Lesenswerte 125 Jahre Auto im aktuellen Heft von Auto Motor und Sport
Normalerweise kauft sich der Oldtimer-Enthusiast am Zeitschriften-Kiosk ja nicht “Auto Motor und Sport”, sondern eher die auf sein Interesse fokussierenden Oldtimer-Zeitschriften. Diese Woche lohnt es sich aber, eine Ausnahme zu machen und AMS 4/2011 zu kaufen, denn das Thema ist “125 Jahre Auto”.
Die Macher von AMS haben sich voll ins Zeug gelegt, um die letzten 125 Jahre Automobil in Wort und Bild auf rund 220 Seiten zusammenzufassen und Prägendes und Interessantes herauszuarbeiten. Und das ist ihnen ganz überzeugend gelungen! Da wurden viele Stunden für Bildsuche, Archiv-Recherchen und Gespräche mit Fachleuten aufgebracht.
Die Epochen 1886-1910, 1911-1935, 1936-1960, 1961-1985 und 1986-2011 werden kapitelweise behandelt, interessante Fahrzeuge aus der Epoche portraitiert und Aushängeschilder aufgelistet.
Viele Spezialthemen runden das Thema ab, z.B. ein Artikel über die Geschichte des Elektromobils. Wussten Sie, dass bereits 1899 ein Elektromobil als erstes Auto der Welt 100 km/h überschritt? Lesenswert sind sicher auch die Gedanken des bei vielen Leuten umstrittenen Chris Bangle über die Design-Historie (der Lamborghini Countach ist für Bangle übrigens ein bahnbrechendes Design). Schön auch der Rückblick auf Autoproduktionsmethoden und -verfahren. Zum Grübeln bringen könnte einem die Umrechnung von früheren Preisen auf die heutige Kaufkraft, man kann sich kaum vorstellen, dass ein Liter Benzin um 1920 7.60 heutige Euro gekostet hätte, oder dass ein Auto 1910 den Käufer im Schnitt um 220’000 Euros ärmer gemacht hätte. Zum Schmunzeln bringen wird sicher auch manchen Leser die Entwicklung der Autorennfahrer-Anzüge und -Accessoires oder die Erinnerung an Alltagsgegenstände aus vergangenen Tagen.
Amüsant sind auch einige der erwähnten Zitate. Beispiele gefällig?
- “Die Erfindung eines Gottlieb Daimler wird für die Entwicklung des Verkehrs wohl ohne grosse Bedeutung bleiben”, stand 1896 im Grossen Brockhaus.
- “Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung”, meinte Wilhelm II, der von 1859 bis 1941 lebte.
- “Ich bin der Meinung, dass das, was man uns hier offeriert, keinen Cent wert ist”, sagte Henry Ford II, als ihm Volkswagen 1948 zum Kauf angeboten wurde.
- “In Deutschland wird es nie mehr so viele Autos geben, dass man eine Autozeitschrift brauchen würde”, meinte ein französischer Presseoffizier 1946, als die Herren Pietsch und Troeltsch um die Erlaubnis für die Veröffentlichung von “Das Auto” anfragten.
- Und nochmals Henry Ford: “Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt, schnellere Pferde.”
Durch das ganze Heft hindurch wird auch immer die Vergangenheit der Gegenwart gegenübergestellt, das schafft viele interessante Vergleiche.
Und auch die Anhänger der schnelleren und sportlicheren Fortbewegung kommen auf die Rechnung, haben doch die AMS-Redakteure die fünf aus ihrer Sicht grössten Autorennen (Nürburgring 1928, Mille Miglia 1957, Le Mans 1969, Indianapolis 1992 und Jerez 1997) herausgefiltert. Und Rennwagen (Le Mans-Bentleys, Formel-1-Mercedes, Rallye-Minis) von einst und heute werden miteinander verglichen.
Schön ist, dass auch die Autombil-Marketingleute (teilweise) mitgemacht haben und Werbungen kreierten, die das Thema (125 Jahre) aufnehmen und aus der jeweiligen Sicht darstellen. Unterhaltsam hier ist zum Beispiel die Volvo-Idee, statt Autos die Mode der letzten 125 Jahre zu illustrieren.
Also nichts wie hin zum Kiosk, selten gibt es so viel Information und so gute Unterhaltung für 3.50 Euro.


















