Frank Rainbow, der lange Jahre bei Bristol Aircraft gearbeitet hatte, war ein begabter Konstrukteur. Für die Firma Swallow Coachbuilding, die aus der 1922 gegründeten Unternehmung Swallow Sidecar Company, aus welcher später auch Jaguar hervorging, heraus enstand, entwarf er einen Motorroller namens Gadabout, der in rund 2000 Exemplaren produziert wurde.
Sein Meisterstück lieferte er aber mit dem Swallow Doretti ab, einem Sportwagen, der komfortabel 100 Meilen pro Stunde erreichen konnte.
Nur für die Amerikaner
Im Sommer 1952 traf sich Eric Sanders, der Chef von Swallow Coachbuilding mit Arthur Anderson, der gerne einen Sportwagen für den Vertrieb in den Vereinigten Staaten gehabt hätte. Natürlich wurde Frank Rainbow damit betraut, den Wagen zu entwickeln. Da Sanders gute Beziehungen zu Sir John Black von Standard Triumph hatte, war die Technik fast schon automatisch vorgegeben.
Rainbow erhielt freie Hand, musste aber innert neun Monaten einen kompletten ersten Wagen irgendwo zwischen Triumph TR2 und Jaguar XK 120 liefern – eine Herausforderung, der er gewachsen war.
Präsentation an der 39. London Motor Show
Erstmals präsentiert wurde der Wagen bereits am 7. Janur 1954 im Los Angeles Ambassador Hotel in Gardena. Die britische Öffentlichkeit aber bekam den 100-Meilen-Sportwagen erst im Oktober an der Earls Court Motor Show in London zu sehen.
Das Interesse für die beiden in Schwarz und Weiss gespritzten Dorettis war gross. Unter anderem setzten sich Faisal, König des Irak, und der Komiker Bob Hope ans Lenkrad des Swallow Doretti.
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Mehr als ein verbesserter TR2
Zwar stammten Motor, Getriebe und die Aufhängungen vom Triumph TR2, das Fahrgestell und die Karosserie aber waren komplett neu konstruiert, und das Ergebnis wies eine überdurchschnittliche Torsionssteiffigkeit auf. Der Rahmen bestand aus Mangan-Molybdän-Stahlrohren, die sich um zwei kräftig dimensionierte Längsträger rankten.
Die Karosserie war aus Stahl- und Aluminiumblechen aufgebaut und wies gegenüber der Triumph-Konstruktion einen deutlichen Gewichtsvorteil auf, obschon der Swallow Doretti grösser und vor allem breiter war als die Basis.
In der Tat mass der Swallow Doretti mass 3,962 Meter in der Länge und 1,549 Meter in der Breite, während der TR2 3,835 Meter lang und 1,397 Meter breit war. Statt 953 kg wog der Doretti nur deren 864 kg.
Übernommen wurde der Vierzylindermotor des TR2 mit 1991 cm3, der 90 PS leistete. Die meisten Wagen wurden mit Vierganggetriebe und Overdrive von Laycock-de Normanville ausgestattet.
Ein Hauch von Ferrari
Auch beim Design leistete Frank Rainbow ganze Arbeit. Nicht unähnlich zu einem Austin-Healey 100 wies seine Konstruktion auch Züge des Ferrari 166 MM Barchetta von Touring auf, war aber natürlich als Granturismo-Sportwagen mehr auf den Alltagseinsatz ausgelegt, obschon der Verkaufsprospekt auch von möglichen Renneinsätzen sprach.
Auch der Name Doretti tönte nach Italien, doch war er von Dorothy Deen, der Tochter des Chefs des amerikanischen Händlernetzes, das den Sportwagen vertreiben sollte, inspiriert. Aus Dorothy wurde dann das für einen Wagen besser klingende “Doretti”.
Während die ersten Fahrzeuge alle in die USA gingen, durften ab Mitte 1954 auch die Briten einen rechtsgelenkten Swallow Doretti für rund 777 Pfund kaufen, während ein TR2 knapp über 600 Pfund kostete.
Überzeugend
Fünf Wagen konnten die 18 Männer im Werk in Staffordshire pro Woche bauen. Nur wenige davon endeten als Testfahrzeuge. Trotzdem erschienen überraschend viele Berichte über den neuen Sportwagen in der Presse.
The Motor fuhr bereits im Sommer 1954 einen Swallow Doretti und notierte für den Spurt von 0 bis 60 Meilen pro Stunde (96 km/h) beeindruckende 12,3 Sekunden. Als Höchstgeschwindigkeit wurden 100,2 MPH (163,3 km/h gemessen.
“Als komplett ausgestatteter Sportwagen, der Komfort, 100 MPH Spitzengeschwindigkeit, tiefe Unterhaltskosten und ansprechende Fahreigenschaften bietet, ist der Swallow Doretti ein attraktiver Neuzugang im britischen und in anderen Automärkten”, schrieben die Tester und schlossen mit der Hoffnung ab, dass Swallow Coachbuilding noch weiterentwickeln würde.
Auch die Zeitschrift Motor Sports fuhr den eleganten Doretti und bemerkte: “Der Doretti ist ein interessanter Kompromiss zwischen einem Sportwagen und einem Roadster. Auf der einen Seite verfügt er über harte Federn, kurze Schaltwege, Kübelsessel und relativ wenig Gepäckraum, auf der anderen Seite ist er komfortabel, hat Allwetter-Eigenschaften und überzeugt bezüglich seiner Wirtschaftlichkeit.”
Die Automobil Revue erhielt anlässlich des Testtags in Goodwood Gelegenheit, sich in einem schwarzen Pressewagen zu versuchen: “Neben dem Triumph TR2 schneidet der um 152 Pfund Sterling teurere, etwa 70 kg leichtere und ca. 20 cm längere Swallow-Doretti recht gut ab. So scheint die Strassenlage, dank des besonders hinten etwas steiferen Rahmens, eher etwas besser zu sein, und die Karosserie lässt sich beinahe als Cabriolet ansprechen. Dagegen ist der Doretti etwas lauter und hat einen weniger günstigen Lenkeinschlag.
Der tiefere Sinn des Swallow-Doretti liegt aber in etwas anderem. Dieser zweisitzige Zweiliterwagen verkörpert mit seinem etwas unkomfortablen Einstieg, dem kurzen Schalthebel, dem drehfreudigen Motor, der harten, fast etwas bockigen Federung und der bescheidenen Unterbringungsmöglichkeit für Gepäck den echten englischen Sportwagen unserer Tage für den echten englischen Sportfahrer, der gerne einige Unbequemlichkeiten auf sich nimmt, wenn er dafür einen raschen, handlichen, präzis lenkenden Wagen fahren kann. Originellerweise aber ist dieser Doretti, mit dem wir uns sehr rasch anfreundeten, gar nicht für Engländer bestimmt, sondern als reines Exportprodukt gedacht.”
Offenbar war man sich damals auch in der Presse noch nicht so sicher, für welche Märkte der Wagen eigentlich gebaut werden sollte.
Tödlicher Interessenskonflikt
Doch dies war alles unwichtig, denn übergeordnete Interessen machten dem kleinen Sportwagen den Garaus. Jaguar schaltete sich auf Stufe “Tube Investments Group”, der Mutter von Swallow Coachbuilding, ein und stellte die Gruppe vor das Ultimatum, entweder die Produktion des Sportwagens zu stoppen oder auf die Lieferung von Rohmaterial an Jaguar zu verzichten.
Das Management entschied sich dafür, keine weiteren mit Jaguar in Konkurrenz stehenden Produkte mehr herzustellen. Der bereits weiterentwickelte Doretti Mk II, dem man den Namen "Sabre" gegeben hatte, ging nie in Produktion.
Hohe Überlebensrate
Insgesamt wurden von Mai 1954 bis Februar 1955 gerade einmal 276 Autos (andere Quellen nennen 290 Fahrzeuge) gefertigt. Von diesen sollen noch 170 Wagen (andere Quellen nennen auch tiefere Zahlen) vorhanden sein.
Den hier gezeigten cremefarbenen Swallow Doretti von 1954 wird Broad Arrow Auctions am 1. November bei der Auktion anlässlich der Auto Zürich versteigern.



























































































































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