Jean-Pierre Jabouille - Turbo-Pionier (Nachruf)
10.02.2023
Es gibt ein paar ganz wenige Rennfahrer, die ihr eigenes Talent der Entwicklung neuer Technologien untergeordnet haben. Einer davon war mit Sicherheit Jean Pierre Jabouille (1. Oktober 1942 - 2. Februar 2023).
Der Pariser Architekten-Sohn war in Silverstone 1977 der erste Mann der mit einem Turbo-Motor zu einem GP gestartet ist. 1979 oder ganze zwei Jahre später gewann er damit den ersten GP und initialisierte damit die grossartige Turbo-Ära. Nun ist der 80-jährige nach Patrick Tambay (4. 12. 2022) und Philippe Streiff 23. 12. 2022) der dritte französische GP-Pilot, der binnen zwei Monaten verstorben ist.
Jabouille’s Karriere begann 1965 in einem Renault R8 bei Bergrennen, wechselte aber bald mit der Hilfe seines damaligen Mechanikers und späteren Schwagers Jacques Laffite in die nationale Formel 3, wo er 1968, 69 und 71 Vizemeister wurde. Ebenfalls mit Matra wurde er dann 1976 Formel-2 Europameister.
Erst mit heute undenkbaren 32 Jahren kam 1974 in Dijon sein erstes F1-Training, denn im unterfinanzierten Team von Frank Williams konnte er sich mit dem ISO-Marlboro FW01 nicht fürs Rennen qualifizieren. So kam er erst im Alter von 33 Jahren in Le Castellet zu seinem Debüt in der Königsklasse, diesmal in einem dritten Tyrrell neben den beiden Stammfahrern Scheckter und Depailler.
Jabouille war ein richtig guter Fahrer, aber er hatte ein ein tiefes technisches Verständnis. Diese beiden Fähigkeiten brachte er in die Entwicklung des 1,5-Liter-V6 Renault-Turbomotors ein. Anfängliche grosse Probleme liessen "the yellow teapot", wie der Renault von der Konkurrenz auch genannt wurde, immer wieder verrauchen. Unermüdlich liess sich weder der stets ruhige Jabouille noch der Rest des Teams vom eingeschlagenen Weg abbringen.
Es dauerte über ein Jahr bis der Renault-Turbo zum ersten mal als vierter beim GP der USA 1978 in Watkins Glen seine allerersten WM-Punkte erobern konnte. Jabouille blieb auch 1979 neben dem jungen Heißsporn René Arnoux der stille und fleissige Arbeiter.
So ging der historische und geschichtsträchtige erste GP-Sieg eines F1-Turbo-Motors beim GP von Frankreich in Dijon 1979, neben dem unglaublichen rundenlangen Rad an Rad Duell mit diversen Berührungen um den zweiten Platz und möglichen Doppelerfolg zwischen René Arnoux und Gilles Villeneuve (Ferrari), komplett unter.
Im "Auto-Jahr" Nr 27 ist zu lesen: “Die Gegnerschaft schmunzelte bereits: Seht euch den Staatsbetrieb an. Die schaffen es nie! Die Renault Techniker aber forschten weiter und konstruierten um. Sie analysierten und probierten. Sie testeten und blamierten sich bei jedem Rennen. Aber sie gaben nicht auf. Erst der V6-Motor mit Doppelturbolader im neuen Chassis sorgte für die Sternstunde in Dijon: Jean Pierre Jabouille siegte im Grand Prix von Frankreich, René Arnoux wurde Dritter.“
Von 1975 bis 1981 startete Jabouille zu insgesamt 49 Formel-1-Rennen. Ausser im Renault sass er auch noch in einem Williams, im Tyrrell und im Ligier-Talbot. Bei all seinen F1-Rennen musste er 37 Ausfälle vergegenwärtigen. Doch bei den restlichen 12 Rennen sah er doch zweimal als Erster das Ziel (GP Frankreich 1979 und GP Österreich 1980).
Nachdem 1979 der Renault-Ingenieur Castaing das Team verliess, unterschrieb Jabouille für 1981 bei Ligier und öffnete bei Renault die Tür für den jungen Landsmann Alain Prost. Der schwere Unfall mit diversen Beinbrüchen, nach einem Aufhängungsbruch in seiner letzten Renault-Saison in Runde 26 des GP von Canada 1980, gab er 1981 dann doch im Ligier wie geplant sein Comeback, musste aber schon nach drei Rennen die Segel streichen und beendete seine Karriere als Fahrer, blieb aber als Rennleiter von Ligier und Sportchef bei Peugeot dem Rennsport noch viele Jahre treu, bevor er dann in Paris ein Restaurant eröffnete.
Auch als Langstreckenpilot überzeugte JPJ, so holte der "grosse Blonde" beim legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans zwar keinen Sieg, aber immerhin vier Podestplätze. Mit dem Alpine A220, Matra MS660, 670B und C, Renault-Alpine A442, Peugeot 905 und sogar im Sauber Mercedes C9, mit welchem er 1989 gemeinsam mit Jean-Louis Schlesser und Alain Cudini am Start war und das Rennen in der Sarthe als Fünfter beendete.