Oldtimer sind beliebte Fotomotive. Vielleicht haben Sie schon einmal Ihr eigenes (oder ein fremdes altes) Auto vor dem Berliner Reichstag, vor dem Riesenrad im Prater in Wien oder vor dem Centre Pompidou fotografiert? Oder vor einem anderen illustren oder ganz einfach fotogenen Gebäude im Hintergrund? Kein Problem, dies konnten Sie in der Vergangenheit ungestraft tun, denn die sogenannte “Panoramafreiheit” erlaubte das Aufnehmen von eigentlich urheberrechtlich geschützten Bauwerken, ohne dass eine zusätzliche Lizenzvereinbarung zwischen Fotograf und Architekt (oder dessen Erben) nötig war (umfassende Erklärungen sind auf Wikipedia zu finden).
Ja klar, sagen Sie, das ist doch selbstverständlich, das Gegenteil wäre ja geradezu irrational und unrealistisch. Nun, die EU wird möglicherweise am 9. Juli 2015 das Ende dieser Panoramafreiheit beschliessen. In der anstehenden Urheberrechtsreform sollen die unterschiedlichen Auslegungen der Panoramafreiheit der Länder der EU angeglichen werden. Allerdings wird dabei nicht die freiheitliche Auslegung, wie sie etwa Deutschland, Österreich, die Niederlande, Spanien, Portugal, Grossbritannien, Norwegen oder die Schweiz (als nicht-EU-Land) kennen, als Massstab genommen, sondern eine sehr restriktive Variante, wie sie in Frankreich oder Italien heute die Norm ist. Gemäss der neuen für die EU-Länder gültigen Bestimmung (Änderungsantrag 421) wäre die gewerbliche Nutzung von Fotografien, Videomaterial oder anderen Abbildungen von Werken, die dauerhaft an physischen öffentlichen Orten platziert sind, immer an die vorherige Einwilligung der Urheber oder sonstigen Bevollmächtigten geknüpft.
Und wer jetzt denkt, dass ja kaum ein Urlaubsfoto gewerblich genutzt würde, sollte nun darüber nachdenken, dass die meisten sozialen Netzwerke wie Instagram oder Facebook selbstverständlich kommerzielle Projekte sind und die Fotografen, respektive publizierende Parteien gemäss der neuen Bestimmung abmahnungsfähig wären. Für den Journalismus (ob gedruckt oder online), für Veranstalter von Oldtimerveranstaltungen oder für uns als Zwischengas-Macher würde die neue Bestimmung viele Unannehmlichkeiten verursachen und es ist durchaus zu befürchten, dass üble Abmahnungsschlachten ihren Anfang nehmen könnten.
Noch können wir hoffen, dass das Europaparlament ein Einsehen hat und die Panoramafreiheit offener auslegt
Das Thema ist ernster, als man denken könnte. Es gibt sogar Websites “Pro Panoramafreiheit”, zum Beispiel hier. Und eine Online-Petition dazu.