Amerikanische Autos oder Autos aus Amerika?
Trump will es durchziehen und die Zölle für Importautos und Teile für Autos ab 3. April um 25 Prozent erhöhen. Er erhofft sich damit, dass wieder mehr Wertschöpfung im Land verbleibt und erwartet damit eine Re-Industrialisierung. Dass heute rund 50 Prozent aller in den USA verkauften Autos aus dem Ausland stammen, ist aber zu einem guten Stück nicht die «Schuld» der ausländischen Hersteller, sofern man dieses Wort überhaupt in diesem Zusammenhang gebrauchen kann. Die US-Hersteller haben schon sehr früh den Wegzug ihrer eigenen Autoindustrie ins Ausland vorangetrieben.
      
    
Jeep Produktion in Toledo (Ohio) in den USA
Dies hatte sehr lange, zugegeben, mit der Zoll- und Handelspolitik jener Länder zu tun, in denen die US-Autobauer präsent sein wollten, doch in einer freien Marktwirtschaft waren es stets die Amerikaner, die sich die besten und ökonomisch günstigsten Lösungen aussuchten. Nationale Befindlichkeiten spielten da meistens eine untergeordnete Rolle. Oberstes Ziel war es, Geld zu verdienen, nicht patriotischen Ideen nachzueifern. In der jüngeren Geschichte waren aber nicht mehr Zölle, sondern niedrigere Produktionskosten im Ausland (Energie und Löhne) der Hauptgrund für den Abzug von Produktionskapazitäten.
      
    
Als die Welt noch in Ordnung schien: Mercury Cougar, gebaut 1973 in Fords Fabrik in Dearborn MI
Nehmen wir als Beispiel Ford, bereits 1911 eröffnete der Hersteller seine erste Überseefabrik in Trafford Park in England. Diese Produktionsstätte wurde 1931 von Dagenham abgelöst. In Südamerika begann 1916 der Bau von Ford-Automobilen, um 1925 existierten rund um den Globus, in fast jedem halbwegs industrialisierten Land Ford-Fabriken oder Montagewerke, manche davon, wie die 1931 eröffneten Ford-Werke in Köln sollten sich zu eigenständigen Herstellern entwickeln, mit eigenen Modellen und eigener Versuchsabteilung. Die eindrücklichen 40 Prozent Marktanteil von Ford auf dem Weltmarkt in den 1920er-Jahren wurden bereits damals nicht ausschliesslich mit der Produktion in US-Fabriken abgedeckt.
Wer die jüngsten Ereignisse bei Ford Europe beobachtet, stellt aber fest, dass die einstige Diversifizierung, die geschickte Handhabe der Wünsche individueller Märkte, die bei Ford nach der Verabschiedung des Einheitsmodells T, des ersten Weltautos, eingesetzt hatte und bis heute nachhallt, am Abflauen ist. Nach dem Verschwinden kleinerer, nahezu autonomer «Zellen» mit ihrer eigenen Produktestruktur wie in Frankreich bereits 1954 mit dem Verkauf der Ford-Fabrik an Simca (die Vedette) oder in UK in den 1970er-Jahren mit der Vereinheitlichung des Modellprogramms mit Köln, in jüngerer Zeit etwa mit der gänzlichen Auflösung der von Ford dominierten Autoindustrie Australiens, sieht es auch für Europa nun so aus, als ob sich die «blaue Pflaume» wieder vermehrt in die USA zurückziehen will und die Modelle für Europa von dort aus entwickeln. Mit welcher Lust und welchem Effort das sein wird, sei dahingestellt.
      
    
Ford-Fabrik in Saarlouis in den 1970er-Jahren, hier wurde zuerst der Ford Escort gebaut. Das Ende der Autoproduktion ist per November 2025 angekündigt, das Gelände übernimmt die Gesellschaft zur Wirtschaftsförderung des Saarlands.
Eine ähnliche Geschichte liesse sich auch von General Motors erzählen, allerdings ist der Rückzug aus Europa hier schon ziemlich gründlich abgewickelt, mit dem Verkauf von Vauxhall/Opel an PSA 2017 ist der einst grösste Autobauer der Welt in Europa – mit Marginalien wie der Corvette oder Cadillac – zu einer Randnotiz verkommen. Derweil haben die koreanischen Hersteller in Europa Fuss gefasst, nicht nur mit Produktionsstätten. Das «Hyundai Motor Technical Center Europe» liegt nicht ganz zufällig da, wo einst eine GM-Niederlassung einen grossen Stab an Entwicklungsingenieuren beschäftig hat: In Rüsselsheim.
Will man also einen Blick in die Zukunft wagen, so kann die Abschottung des US-Marktes durch höhere Importzölle nur eines bedeuten: Der Markt wird schrumpfen, weil Autos teurer werden, nicht nur jene, die importiert werden, sondern auch solche die lokal produziert werden, denn die Händler werden beim allgemeinen Trend der Preissteigerungen ganz gewiss nicht differenzieren zwischen Imports und US-produzierten Autos. Zudem ist es für den Käufer gar nicht mehr so leicht, sich ein Bild zu machen, denn manches als US-Auto vermutete Modell wird in Wahrheit in Kanada oder Mexiko gebaut. Hinzu kommt, dass rund 60 Prozent aller verbauten Komponenten von US-Autos ebenso im Ausland hergestellt werden. Bei Chrysler etwa sieht die Situation so aus: Von insgesamt 31 Produktionsstätten in Nordamerika befinden sich 18 in den USA, 7 in Mexiko und 6 in Kanada. Besonders auch die Werke im Ausland produzieren Schlüsselmodelle der Marke, so das Werk Saltillo in Mexiko die grossen RAM-Trucks oder Windsor in Kanada die Minivans Pacifica oder Voyager. Bisher war dies kein Problem, weder für den Hersteller noch für die Autokäufer.
      
    
Ein Dodge Challenger R/T rollt im Werk Brampton in Kanada vom Band
Was also droht, ist nicht nur eine Auto-Absatzkrise, sondern auch ein weiterer Bedeutungsverlust der US-Autoindustrie. Denn mit Abschottung wird sie sich auch von den aktuell aktivsten Treibern der Automobilentwicklung weiter entfernen. Diese sitzen längst nicht mehr in Detroit, allerdings auch nicht mehr unbedingt in Wolfsburg, München oder in Stuttgart, sondern in China. Und die Chinesen sind am Standorte evaluieren und Allianzen schmieden, deren Ziel es sein wird, Modelle in Europa zu bauen.
Selbst ohne die komplexen Zusammenhänge einer international dicht verwobenen Industrie im Detail zu kennen, gibt es zur aktuellen Entwicklung des internationalen Autohandels zwischen der Welt und den USA – gestört durch massive Manipulationen – nur einen passenden Begriff: «Bullshit!»





















