Die Schnapsnadel – eine Schnapsidee?
06.03.2023
Drogen, Übermüdung, psychische Belastung – die Fahrtüchtigkeit kann durch viel mehr als nur durch Alkohol beeinträchtigt werden. Weshalb Alkoholtests wenig zielführend sind. Behauptete zumindest General Motors. Als praxisgerechtere Prüfung der Fahrtüchtigkeit stellten die Amerikaner deshalb 1973 ein System namens "Critical Tracking Task" vor, das an die Lenkung des Autos (im Bild ein Opel Rekord) gekoppelt war.
Vor Fahrtantritt musste der Fahrer zehn Sekunden lang Ausschläge eines Zeigers in einem Instrument auf der Mittelkonsole durch Lenkbewegungen korrigieren. Wenn er dreimal hintereinander durchfiel, verhinderte das CTT den Motorstart – und liess sich frühestens eine halbe Stunde später durch einen erneuten Test umstimmen.
Ein weiterer Vorteil gegenüber herkömmlichen Alkoholtests: der reine Alkoholpegel sage wenig über die Fahrtauglichkeit aus. Gewohnheitstrinker könnten mit einem höheren Promillewert immer noch besser fahren als nur leicht alkoholisierte Gelegenheitstrinker. Intern erhielt das System deshalb schnell den Spitznamen "Liquor needle" – "Schnapsnadel".
"Die Zukunft hat begonnen!" frohlockte die Automobil-Revue anlässlich der Präsentation auf dem Genfer Salon 1974. Allerdings nicht für das CTT. Obwohl das System in einer Versuchsreihe von GM überraschend zuverlässig funktionierte, konnte es sich nicht im Serienbau durchsetzen. Fast 50 Jahre später können wir deshalb sagen: Mit dem CTT wollte General Motors einer sichereren Zukunft entgegenfahren – war aber nicht fahrtüchtig.