Hätte ja auch nur eine Bibel sein können ...
Während die 8. Rallye Peking-Paris mittlerweile über die Mongolei, Kyrgyzstan, Uzbekistan, Kazakhstan und Aserbaidschan in Richtung der französischen Hauptstadt unterwegs ist, fand ich im Nachlass meines Vaters ein Buch von 1923, welches die erste Rallye aus dem Jahre 1907 beschreibt. Es ist bereits die dritte Auflage des Buches, welches dieses frühe Autorennen dokumentiert. Für die damals 16'000 km, für die es teilweise weder Strassen geschweige denn Kartenmaterial gab, meldeten sich auf die Ausschreibung der Pariser Zeitung "Le Matin“ vom 31. Januar 1907 satte 40 Teilnehmer, von denen aber schliesslich nur fünf Teams die Schiffsreise nach Peking antraten.
Obwohl die Rallye aufgrund zu weniger Teilnehmer eigentlich abgesagt wurde, starteten die fünf in Peking angekommenen Teams das Abenteuer auf eigene Faust. Als Siegerprämie wartete in Paris eine Magnum-Flasche Mumm-Champagner. Treibstoff wurde in Fässern auf Kamel-Rücken und Ersatzteile mit der "Transsibirischen Eisenbahn" zu vorher definierten Stationen gebracht. Am Ende gewann der italienische Fürst Scipione Borghese mit dem 7,5-Liter-Itala mit 45 PS gemeinsam mit seinem Mechaniker Ettore Guizzardi das "Rennen". Sie kamen am 10. August 1907 in Paris an, 20 Tage (!) vor dem zweitplatzierten Spyker 15 HP mit Charles Goddard und Jean du Taillis.
Mit dem Siegerteam reiste auch noch ein Reporter des "Corriere della Sera” namens Luigi Barzini mit, der die gesamte Reise dokumentierte und 1908 das Buch "Peking-Paris im Automobil: eine Wettfahrt durch Asien und Europa in sechzig Tagen" publizierte.
Scipione Borghese schrieb in der Einleitung, des noch in alter deutscher Schrift verfassten Buches im September 1907 folgendes:
"Als ich die Herausforderung des Pariser 'Le Matin' annahm, hatte ich folgendes Ziel vor Augen: Zu zeigen, dass ein gut gebautes, mit Umsicht und Sorgfalt geleitetes Automobil im Stande ist, auf langen Reisen durch Gelände, mit oder ohne Strassen, die Zugtiere tatsächlich zu ersetzen. Was tut es, wenn das Automobil wenige Meter weit von Menschenarmen gezogen wird; was verschlägt es, wenn man es von Zeit zu Zeit mit Hilfe von Seilen und Hebeln aus dem Sumpf oder aus dem Sand herausholen oder es auf eine Fähre oder einen Kahn laden muss, um Wasserläufe zu überschreiten, die man nicht durchwaten kann? Sind diese kurzen Hemmnisse, die wenige Stunden Verspätung bedeuten, vorüber, so ist die Maschine wieder zu ihrer gewohnten Kraftentfaltung befähigt, die kein Zugtier so lange und so ununterbrochen aushalten könnte, die sie aber ohne nennenswerte Beschädigung in zuverlässiger, andauernder Arbeitsleistung übersteht.
Also hat sich doch jemand gefunden, der nach allem – trotz unserer zweimonatigen Anstrengungen, trotz der Felsen, Flüsse, Wüsten und Wälder, Sümpfe und Bankette, die wir hinter uns haben – der nach alledem behauptet, dass unsere Reise nur das Eine bewiesen habe, dass man im Automobil nicht von Peking nach Paris fahren könne! Der Satz hat in seiner Aufrichtigkeit etwas barbarisches an sich. Aber, gestehen wir es nur zu, er ist buchstäblich richtig, und gerade wir haben bewiesen, dass es heutzutage bei ausschliesslicher Benutzung des Motors eines Automobils unmöglich ist, sich in ununterbrochener Fahrt und in die weichen Kissen des Fahrzeugs gelehnt von Peking nach Paris zu begeben. Es würde daher vom finanziellen Standpunkt aus nicht zu empfehlen sein, auf Grund unserer Erfahrung eine regelmässige Automobillinie einzurichten, um die kleinen, höchst eleganten chinesischen Chansonetten von der Hauptstadt des himmlischen Reichs nach dem Moulin Rouge in Paris zu befördern, ohne ihre winzigen Füsschen nur im geringsten zu ermüden.“
Wer mehr über die nicht mehr ganz 16'000 km lange Abenteuer-Reise erfahren will, der kann am kommenden Montag, 24. Juni, die Schweizer Teams in Sarnen (Kanton Obwalden) mit in Empfang nehmen. Ab 17:00 Uhr werden sie (natürlich mit ihren Fahrzeugen) direkt aus Paris auf dem Dorfplatz erwartet.






















