Einmal im Jahr spannen in Mollis, im Kanton Glarus, rührige Organisatoren, Vereine, Obrigkeit und die Bauern zusammen und ermöglichen einen Anlass, der Teilnehmer nicht nur aus der Schweiz, sondern auch aus Italien, Deutschland und weiteren Länder anzuziehen vermag. 1’100 Fahrzeuge trafen 2012 trotz durchzogenem Wetter beim Flugplatz von Mollis ein.
Das Motto ist denkbar einfach. Willkommen als Teilnehmer ist, wer ein englisches Automobil fährt. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Auto jung oder alt, selten oder weit verbreitet ist. Und so parkierte denn auch ein Mini der Achtzigerjahre neben einem Rolls-Royce der “golden Sixties”, ein Lotus Esprit der Neuzeit neben einem MG TC, der knapp nach dem zweiten Weltkrieg gebaut wurde.
Sehen und gesehen werden
Die Zuschauer und Besucher, mit und ohne Auto, konnten einmal mehr ein breites Spektrum von Fahrzeugen bewundern. Es wurde viel gefachsimpelt, aber auch gerätselt, denn manch ein Wagen ist kaum bekannt, wird nur selten auf der Strasse gesehen. Aber Besitzer und sonst anwesende Spezialisten gaben gerne Auskunft und kaum jemand verliess den Platz ratlos.
Sonderausstellung mit Jaguar-Limousinen
Jedes Jahr wird ein “special guest” eingeladen. 2012 fiel die Wahl auf Jaguar. Georg Dönni stellte für das 33. BCM zusammen mit dem Jaguar Drivers Club eine Limousinen-Ausstellung zusammen. Praktisch jeder je gebaute Limousinentyp von Jaguar/Daimler, inklusive der Vorkriegsmodelle von SS, waren zu bewundern, schön aufgereiht in der Mitte des Platzes.
Und es sollte nicht dabei bleiben. Fast 200 Jaguar-Fahrzeuge waren schliesslich auf den Wegen rund um den Flugplatz Mollis parkiert, einmalig!
Beispielhafte Raritäten zur Illustration
Um dem Leser ein Gefühl für die Breite des Spektrums der anwesenden Klassiker zu geben, aber auch um ihm einige selten gesehene Fahrzeuge näher zu bringen, sollen hier vier Automobile einzeln vorgestellt werden.
S.S. 1 Four Light Saloon von 1935 - in altem Glanze wiederentstanden
1931 stellte die Swallow Sidecar Company (1933 bereits in SS abgekürzt) als erstes vollständig produziertes Fahrzeug den SS 1 an der London Motorshow. Der Wagen überzeuge durch eine sehr elegante, flache Karosserie mit langer Haube und durch einen tiefen Preis, der auf halber Höhe zur Konkurrenz von Bentley und Lagonda lag. Es wurden verschiedene Versionen gebaut, der Hubraum des Reihensechszylinders stieg von 2’054 cm3 stufenweise bis auf 2,7 Liter.
Der “Four Light Saloon” wies vier Seitenfenster auf. Der Wagen mit dem Kennzeichen “AAR 401” wurde am 11. Januar 1935 an einen Herrn Murray Watt ausgeliefert. Über viele Stationen kam der elegante Jaguar-Vorgänger (nach dem Krieg änderte man den nicht mehr marktfähigen Namen “SS” auf “Jaguar”) in die Schweiz und wurde vom heutigen Besitzer während sechs Jahren und unter Aufwendung von 6’000 Arbeitsstunden vollständig restauriert. Nicht nur der Holzaufbau musste komplett ersetzt werden, auch Chassis und Aufhängungsteile wurden vollständig renoviert. Rund 80% der alten Konstruktion konnte gerettet werden. Das Resultat überzeugt und konnte bereits an verschiedenen Ausstellungen und sogar am Concorso d’Eleganza Villa d’Este bewundert werden.
Daimler XJ40 3.6 von 1989 - überlieferter Luxus-Liner
Nur wenige Jaguar XJ40 haben überlegt, obschon selbst die ältesten nur knapp im Youngtimer-Alter sind. Zwei Jahre nach der Abtrennung von British Leyland wurde die neue Limousine vorgestellt, die mit ihrem gradlinigen Design dem Geschmack der Achtzigerjahre entsprach. Anfänglich wurde die Baureihe durch grosse Qualitätsprobleme geplagt. Erst mit der Übernahme durch Ford besserte sich dies. Die XJ40-Modelle weisen bereits einen hohen Elektronik-Anteil auf, der zwanzig Jahre später viel Kummer verursachen kann und manches der Fahrzeuge auf den Schrottplatz treibt.
Doch der Daimler XJ40 3.6 von 1989, der Teil der Jaguar-Limousinen-Ausstellung von Mollis war, leidet nicht unter diesen Problemen und präsentierte sich als schön erhaltenes Exemplar der noch kaum gesammelten Baureihe. Luxuriös ausgestattet, mit edelstem Leder und Holz ausgestattet, überzeugt der bordeaux-rote Edel-Jaguar auch den letzten Zweifler. Die Club-Atmosphäre mit den breiten, bequemen Ledersesseln lädt auch zu längeren Fahrten ein, die elegante Karosserie macht auch vor dem Luxushotel Eindruck. Und dabei kostet selbst ein schönes Exemplar weniger als ein gebrauchter Dacia Logan.
Swallow-Doretti von 1954 - weitgereister Exote
Ein Auto, das nur 10 Monate lang produziert wurde, muss eine Rarität sein. Da macht der Swallow Doretti keine Ausnahme. Hergestellt wurde der kompakte Sportwagen in den Jahren 1954 bis 1955 von der Firma Swallow Coachbuilding. Die Technik entlehnte man bei Triumph, Motor, Getriebe und Achsen stammten vom TR 2. Der Rahmen war aber grösser, die Karosserie bestand aus Aluminium.
Der Doretti wurde preislich über dem TR 2 angesiedelt, überzeugte aber auch durch eine reichhaltige Ausstattung und wesentlich mehr Komfort als sein Technik-Spender. Sogar die Heizung war serienmässig. Der Wagen verkaufte sich in England und den USA sehr gut, sehr zum Missfallen von Sir William Lyons, dem Eigentümer von Jaguar. Dieser liess seine Beziehungen spielen und die Produktion musste nach nur 276 Exemplaren eingestellt werden. Kein Wunder sind diese Autos selten heute.
Der aktuelle Besitzer des in Mollis gezeigten Swallow Doretti von 1954 hat den Wagen eigenhändig restauriert, kennt sozusagen jede Schraube. Viele Teile mussten neu angefertigt werden, denn Ersatzteile für die Doretti-spezifischen Komponenten existieren kaum.
Triumph Italia 2000 von 1961 - Nummer 180 von 329 gebauten Exemplaren
Ende der Fünfzigerjahre beschloss der italienische Triumph-Importeur, eine Lücke im Standard-Triumph-Programm zu schliessen. Es gab nämlich kein Coupé. Auf der Basis des Triumph TR3 entstand ein elegantes Coupé, gezeichnet von Meister Giovanni Michelotti. Gebaut wurden die Karosserien bei Vignale. Aus den geplanten 1’000 Exemplaren wurde allerdings nichts, denn mit dem Ende der Produktion des TR3B wurde die Herstellung der Sonderkarosserie eingestellt, trotz gutem Echo.
Gut 300 Fahrzeuge sollen die Hallen von Vignale verlassen haben, rund 85 überlebende Fahrzeuge, davon gut die Hälfte fahrbar, sind heute bekannt. Fast ein Fünftel hiervon waren in Mollis anwesend und das portraitierte elfenbeinweisse Exemplar von 1961 überzeugte durch hohe Originaltreue. Neuwagenkunden mussten damals übrigens unterschreiben, dass sie keinen Anspruch auf Ersatzteile hätten, denn solche wurden nicht hergestellt. Jede Karosserie wurde von Hand auf einem Holzmodell gedengelt, kein Wunder können die Teile nicht von einem Fahrzeug aufs nächste übernommen werden.
Nächstes Jahr wieder
Wer nun Lust bekommen hat, die schöne Engländer-Auswahl auch einmal zu bewundern, muss leider bis zum nächsten Jahr warten, aber bereits am 25. August 2013 ist es wieder soweit. Also bereits in der Agenda (des Smartphones) vormerken.