Wer in der zweiten Hälfte der Sechzigerjahren Ausschau nach einem sportlichen Coupé mit Limousinen-Qualitäten und Oberklassen-Komfort hielt, der kam am Mercedes-Benz 250 SE Coupé eigentlich nicht vorbei.
Vorstellung im Jahr 1961
Technisch orientierte sich das Coupé, das am 24. Februar 1961 erstmals präsentiert wurde, an den im August 1959 erschienen viertürigen 2,2-Liter-Sechszylindermodellen. Für zwei Jahre hatte man die Ponton-Coupés noch weitergebaut, der Ersatz erfolgte durch ein äusserst elegantes “Fauxcabriolet”, wie die Automobil Revue im März 1961 berichtete:
“Es ist sehr bemerkenswert, dass die Seitenfenster gewölbt sind und dass die hintere Kotflügelform nicht mehr so stark akzentuiert ist, sondern am Ende nach oben zurückgebogen und weicher in die Heckform einbezogen wurde. Auch die Wagenfront hat gegenüber den viertürigen Ausführungen einige Retouchen im Sinne einer flüssigeren Linienführung erfahren. Die um 8 cm niedrigere Karosseriehöhe übt einen sehr wohltuenden Einfluss auf die Gesamtproportionen von Motorhaube, Coupéaufbau und langem Heckkofferraum aus. Die Frontscheibe ist seitlich stark abgerundet und oben ins Dach zurückgewölbt. Die bei derartigen Panoramascheiben sonst hinderliche Kante ist durch die Türform nach innen hin gemässigt und stört beim Ein- und Aussteigen, dank den niedrigen Sitzen, keineswegs. Das ebenfalls sehr stark gewölbte grosse Heckfenster fügt sich harmonisch in die hinten leicht abfallende Dachlinie ein. Der hintere Seitenpfosten ist - in starker Abweichung von derjenigen bei den viertürigen Ausführungen - stärker nach hinten abgewinkelt.”
Das neue Coupé gefiel nicht nur der Automobil Revue, es sah wirklich blendend aus, wirkte elegant und sportlich gleichzeitig. Der Nutzwert kam dabei nicht zu kurz.
Echte Viersitzer
Der Verkaufsprospekt propagierte die grosszügigen Platzverhältnisse:
“Diese Wagen sind echte Viersitzer, die auch im Fond zwei bis drei erwachsenen Personen Platz bieten. Zweifellos eröffnen sie damit gerade verwöhnten Individualisten neue Perspektiven: die Verwendung auch als repräsentativen Geschäftswagen.“
Tatsächlich hatte man die Radstand gegenüber der Limousine beibehalten, was automatisch für gute Platzverhältnisse sorgte. Die etwas niedrigere Bauhöhe hatte man im Innenraum sorgfältig kaschiert.
Erstmals mit Scheibenbremsen
Als erstes Modell überhaupt kam der 220 SE in Coupé-Aufmachung mit Girling-Scheibenbremsen daher. Natürlich hatte man beim Daimler-Benz bereits Erfahrungen aus dem Rennsport, aber in der Serie führte man die neue Technik sehr vorsichtig ein. Das Ergebnis aber überzeugte. So schrieb Reinhard Seiffert nach seiner Probefahrt für die Zeitschrift “Auto Motor und Sport”:
“Die erreichbare Bremsverzögerung ist kaum noch zu überbiete. Des sehr wirksamen Bremsverstärkers wegen ist es selbst bei Vollbremsungen aus Höchstgeschwindigkeit nicht notwendig, mit voller Kraft auf das Pedal zu treten. Die Bremsen arbeiten absolut gleichmässig, aber man kann es - da naturgemäß die Reibwerte aller vier Räder auf der von Staub und Ölrückständen nie ganz freien Fahrbahn nicht gleich sein können - dahin bringen, daß ein Rad auf der Straße zu markieren beginnt und Korrekturen mit der Lenkung notwendig werden. … Auf jeden Fall muss gesagt werden, daß das 220 SE Coupé mit diesen Bremsen zur Zeit der Limousine einiges voraus hat - vermutlich nicht mehr lange.”
Gute Bremsen waren auch nötig, schliesslich erreichte der 220 SE als Coupé 171,4 km/h Höchstgeschwindigkeit und beschleunigte in 14 Sekunden auf 100 km/h. Mit 1452 kg war der Wagen auch kein Leichtgewicht.
Es gab insgesamt wenig auszusetzen am neuen Wagen, nur das Getriebe sei Durchschnitt, die Instrumente nicht immer optimal abzulesen und das Einstiegen nach hinten verlange nach (coupé-typischer) Gelenkigkeit, resümierte Reinhard Seiffert.
Mit DM 23’500 (CHF 31’500) war das Coupé allerdings nicht gerade wohlfeil, das sei das Dreifache, was für andere recht brauchbare Autos anzulegen sei, notierte Seiffert damals.
Vom 2,2-Liter zum 2,5-Liter
Waren die ersten Coupés mit dem bekannten 2,2-Liter-Motor ausgeliefert worden, kam bereits 1962 der Dreiliter dazu. Im Jahr 1965 folgte der 2,5-Liter, der im Rahmen der Neuausrichtung der S-Modelle eingeführt wurde. Damit stieg die Leistung von 120 auf 150 PS. Die Kurbelwelle war nun siebenfach gelagert, die obenliegende Nockenwelle des Reihensechszylinders wurde weiterhin über eine Kette angetrieben.
Ansonsten änderte sich beim Coupé wenig, allerdings profitierte es von einigen Innovationen aus der Limousinen-Baureihe. So gab es nun 14-Zoll-Räder, grösser dimensionierte Scheibenbremsen, hydropneumatische Ausgleichsfedern an der Hinterachse.
185 km/h sollte der neue 250 SE als Coupé nun laufen, die Zeit für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h wurde vom Werk mit 12 Sekunden angegeben. Als Durchschnittsverbrauch wurden 11,7 Liter attestiert. Natürlich gab es den Wagen mit Viergang-Handschalt- oder Automatik-Getriebe. Die Preise starteten bei DM 24’350 (CHF 35’800), was etwas teurer war als der 2,2-Liter, womit man aber zum Spitzenmodell 300 SE einen deutlichen Abstand hielt.
Bis 1968 wurden vom 250 SE 5259 Exemplare gebaut, dann folgte der Nachfolger 280 SE.
Das Coupé aber wurde noch bis 1971 weitergebaut, bis seine Produktion ohne direkten Nachfolger eingestellt wurde. Wer weiterhin ein Coupé der Marke Mercedes-Benz fahren wollte, konnte ab 1972 den 350 SLC wählen, der aber nicht auf der Limousine sondern auf dem Cabriolet 350 SL basierte.
Mercedes pur
Wer sich in das elegante 250 SE Coupé setzt, wird sofort von der typischen Mercedes-Aura eingefangen. Bequeme Clubsessel laden zur Langstrecke ein, eine gute Rundsicht lässt die keineswegs kompakten Dimensionen (Länge x Breite x Höhe: 4,88 x 1,845 x 1,45 Meter) vergessen.
Die servo-assistierte Lenkung ist leichgängig, alle Kontrollelemente sind dort, wo man sie erwartet. Das Vierganggetriebe lässt sich mit dem Mittelschalthebel gut, wenn auch etwas knochig schalten.
Die 150 PS reichen für zügiges Vorwärtskommen, wie ein Sportwagen allerdings fühlt sich der 250 SE heute nicht mehr an. Damals allerdings, als ein Käfer über 30 Sekunden brauchte, um Tempo 100 km/h zu erreichen, nur um bei 120 km/h endgültig schlappzumachen, war ein 185 km/h schnelles Coupé sicherlich fast das Nonplusultra.
Heutzutage aber freut man sich eher an der nostalgisch geformten Motorhaube, am schönen Klang des Reihensechszylinders und am Oberklassenfahrgefühl des Coupés.
Wir danken Frank Lutz von Franks Originale für die Gelegenheit zur Probefahrt.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 9 / 1961 vom 02.Mrz.1961 - Seite 3: Neues Coupé Mercedes-Benz 220 SE
- AR-Zeitung Nr. 35 / 1965 vom 12.Aug.1965 - Seite 17: Novitäten bei Mercedes-Benz (u.a. 250 SE)
- Auto Motor und Sport Heft 8/1961, ab Seite 22: Test Mercedes-Benz 220 SE Coupé
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wir haben nur einen 250 coupe.
Wo findet man den pläne oder detailaufnahmen?
Wo findet man ihre Sammlung?
Grüße
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