Erstmals wird 1954 eine Spezialprüfung – heute das Fundament jeder modernen Rallye – eingebaut. Funktionäre überwachen diese neue Idee. Die kurvenreiche Strecke am Col des Leques ist dafür geeignet. Echte Spezialprüfungen auf abgesperrten Strecken und auf Höchstgeschwindigkeit gefahren, werden erst in den 60er-Jahren die Rallies prägen.
Dieses kurze Teilstück, bergauf und bergab, stellt hohe Anforderungen an Fahrer und Wagen. Die Zeitkontrollen am Anfang und am Ende der Teststrecke überwachen den Schnitt. Die Strecke ist für den übrigen Verkehr gesperrt. Hektik verbreitet sich. Einige Teilnehmer haben im Wagen Kurzwellensender und Empfangsanlagen eingebaut. Renault verlässt sich auf ein Walkie-Talkie-Armeemodell. Andere organisieren einen Stafettendienst, wieder andere verwenden Raketen, Lichtmorsezeichen oder sogar Brieftauben und viele amüsieren sich über die „modernen“ Hilfsmittel.
Trotz des Cabarets – der Col des Leques bringt keine Entscheidung. Die wieder ins Programm aufgenommene Grand Prix-Strecke muss somit die noch 103 strafpunktfreien Konkurrenten von einander trennen. In Sechserpaketen werden fünf Runden gefahren. Die schnellste Runde wird für die Bewertung einer Hubraum-Indexformel verwendet. Grosse Wagen sind chancenlos – die Indexformel ruft nach kleinen Motörchen. Wie immer ist Monte Carlo für Überraschungen gut. Louis Chiron, mit dem ehemaligen Rennfahrer Cyro Bassadona auf dem heisssen Sitz, lassen sich dank wenig Strafpunkten aus der Anfahrt und dem Rundstreckenrennen als Sieger feiern. Dies passt dem bekannten Motorradrennfahrer Houel nicht. Er behauptet, beim Lancia Aurelia handle es sich um das Chassis eines Zweiliters, dem nachträglich ein 2,5-Liter-Motor eingebaut worden sei. Daher findet die Siegerehrung nicht statt. Fürst Rainer ist enttäuscht, hätte er doch erstmals einem Monegassen den Siegerpokal überreichen können. Monatelang wird sich der Fall Chiron/Basadonna vor der FIA dahin schleppen. Schliesslich verläuft alles im Sande. Chiron erhält den Pokal und die beiden Damen Madeleine Pochon und Lise Renauld belegen Platz sieben mitten in der Männerwelt der Rallye Monte Carlo.
P.S. Das neue Reglement der FIA hat zwar Gültigkeit, ist aber so diletantisch und unvollständig. Es ist nicht zu gebrauchen. Die Indexformel für Rundstreckenrennen an Rallies ist grotesk. An der Monte 1954 verbessert sich ein Dyna-Panhard mit Minimotor vom 91. auf den 17. Gesamtrang. Da bleibt auch für Gatsonides nur ein Kopfschütteln übrig, der in einer Fachzeitschrift schreibt: “Ich bin der Meinung, dass etwas in der Europameisterschaft nicht stimmt, wenn ein 2CV besser abscheiden kann, als ein gut gefahrener Mercedes, Jaguar oder Alfa Romeo.“
Dann melden Sie sich an (Login).