Der Reiz des Einzelstücks
22.01.2022
Gleich vorneweg: mir gefällt er auch nicht. Jedenfalls nicht so richtig. Vor allem die senkrechten Luftschlitze in den Flanken lassen den Ferrari Meera S etwas unbeholfen zusammengeschustert wirken. Für mich zieht dieser Wagen seinen Reiz vor allem aus seiner Einmaligkeit. Wenn ich also Sammler von Achtzigerjahre-Ferraris wäre und ich mir den Meera S zur Vervollständigung meiner Sammlung kaufen würde, dann würde ich auch penibelst darauf achten, dass er Wagen seine Einmaligkeit behält.
Offenbar sah das der letzte Besitzer aber anders. Ja, ich weiss: über Geschmack kann man nicht streiten; und jeder kann mit seinem Eigentum tun, was er möchte. Das heisst aber nicht, dass er es auch tun sollte. Warum kauft man sich denn ein Einzelstück, dessen Reiz zu zwei Dritteln von seinem verrückt-plüschig-technokratischen Innenraum ausgemacht wird, nur um dann den verrückt-plüschig-technokratischen Innenraum vollständig herauszureissen? Das ist in etwa so, als würde man sich den einzigen Aston Martin DB2/4 mit Supersonic-Karosserie kaufen, nur um ihn als Basis für einen Nachbau des Touring-Spiders zu verwenden, weil gerade kein anderer greifbar war. Ist nicht gerade der Witz an einem Unikat, dass niemand sonst das gleiche Teil besitzt?
Ohne den ganzen wunderbar zeitgeistigen Firlefanz ist der Meera S jedenfalls kein Einzelstück mehr – sondern nur noch ein Drittelstück. Denn die anderen 66 Prozent sehen jetzt genauso aus wie bei jedem anderen Ferrari 400i – wenn auch in einer Farbkombination, die hoffentlich doch einmalig ist. Da ich aber keine Achtzigerjahre-Ferraris sammele, kann es mir im Grunde herzlich egal sein, was der nächste Besitzer mit dem Meera S anstellen wird.
Wenn Sie mich also jetzt bitte entschuldigen wollen, ich werde mir nun den originalen Film-Mustang aus "Bullitt" kaufen. Ich bin nämlich der Meinung, Acapulco Blue stünde ihm viel besser.