Wird ihm die Liebe entzogen?
Nicht weniger als 27 Fiat Topolino zwischen 1936 und 1954 stehen aktuell zum Verkauf, sowohl je in der Schweiz wie auch ebensoviele in Deutschland. Diese Anzahl habe ich auf den wichtigsten On-Line-Verkaufsportalen auf die Schnelle gefunden. Alleine bei uns auf zwischengas.com sind es fünf Wagen.
Da frage ich mich: Ist den Enthusiasten die Liebe für ihre Mäuschen abhanden gekommen, dass die Fiat 500 A, B und C nun reihenweise verschachert werden sollen?
Gut, manche Angebote bewegen sich im Bereich der Fantasiepreise. Ich interpretiere dies so, dass die Erben der einstigen Besitzer vermutlich die Restaurierungskosten mit draufgeschlagen haben. Und natürlich haben sie (im Prinzip) Recht, denn ein kleines Auto kann durchaus grosse Investitionen verlangen, wenn es eine Generalsanierung nötig hat. Aber selbst Wagen im untersten Preisbereich dümpeln zum Teil seit Monaten auf den einschlägigen Kleininserateseiten herum, offenbar ohne ernsthafte Interessenten.
Dabei gehörten sie einst zu den Lieblingsklassikern überhaupt. Putzig zum Anschauen und erwachsen in ihren Manieren: Mit einem properen Vierzylindermotor und Wasserkühlung sind sie soviel mehr «Auto» als etwa der Nuova 500 mit seinem luftgekühlten Paralleltwin im Heck.
Fiat 500 B Chassis. Er hatte alles wie die grossen Autos, nur kleiner
Und dennoch, den Cinquecento kennen alle und der «Jö»-Effekt scheint da noch vollauf zu funktionieren. Der Topolino aber, warum wollen so viele Menschen ihn nun loswerden?
An der Teileversorgung kann es eigentlich auch nicht liegen. Die ist immer noch ausserordentlich gut und die Preise scheinen gemässigt. Mechanische Wehwehchen sollten damit alle zu beheben sein, selbst Blechteile gibt es – und manches Zubehör.
Allerdings, jene Menschen, die den «Topi» damals noch im Strassenalltag erlebten, werden weniger. Mein Vater etwa erinnerte sich, wie sie als Quartier-Jungs zwei-dreimal einem Nachbarn Nachts das Auto «ausgeliehen» haben. Viele liessen in der Schweiz damals den Zündschlüssel einfach im Schloss stecken. Das Auto war ein Fiat Topolino und zählte nach der nächtlichen Ehrenrunde jeweils 2-3 Kilometer mehr auf dem Zähler.
«Dutti», der Migros-Gründer fuhr Fiat Topolino
Der Gründer des grössten Schweizer Detailhändlers, der Migros, Gottlieb Duttweiler fuhr ebenfalls Fiat Topolino. Das hat mich schon damals als Kind fasziniert, als ich mir vorgestellt habe, dass diesem Mann all jene Spielzeugautos gehört haben sollen, die in der Migros verkauft wurden – eindrücklich! Aber dann dieses kleine Auto – unverständlich.
So richtig zum Alltag gehörte der Topolino in meiner Jugend aber nicht mehr. In meiner Heimatstadt Luzern stand immerhin oft ein grüner «Topi» mit Gepäckbrücke auf der Strasse parkiert. Er diente offenbar noch in den 1980er-Jahren einem Enthusiasten als Alltagswagen, zumindest im Sommer. Ja, auch der erste Kollege von mir, der je mit einem Klassiker daher gefahren kam, ist damals Ende der 1980er-Jahre mit Vaters Topolino B an eine «Pfadi»-Veranstaltung gekommen.
Heute selten und daher noch immer begehrt: Der «Woody» Giardiniera
Und das erste Auto, an dem ich je geschraubt habe, war ein dunkelblauer Topolino C. Dem Auto habe ich im Auftrag des Garagisten, bei dem ich einen Monat arbeiten ging um zu wissen, ob das Schrauben mein Lebensinhalt werden könnte, den Motor ausgebaut – und diesen dann rot angepimpert.
Ja, selbst die ersten Meter alleine am Steuer eines Autos habe ich mit einem Topolino zurückgelegt, dies in derselben Garage. Es war ein grauer 500 C Giardiniera eines in Luzern bekannten Italienischen Gastronomen. An diesem hatte ich zuvor die Stossdämpfer gewechselt.
Nun werden sie offenbar abgestossen, verkauft, aufgegeben… Neulich, bei der Auktion von Emil Frey Classics in Safenwil wurde ein 500 C mit etwas Arbeitsbedarf für nur 3206 Franken samt 11 Prozent Aufgeld an ein junges Paar verkauft – immerhin! Vielleicht sollte man tatsächlich jetzt zuschlagen. Überlegt habe ich es mir jedenfalls.






















