Schon in den Fünfzigerjahre gehörte man im Porsche zu den Privilegierten, zu jenen, die etwas schneller ans Ziel kamen und dabei mehr Spass hatten. Mit dem Modell 356 schufen die Ingenieure um Ferdinand Porsche einen zuverlässigen Sportwagen, der den Spagat zwischen Strassenkomfort und Rennstrecke besser als die meisten anderen Autos jener Zeit schafften.
Stetige Verfeinerung
Es war im Sommer 1948, als die Automobil Revue frühe Erfahrungen mit dem erstgebauten Porsche 356 machen konnte. Der Zürcher R. von Senger hatte ihn in Auftrag gegeben. Es handelte sich dabei um ein Mittelmotor-Cabriolet mit geknickter Frontscheibe, das viele Teiles des VW Käfers, nicht aber dessen Grundplattform übernahm. Den 1,1-Liter-Motor hatten die Porsche-Ingenieure auf rund 40 PS steigern können.
550 kg schwer war der erste Porsche, seine Leistungsgewicht lautete also 13,8 kg pro PS, damit eignete sich dieser Wagen sowohl für alltägliche Fahrten als auch für die Rennstrecke.
In Serie gebaut sollten allerdings nicht offene, sondern geschlossene Coupé-Varianten mit Heckmotor werden. Und so geschah es dann auch.
Stetig verfeinerten die Leute um Ferdinand Porsche den kleinen Sportwagen. Bis 1955 blieb es bei der geknickten Frontscheibe, ab 1952 immerhin ohne Mittelsteg.
Dann erschien im Herbst 1955 das Modell 356 A, das es mit 1,3-Liter-Motor, sowie vor allem mit 1,6-Liter-Motor mit 60 und 75 PS (sowie zusätzlich als Carrera mit dem Königswellenmotor und deutlich mehr Leistung) gab. Von Oktober 1955 bis September 1959 wurden 21’045 Exemplare des 356 A gebaut. Ihm folgten dann die Varianten 356 B und C, die bis zur Ablösung durch den Sechszylinder 901/911 im Jahr 1965.
Effizientes Konzept
Wie sein Vorgänger besass auch der 356 A einen Heckmotor. Dieser wies vier Zylinder und eine zentrale Nockenwelle auf, der die hängenden Ventile über Stossstangen und Kipphebel ansteuerte. Natürlich war er luftgekühlt. Im 1600 S leistete er dank zwei Fallstromvergasern von Solex bei einer Kompression von 8,5:1 75 PS bei 5000 Umdrehungen und lieferte ein maximales Drehmoment von 11,9 mkg bei 3700 Umdrehungen. So gerüstet war der 356 für 175 km/h Spitze, bei einem Normverbrauch von 8,2 Liter pro 100 km gut.
Vier sperrsynchonisierte Vorwärtsgänge standen für die Übertragung der Leistung auf die Strasse zur Verfügung.
Die Karosserie sass auf einem gepressten und geschweissten Kastenrahmen. Vorne führten zwei Kurbellängslenker die Räder, hinten eine Pendelachse mit Längslenkern. Für die Federung sorgten Quertorsionsstäbe, unterstützt von Teleskopstossdämpfern.
Der Porsche 356 A war kompakt, in der Länge mass er 395 cm, in der Breite 167 cm und in der Höhe 131 cm.
Nicht billig!
In der Schweiz kostete das 356 A 1600 S Coupé im Jahr 1957 CHF 17’000, damit kostete er gut dreimal soviel wie ein VW Käfer Standard (CHF 5555), mit dem er ja durchaus verwandt war.
Als Einstieg gab es das Modell 1300 für CHF 14’770. In Deutschland wurde das zweitürige Coupé 1600 Super mit DM 13’800 notiert. Billig war Porsche-Fahren also schon damals nicht.
Ein richtiger Sportwagen?
Als schnell, sicher und wirtschaftlich beschrieb die Automobil Revue schon den Vorgänger des 356 A, den Serien 1,3-Liter von 1951. Und der brauchte immerhin 21 Sekunden für den Spurt auf 100 km/h und lief 143 km/h im Schnitt.
Der 356 A von 1956 konnte dies deutlich besser. Selbst als “Dame”, so wurde die schwächere 1600-er-Ausführung genannt, lief er mit 60 PS locker 163 km/h und schaffte den Standard-Sprint von 0 bis 100 km/h in 15 Sekunden. Dabei verbrauchte er im Testbetrieb gerade einmal 8,6 Liter pro 100 km, während sein Vorgänger noch 10,9 Liter benötigt hatte.
Noch sportlicher ausgelegt war der 1600 Super, der dank Hirth-Kurbelwelle mit Rollenlagern, modifizierten Nockenwellen und grösserer Vergaser (Solex 40 PCIB anstatt 32 PBIC) 75 PS bei 5000 Umdrehungen leistete. Damit konnten die 880 kg fahrfertiges Gewicht in 14,2 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt werden und eine Spitzengeschwindigkeit von 182 km/h erreicht werden. Das war ziemlich überzeugend damals, an der Sportlichkeit zweifelte jedenfalls niemand.
H. U. Wieselmann stieg für seinen Test der Modelle 1600 und 1600 S vom Carrera (mit 100 PS) in die volkstümlicheren Modelle um und meinte: “Immer wird es eine Reihe von Nicht-ganz-ernst-zu-Nehmenden, um nicht zu sagen: Verrückten geben, die wunschlos glücklich sind, wenn sie in 8 Stunden von München nach Lübeck fahren und erst bei 170 km/h in den 4. Gang schalten. Ich gehöre selbst dazu. Von ihnen kann keine Automobilfabrik existieren. Wohl aber von der viel größeren Zahl jener ,die ein verhältnismäßig schnelles, im Preise erschwingliches, komfortables und liebenswürdiges und dabei ebenso sportliches Auto ihr eigen nennen möchten. Er wird von München nach Lübeck 2 Stunden mehr brauchen, dafür wird man die Musik im Radio auch hören können und immer noch 8 oder 10 Stunden eher am Ziel sein als der Schnellzug - auf alle Fälle früh genug.”
Dazu wäre zu sagen, dass die Strecke München-Lübeck rund 850 km lang ist und im Jahr 2017, mit all den Autobahnen gemäss Google Maps in rund acht Stunden zurückgelegt werden kann, während es der Zug dank ICE-Einsatz inzwischen in 6 Stunden 38 schafft.
Abschliessend formulierte Wieselmann noch eine Empfehlung: “Der Super ist der Wagen für jene, die nicht auf 175 oder 180 km/h verzichten zu können glauben. Sie müssen die Mehrleistung mit weniger Geräuschfreiheit und Elastizität, kürzerer Lebensdauer und DM 1100 Mehrpreis bezahlen. Die Dame (1600) ist weniger feurig, vereint aber alle guten Eigenschaften in sich, die man mit diesem Begriff verbindet, was 95% aller ihrer Liebhaber voll befriedigen dürfte.”
60 Jahre später
Heutzutage nehmen sich selbst die 75 PS der schnelleren Version natürlich deutlich bescheiden aus als damals. Selbst die Fahrerposition wirkt im Vergleich zu den “Liegewiesen”, die beispielsweise in den Siebziger- und Achtzigerjahren angesagt waren, ziemlich limousinenhaft.
Dass man den Zündschlüssel links vom Lenkrad einsteckt, kennzeichnet den Porsche 356 genauso wie der Blick über die vorderen Kotflügel.
Dass die Übersichtlichkeit vor allem nach hinten nicht gerade überragend ist, verzeiht man dem kleinen Wagen spätestens dann, wenn man den Motor startet, der luftig wie eh’ und je, sein luftgekühltes Boxerlied ertönen lässt und halt doch an den Käfer erinnert.
Der Blick auf die Instrumente freut das Auge, der Griff zum Schalthebel erinnert daran, dass der Weg bis zum Getriebe (wie beim Käfer) überdurchschnittlich lange ist.
Flott unterwegs ist man aber trotzdem und die Sportlichkeit widerspiegelt sich vor allem in der aerodynamischen Formgestaltung (cw-Wert 0.365!).
In Kurven fühlt man sich schnell wohl, solange man sich nicht allzu sehr auf die Äste seines eigenen Fahrkönnens herauswagt, und auch die Bremsen verzögern den relativ leichten Wagen in erwarteter Weise. Und die Blicke der Passanten verfolgen einen vermutlich genauso bewundernd, wie dies auch schon vor 60 Jahren der Fall war.
Übrigens, im Jahr 1957, als der portraitierte Porsche 356 A 1600 Super gebaut wurde, feierte man in Stuttgart den 10’000 gefertigten Sportwagen.
Nach neun Jahren hatte man also soviele Autos produziert, wie Porsche heutzutage in rund zwei Wochen baut.
Wir danken Peter Dätywler, Wirt des Restaurant Flügerli in Bleienbach, für die Möglichkeit, schönen 356-er portraitieren zu können.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 30 / 1948 vom 07.Jul.1948 - Seite 23: Erster (Kurz-) Test Porsche 356
- AR-Zeitung Nr. 42 / 1951 vom 26.Sep.1951 - Seite 9: Langstreckentest Porsche 356 1,3 Liter
- Auto Motor und Sport Heft 21/1956, ab Seite 16: Porsche 1600 und 1600 Super
- Oldtimer Markt Heft 5/1984, ab Seite 18: Porsche 356
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