Vanina Ickx – Vater-Tochter-Beziehung
Jacky Ickx hat in jeder Rennklasse, in der er angetreten ist, Erfolge feiern können. Er war zweimal Vize-Weltmeister der Formel 1, hat sechsmal in Le Mans gewonnen, war bei der Paris-Dakar erfolgreich und fuhr auch in der Langstreckenmeisterschaft vorne mit. Ickx' Rennfahrerkarriere reichte von den 1960er-Jahren bis in die 1990er-Jahre, als er sich vom aktiven Motorsport zurückzog. Dass der Belgier Rennfahrer wurde, schien zwar offensichtlich – Jackys Vater Jacques Ickx war ein Motorjournalist und damit dem Motorsport eng verbunden –, doch wie Jacky heute erzählt, hätte er ebenso gut Gärtner werden können. Als Kind hätte er sich zudem auch eine Zukunft als Zoowärter vorstellen können. Auf den Geschmack des Schnellfahrens habe ihn erst eine 50-Kubik-Zündapp gebracht, die ihm der Vater organisiert hatte und auf welcher der Jüngling erstmals in direkten Kontakt mit einem Motor gekommen sei. Jacky Ickx feierte seine ersten Rennerfolge auf zwei Rädern in der Schnapsglas-Klasse.
Wir trafen Jacky Ickx zusammen mit seiner Tochter Vanina während eines Anlasses seines neuen Kooperationspartners Genesis in Zürich. Die sehr junge Marke aus Korea existiert erst seit neun Jahren. Nun beabsichtigt die Marke, im kommenden Jahr in die Hypercar-Klasse der World Endurance Championship WEC einzusteigen. Die fehlende Motorsport-Vergangenheit des ambitionierten, neuen Premium-Anbieters aus dem Hause Hyundai bereitet Jacky Ickx aber ganz offenkundig keinerlei Mühe, den direkten Link zwischen den Koreanern uns seiner eigenen Vergangenheit herzustellen. Die Parallelen sieht der Belgier bei der Form der Teamarbeit, beim Hinten-Anstellen eigener Bedürfnisse zugunsten des Gesamtresultats – und wohl auch eine weit grössere Achtung der Seniorität und Lebenserfahrung durch die Asiaten. Eine Form von Teamarbeit ist auch die Familie, wie Ickx betont. Vanina Ickx, seine Begleitung in Zürich, ist die jüngere von zwei Töchtern aus Jackys Ehe mit Catherine Blaton.
"Es ist schön, sich gelegentlich zu sehen, selbst wenn es halt nur bei solchen gemeinsamen Auftritten ist.", meinte Jacky lachend. Vanina lebt mit ihrem Partner und dem gemeinsamen Sohn in Wiesbaden; Vater Jacky hat sich mit seiner dritten Ehefrau Khadja Nin in der Nähe von Waterloo niedergelassen. Zur Frage, wie sie zum Motorsport gefunden habe (Vanina Ickx war von 1996 bis 2012 aktiv) tönte es überraschend ähnlich wie bei ihrem Vater: "Autorennen haben mich als Kind herzlich wenig interessiert, ich war ein richtiges Pferde-Mädchen und auch mit Pferdesport beschäftigt. Und Vater hat seine Welt nicht gross in die Familie hineingetragen, selbst wenn wir als Kinder ab und zu mit an der Rennstrecke waren.", sagte die knapp 50-jährige Vanina. "Erst mit dem Führerschein bin ich auf den Geschmack des Autofahrens gekommen. Ab diesem Moment habe ich angefangen, mich näher mit Autos zu beschäftigen. Tipps dazu gab es aber vom Vater keine. Der Einstieg in den Motorsport erfolgte dazu eher zufällig. In einem Fitnessclub traf ich damals eine Freundin, die mich fragte, ob ich ihr Cockpit in einem BMW-Tourenwagen übernehmen wolle, da sie schwanger sei und darum mit dem Rennfahren pausieren müsse. Eine Ahnung vom Rennenfahren hatte ich damals wirklich keine!"
Gewiss, Vanina Ickx mag ihr berühmter Name als Motorsport-Rookie womöglich etwas geholfen haben. Sie sah als Frau ihr Engagement aber auch stets realistisch und teilt damit bis heute ihre Einschätzung zu den eigenen Chancen mit der damaligen Sicht ihres Vaters, der einst sehr überzeugt verkündet hatte, dass Rennfahren ein Männersport sei. Vater Ickx äussert sich heute aber etwas differenzierter, und so fügte Jacky an jenem Abend hinzu, dass es physisch keinerlei Grund gebe, warum Frauen nicht ebenso erfolgreich im Cockpit sein könnten wie Männer. Die Tochter aber bestätigte, dass die Art zu Kämpfen, ein gewisser Stolz der Männer und noch immer herrschende, zum Teil diffuse Vorbehalte definitiv zu dieser an sich altmodischen Aussage berechtigen würden: Motorsport sei ein Männersport geblieben: "Als Frau wird man definitiv anders gemessen denn als Mann, da nützt auch ein bekannter Name herzhaft wenig. Als Frau reicht es nicht, gleich gut zu sein."
"Es war interessant, meinem Vater in einer anderen, neuen Art zu begegnen.", meinte Vanina Ickx zu ihren gemeinsamen Auftritten als Rennteam etwa bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps oder bei der Rallye Paris-Dakar. Vanina Ickx' Rennkariere war geprägt von vielen Wechseln und Starts in mancherlei Rennserien, vom Mini bis zur LMP1 und auch von einigen Rennen im Monoposto. Der richtige Durchbruch gelang ihr aber nie, womöglich war ihr Einstieg erst mit knapp 20 Jahren in die Welt des Motorsports doch zu spät und ein nicht wiedergutzumachendes Handicap. Zudem war es stets ihr Ziel geblieben, das Biologiestudium abzuschliessen. "Mein Vater hat mir nie reingefunkt. Klar haben wir uns bei Gelegenheit ausgetauscht – halt so, wie man das von Rennfahrer zu Rennfahrerin macht – aber er hat stets meine Unabhängigkeit gefördert und sich immer im Hintergrund gehalten."
Genauso wie es einst Vater Ickx bei seinem Sohn Jacky gehandhabt hatte, so hat sich auch auf die Tochter die Leidenschaft ohne aktives Zutun der Eltern übertragen. Und heute sitzen Vater und Tochter, deren Motorsportkarrieren zwar sehr verschiedene Verläufe genommen haben, gemeinsam auf einer Bühne. Beim Abend in Zürich wurde damit deutlich, dass sich Begeisterung durchaus auch mit der reinen Vorbildrolle übertragen lässt – aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass sich persönliche Leidenschaften nicht automatisch vererben.




















