Rétromobile für Kurzentschlossene, eine Bugatti-Frage und ein Versprechen
C'est géant, la Rétromobile. Ja, soo gross hätte ich sie mir nicht vorgestellt, die "Saisoneröffnung der Klassikmessen" in Paris, die am 4. Februar zur Voreröffnung und am 5. Februar für die Allgemeinheit die Tore geöffnet hat und noch bis 9. Februar dauern wird. Man darf sagen: Schön ist sie, vielfältig und ein gelungener Spagat zwischen Klassikern der Spitzenklasse und den sympathischen Alltagsautos vornehmlich französischer Provenienz. Sehr erfreulich ist der Umfang der Vorkriegsware – und dies in jeder Hinsicht. Das heisst sowohl bei den Autos wie auch den Teilen und natürlich beim Zubehör und Automobilia.
Sehr gepflegt auch, sind die Stände der Modell- und Spielzeughändler. Was erfreulich fehlt, sind jene Zeitgenossen, die einem Flohmarktartikel als Antikquitäten andrehen wollen. Einzig die kleine Auswahl an Vakuum-Scheibenwischern, die ich gefunden habe, war samt und sonders unbrauchbar. Die Zinkpest scheint vor keinem original-alten Trico-Gehäuse halt gemacht zu haben. Ich vermute, es bräuchte hier mal jemanden, der sich an einem 3D-Druck-Versuch wagt. Doch sonst: Ich habe noch nie so viele Steigstrom-Vergaser an einem Ort gesehen. Dies darf man durchaus auch symbolisch verstehen. Man fühlt sich als Vorkriegs-Liebhaber an der Rétromobile bestens verstanden.
Lehmann Tut-Tut-Auto, ein Klassiker der 1920er-Jahre
Sehr gelungen ist die Sonderausstellung zu 100 Jahren Kégresse-Hinstin, den Citroën-Fahrzeugen mit Raupenantrieb. Aus privater Sammlerhand wie von Citroën stammen die sehr berührend unberührten Zeitzeugen der "Croisière Noire" und "Croisière Jaune". Zum Teil präsentieren sich die Wagen genau so, wie sie damals wohl aus dem Schiff ausgeladen wurden, als sie nach erfolgreichen Abenteuern wieder französischen Boden erreicht hatten. Einzig offene Frage ist an der Rétromobile, ob es sich beim herbeigeschafften Sand um jenen aus der Sahara oder der Wüste Gobi handelt. Ich vermute allerdings: Aus der örtlichen Kiesgrube, mais ça n'a pas d'importance. Gut sieht's aus, und das Zelt hat besseren Halt.
70 Jahre Citroën DS, das Messe-Sujet der DS auf Luft und Wasser zur diesjährigen Rétromobile
Wirklich wunderlich ist der Umstand, dass ich nicht weniger als sechs Bugatti 59 gezählt habe. Mir war, es seien damals sechs gebaut worden. Drei der anwesenden 59er reklamierten dabei, wirkliche Originale zu sein. Ein vierter ebenso, und bei den weiteren hatte ich das Gefühl, ich frage gar nicht erst. Aber möglich wäre es, dass alle da waren, was vermutlich reiner Zufall ist. Vielleicht kommt es jemandem in den Sinn, die Wagen vor dem Ende der Messe noch irgendwie zusammenzubringen.
Drei von sechs Bugatti 59, offenbar haben es alle nach Paris geschafft!
Nicht zusammenbringen konnte ich die Suche nach einem "Balkongeländer", einem dieser Scherengitter, die man ans Trittbrett eines Vorkriegswagens geschraubt hat, um einen Koffer seitlich am Auto mitzuführen. Womöglich ist es gut so – ich hätte versucht es mit ins Flugzeug zu nehmen. Dafür hat mich manches alte Blechspielzeug gereizt. Auch hier ist die Auswahl grandios. Die Preise sind es allerdings auch.
Viel Vorkrieg- oder gar Vor-Vorkriegsware in Paris
Mit nach Hause genommen habe ich viele Eindrücke, einige Bilder, verschiedene Modellautos und die Information von Renault, dass man sich künftig intensiv um die Besitzer klassischer Renaults kümmern will – nicht nur mit etwas Merchandise, sondernn dass man die Zusammenarbeit mit Spezialisten und Teilehändlern sucht, diese in einen Verbund integrieren will und mit vermehrter Unterstützung bedienen. Das sind sehr erfreuliche Töne und eine Premiere seitens eines französischen Herstellers, wo man gemeinhin eher weniger das Gefühl hatte, dass man als Klassik-Enthusiast überhaupt von offizieller Seite wahrgenommen wird. Also: Good News! Wir werden demnächst tiefer darauf eingehen, was Renault alles vorhat.
Fazit: Wer Zeit hat und die Möglichkeit, für den gilt: Paris ist eine Reise wert, definitiv!
Und wer sich noch etwas inspirieren lassen möchte, für den haben wir einen kleinen Bilderreigen zusammengestellt, durch den man sich bequem auf dem Sofa durchklicken kann.
P.S. Am Rande sei noch erwähnt, dass der Ferrari 250 LM, der 1964 die 24 Stunden von Le Mans mit Rindt/Gregory am Steuer gewonnen hat, von RM für EUR 34,88 Millionen verkauft wurde. Damit wäre auch klar, welches Auto 2025 nach dem W196R vom Wochenende zuvor als zweitteuerster Wagen in die Statistik eingeht.































