Jeweils im September treffen sich Liebhaber des historischen Rennsports in Goodwood nahe Chichester in Süd-England zu ihrem jährlichen Highlight, dem Goodwood Revival.
Drei Tage Spektakel
Am Freitag wurden die Qulifikations-Läufe ausgetragen. Der erste Tag fand seinen krönenden Abschluss mit dem ersten Rennen um 18:30 Uhr mit der “Kinrara Trophy”, die eine Stunde dauerte und somit sprichwörtlich in den Sonnenuntergang fuhr. Es ist das Lieblingsrennen des Initiators von Goodwood, dem Duke of Richmond. Er sagte, die Kinrara Trophy zeige alles, was “den Spirit von Goodwood ausmacht”.
Rennen am Samstag und Sonntag
Drei Trophys werden in zwei Rennen ausgetragen, die restlichen Rennen werden in einem Lauf bestritten. Während der Rennen mit zwei Fahrern pro Fahrzeug musste jeweils ein Fahrerwechsel stattfinden, was in der engen Boxengasse nicht ganz einfach war, zumal die Einfahrtsgeschwindikeit 60 km/h betrug, und mit bis zu 80 km/h herausbeschleunigt werden durfte. Einige dieser Rennen sollen hier detaillierter charakterisiert werden.
Fordwater Trophy
Am Samstag eröffnete die “Fordwater Trophy” mit Sport- und GT-Strassenfahrzeugen der Jahrgänge 1960 bis 1966 den Tag. Einer der Publikumslieblinge, Nick Swift, erreichte mit 1.33.579 zwar die schnellste Runde, konnte sich am Schluss aber nicht gegen Robert Barrie im Lotus Elan S1 durchsetzen und wurde mit 0.503 Sekunden zweiter.
Nick ist bekannt dafür, dass er gerne auch mal aussen überholt und ihn auch ein Ausritt auf die Wiese nicht aus dem Konzept werfen kann. Üblicherweise in einem Mini Cooper unterwegs, pilotierte er dieses Jahr einen Mini Marcos. Die Umgewöhnung fiel ihm offenbar leicht, da die Technik im Mini Marcos dieselbe ist wie im Cooper. Die packenden Zweikämpfe wurden vom begeisterten Publikum mit viel Beifall belohnt.
Barry Sheene Trophy
Die Motorräder bestritten ein Rennen um die “Barry Sheene Trophy”, in der erstmals Dani Pedrosa an den Start ging. Pedrosa ist bekannt als jüngster 250 ccm Weltemeister, er hat den Titel 2004 gewonnen, als er erst 19 Jahre alt war. Pedrosas Partner war Joaquin Folch-Rusinol Jr, er bestritt den ersten Teil des Rennens auf der Hannah-Paton von 1967. Auf dem 16. Platz liegend übernahm Pedrosa die Maschine und machte in einer spektakulären Aufholjagd in wenigen Runden 10 Plätze gut - mehr als den sechsten Schlussrang konnte aber auch er nicht mehr erzielen. Gesamtsieger nach dem zweiten Rennen am Sonntag wurde unangefochten das Duo Lee/Johnston auf einer MV Agusta 500/3 von 1966. Ihr Vorsprung betrug in der Gesamtwertung fast 10 Sekunden.
St Mary’s Trophy
An der folgenden “St. Mary’s Trophy” nahmen “Saloon Cars” teil, die bereits zwischen 1950 und 1959 im Rennsport bewegt wurden. Der bunte Mix bestand aus Kleinwagen wie dem Austin Austin A40 und voluminösen V8-Monstern wie einem Ford Thunderbird oder dem Studebaker Silver Hawk, mit welchem der ex-Formel 1 Star Karl Wendlinger im Training die Pole Postion herausfuhr. Bei diesem Rennen waren noch viele weitere prominente Fahrer am Start, wie zum Beispiel Red-Bull-Teamchef Christian Horner in einem Jowett Javelin oder der Rallye-Weltmeister von 1984 Stig Blomqvist, welcher einen MG YB pilotierte.
Kurz nach Beginn des Rennens wurde bereits die rote Flagge gezeigt und das Rennen gestoppt. Grund war ein Unfall des norwegischen Rallye-Profis John Haughland, der mit seinem Volvo PV544 verunfallte, so dass die Strecke wieder geräumt werden musste.
Den Restart erwischte Romain Dumas in seinem riesig wirkenden Ford Thunderbird am besten, dicht gefolgt vom kleinen aber flinken Austin A40 mit dem erfolgreichen Sportwagen-Piloten Marino Franchitti am Steuer. So tanzten die beiden führenden wie David gegen Goliath durch die erste Kurve - mit dem kleinen, frechen Austin am Auspuff des Thunderbirds!
Nach dem Ausfall des Thunderbirds durch Getriebeschaden übernahm Franchitti im Austin die Spitze, wurde aber von Pirro im stärkeren Alfa Romeo Giulietta Ti und von Wendlinger im Studebaker überholt. Der Spitzenkampf wurde nun zwischen Wendlinger und Pirro ausgetragen, der Zieleinlauf lautete nach spannenden Kämpfen dann Wendlinger auf Ford Thunderbird, Pirro auf Alfa Romeo Giulietta und Minassian auf Austin A40. Nach dem Rennen wurde Wendlingers Studebaker wegen technischer Unregelmässigkeiten disqualifiziert, was dem Schweizer Marcel Fässler, mehrfacher Le Mans Sieger, den dritten Rang einbrachte. In der Folge wurden fünf weitere Fahrzeuge wegen technischer Verstösse disqualifiziert, was zu reichlich Fragen und Verwirrung geführt hat.
Das zweite Rennen am Sonntag wurde wieder vom Studebaker angeführt, diesmal in den Händen des britischen Tourenwagen Piloten Patrick Watts. Er lieferte sich mit dem Journalisten Dickie Meaden im Alfa Romeo Gilulietta einen unterhaltsamen und spannenden Kampf um den ersten Platz. Meaden (oder dem Alfa?) ging aber bald die Puste aus, was sich Grant Williams im Jaguar MKI zu Nutze machte, sich den zweiten Platz erkämpfte und sich kurz darauf den Studebaker schnappte. Von hinten pirschte sich schon Mike Jordan im Austin A40 heran, überholte den Studebaker ebenfalls und hing fortan am Heck des führenden Jaguars. Er versuchte in den letzten Kurven alles aus dem kleinen Austin herauszuholen, ein Überholen gelang ihm aber nicht, er sah die Zielflagge als zweiter mit nur einer knappen Wagenlänge Rückstand.
Da aber dieselben Fahrzeuge wie bereits im ersten Rennen disqulifiiziert wurden, waren die Gesamtsieger Jordan/Minassian auf Austin A40, gefolgt von den Clealand/Rainford im Volvo PV544S und Fässler/Manderson ebenfalls auf einem Austin A40.
Goodwood Trophy
An der Goodwood Trophy nahmen Vorkriegs-Fahrzeuge der 30er und frühen 40er Jahre Teil. Mit dabei waren Ferraris, Maseratis, ERAs und passend zum 100 jährigen Firmenubiläum auch ein Bentley Hassan Special.
Im Training stellte Gareth Burnett seinen Alta 2.0 Liter auf die Pole Position und kam auch am Start am besten weg, dicht gefolgt von den Konkurrenten. Er fuhr einen unangefochtenen Start-Ziel Sieg ein, gefolgt von vier ERA's. Nicholas Topliss' ERA A-Type R4A von 1935 wurde als Zweiter abgewunken, David Morris im ERA B-Type R11B erreichte den dritten Podiumsplatz.
Bentley only
Die Brooklands Trophy war dieses Jahr den Bentley vorbehalten, um den 100. Geburtstag der Marke zu würdigen. Vom 3-Litre (1922) bis zum 4.5 Litre (1930) war alles vertreten, was damals die Konkurrenten in Le Mans in Grund und Boden fuhr. Ettore Bugatti soll bekanntlich verächtlich von den schnellsten Lastwagen auf der Rennstrecke gesprochen haben. Entgegenzusetzen hatten seine leichten Rennwagen der britischen Equipe aber wenig.
Eine Regel der Rennen vor fast 100 Jahren besagte, dass mit geschlossenem Verdeck gestartet werden musste. Das Verdeck durfte danach bei einem Boxenstopp geöffnet werden, um den Luftwiderstand zu verringern und dadurch die Geschwindigkeit zu erhöhen. Diese Regel wurde für die Brooklands Trophy ebenfalls vorgeschrieben und verursachte bei einigen Teams ungewohnte Hektik in den Boxen.
Beim Start mit dumpfem Motoren-Stampfen ging Ben Collins im 3 Litre Speed Model in Führung, wurde aber bald von den neueren und stärkeren Le Mans Modellen überholt. Den Sieg konnte Martin Overington im 4.5 Litre Blower einfahren, gefolgt Oliver Llewellyn in einem 4.5 Litre und dem 3 Litre von Ben Collins.
Settrington Cup
In diesem kurzen Rennen fuhren die kleinsten mit kleinen Autos im grössten Starterfeld des ganzen Wochenendes: 4-10 jährige Jungs und Mädchen in 74 Tretautos, die dem Austin A40 nachempfundenen waren.
Für den Start mussten die kleinen Piloten einen Sprint quer über die Rennstrecke zu ihren Fahrzeugen absolvieren, was an frühere Le Mans Starts erinnerte. Danach wurde mit viel Ehrgeiz in die Pedale getreten und die Renndistanz der Start/Ziel-Geraden unter die Räder genommen. Nach einigen Überholmanövern wurde Joe Stanley von niemand geringerem als Sir Jackie Stewart mit der karierten Flagge als Sieger abgewunken.
Nach dem zweiten Rennen am Sonntag ging der Gesamtsieg an Harry Dark, gefolgt von Lachlan Milne und dem Sieger vom Samstag, Joe Stanley.
Die technische Kontrolle haben offenbar alle Fahrzeuge gemeistert, es wurden jedenfalls keine Fahrzeuge disqualifiziert wie in der St. Mary’s Trophy.
RAC TT Celebration
Die RAC TT Celebration am Sonntag war zweifellos eines der Highlights in Goodwood. Die meisten Autos wurden von mindestens einem Piloten mit illustrem Namen pilotiert: Mass, Lotterer, Jordan, Pirro, Brundle und Pescarolo, um nur einige zu nennen. Während des Rennens musste ein zweiter Fahrer übernehmen und das Auto ins Ziel bringen.
Für die ersten drei Startplätze konnten sich die Duos Shephard/Dumas und Wilson/Lotterer, beide auf einer AC Cobra qualifizieren. In die Mitte der beiden stellten die Fahrer Hart/Minassian ihren Tojero Ford. Alle drei waren mit dem legendär starken Ford-427-Motor bestückt, und so wurde bereits der Start und der Spurt in die erste Kurve eine enge Sache.
Das spannende Rennen bot harte, aber faire Rad-an-Rad-Kämpfe. Die Piloten in ihren AC Cobras und Jaguar E-Types fuhren mit dem Messer zwischen den Zähnen um die Positionen, aufgemischt von einem Lister Jaguar und einem TVR Griffith.
Zu dritt wurde nebeneinander in die letzte Kurve, den Woodcote Corner, gestochen, wohlwissend, dass wenige Meter danach nur noch ein Auto durch die Schikane passte.
Verdienter Sieger wurde Lotterer auf einer sehr schnellen AC Cobra, gefolgt von der Cobra mit Dumas und dem Lister Jaguar von Treluyer.
Viel zu sehen
Am Goodwood Revival gab es neben den Rennen auch sonst viel zu sehen. Die Zuschauer kleideten sich wie jedes Jahr zum grössten Teil zeitgenössisch. Das heisst, dass die Damen einen Rock, ein Kleid oder einen Pettycoat trugen und die Herren gerne einen Tweed-Anzug. Hüte waren sehr populär und auch die Frisuren der Damen waren oft aufwändig gestylt.
Wer sich eine Mitgliedschaft als Goodwood Member erstehen konnte, der durfte auch die Paddocks besuchen. Hier waren die Kleider-Regeln nicht nur erwünscht, sondern Pflicht: Herren mit Anzug und Krawatte, die Damen “smart and elegant”, wie es auf den Tickets hiess.
Zweifellos war das Goodwood Revival auch abseits der Rennstrecke wieder ein Spektakel. Neben dem schön anzusehenden Publikum gab es auch zahllose Shops und Stände, die liebevoll auf “alt” getrimmt wurden. Dort konnte vom Blechschild über Bücher bis zum Anzug alles gekauft werden was sich der Auto-Liebhaber wünscht.
Wer trotz des vollgepackten Programms noch Zeit übrig hatte, der konnte sogar eine Bonhams Versteigerung besuchen. Die Fahrt vom und zum Bahnhof in Chichester erfolgte ebenfalls stilsicher in Oldtimer Bussen. So war das Goodwood Revival von Anfang bis Ende ein Gesamtkunstwerk, das seinesgleichen sucht.
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