kotflügel, dann umso mehr…
Freistehende Kotflügel und Scheinwerfer = genügend Zeit noch knapp davor in den Kreisverkehr einzubiegen...
Doch: Eine Geschwindigkeit von 80 km/h, die lässt sich mit den meisten Nachkriegswagen einigermassen unspektakulär erreichen. Es ist somit auch nicht zwingend nötig, mit 40 bis 60 über die Landstrasse zu zuckeln. Wer dies tun mag, soll sich natürlich nicht zu einer Fahrt jenseits der eigenen Grenzen hinreissen lassen, doch ich empfehle, dann lieber gleich konsequent der Gemütlichkeit zu frönen und öfters mal eine Pause einzulegen. Dies etwa, indem man zur Seite zieht und irgendwo die kilometerlange Schlange hinter einem vorbeifahren lässt. Diese Empfehlung gebe ich auch gerne jenen Passfahrern, denen es aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, bergauf mit mehr als 40 km/h zu fahren. Sollte dies beispielsweise aus Furcht vor Überhitzung geschehen, so lässt sich aus meiner eigenen Erfahrung sagen, dass eine zügige Fahrt im mittleren Drehzahlbereich wesentlich weniger Gefahr birgt, dass das Kühlwasser kocht. Aber jeder darf frei entscheiden, wie er unterwegs sein möchte. Einzig die extra dafür vorgesehenen Ausstellplätze, die sollte man dann auch benutzen – oder zumindest ab und zu in den Rückspiegel schauen.
Apropos Rückspiegel! Ich erinnere mich an eine Fahrt über den Klausenpass mit einem Freund in dessen MG BGT V8, übrigens einem von nur sieben Pressefahrzeugen mit Linkslenkung. Wir hatten gerade Unterschächen in Richtung Bürglen passiert, als uns ein Lotus Elan volles Rohr in die Kurve hinein überholte, das Auto war noch einige Jahre älter als unser MG von 1973 – ein Oldtimer, aber artgerecht bewegt.
























