BMW baute nie eine Cabriolet-Version des E21 (316 bis 323i) in Serie. Da sprang die Karosseriefirma Baur natürlich gerne wieder in die Lücke und offerierte die offene 3-er-Variante namens TC1 für alle Motorisierungen.
Vom 02 zum E21
Im Sommer 1975 löste die Baureihe E21 die seit 1966 gebauten Modelle 1602 bis 2002 ab. Die 02er (intern Baureihe 114 genannt) hatten sich grosser Beliebtheit erfreut, bis 1975 waren über 750’000 Einheiten gebaut worden und die Produktion des 1502 wurde noch bis 1977 fortgesetzt.
Grosse Experimente wagte man bei BMW daher nicht, als die neuen Modelle 316, 318 und 320 im Juli 1975 der Presse vorgestellt wurden.
Die Automobil Revue kommentierte: “Das Image der sportlich-kompakten Limousinen wird beibehalten und durch die Attribute «komfortabel», «sicher» und «familienfreundlich» ergänzt.”
Ein bisschen grösser, aber gleichzeitig etwas flacher wurde der Nachfolger des 02, so dass die Länge nun 435,5 cm (+8,6 cm), die Breite 161 cm (+2,1 cm) und die Höhe 138 cm (-3 cm) betrug. Gleichzeitig wuchs der Radstand um 6,3 cm auf 256,5 cm.
Optisch glich der Neue eher dem grösseren Fünfer als dem 02er, den er ablöste. Während die Grundlinie allgemein gut ankam, wurde die grosse nackte Heckpartie heftig kritisiert, so dass BMW schon baldige Anpassungen ankündigten musste.
Funktionell überzeugte der erste Dreier aber in vielen Punkten. Die Glasfläche war gegenüber dem Vorgänger um fünf Prozent gewachsen, der Innenraum bot deutlich mehr Platz, selbst für die Hintensitzenden.
Deutlich moderner war das Armaturenbrett geworden, das nun wie vorher im Fünfer die zum Fahrer geneigte Mittelkonsole aufwies.
Viel Aufmerksamkeit hatte man auf die passive Sicherheit gelegt, die gegenüber dem Vorgängermodell deutlich gesteigert werden konnte, ohne dass dabei die Rohkarosse an Gewicht zulegte.
Der Einstieg mit dem 316
Das Einstiegsmodell beim E21 hiess 316 und hatte sinngemäss einen 1,6-Liter-Vierzylinder mit obenliegender Nockenwelle und Vergaserbestückung an Bord. 90 PS leistete das vom Vorgänger übernommene, aber überarbeitete Aggregat bei 6000 Umdrehungen im 316, das Leistungsplus gegenüber dem 1602 betrug fünf PS, obschon der Motor mit Normalbenzin auskam.
Äusserlich unterschied sich der 316 primär durch die nicht vorhandenen Doppelscheinwerfer vom Modell 320.
Ansonsten war die selbsttragende Karosserie und das Fahrgestell mit Federbeinen und Querlenkern vorne, sowie hinteren Einzelradaufhängungen mit schräggestellten Längslenkern bei allen Typen identisch. Nur bei den Bremsen (vorne Scheiben, hinten Trommeln) musste der 316 auf die innenbelüfteten Bremsscheiben verzichtet. Die Zahnstangenlenkung verzichtete auf Servounterstützung, als Reifen wurden 165 SR 13 aufgezogen.
CHF 15’850 kostete ein 316 in der Schweiz, DM 13’600 waren es in Deutschland. Der Abstand zum 320 lag bei rund 12 Prozent.
Gute Noten für den Zögling
Als BMW 316 beschleunigte der “kleine” BMW in 14,1 Sekunden auf 100 km/h (320: 11,2 Sekunden) und erreichte 163 km/h Spitze (320: 179,5 km/h). Das waren standesgemässe Fahrleistungen für den 1010 kg schweren Zweitürer. Das Fahrverhalten zeigte sich im Test der Automobil Revue weniger von der sportlichen Seite als beim Vorgänger, der Fahrkomfort war dafür eher gestiegen.
Die Automobil Revue jedenfalls zeigte sich nach dem Test überzeugt: “Wie sein Vorgänger, so ist auch der neue kleine BMW in allen drei geprüften Ausführungen eine zweitürige Kompaktlimousine der gehobenen Klasse. Doch auch abgesehen von den sichtbaren Änderungen ist er nicht mehr der gleiche. Liess die Riehe 02 und damit auch der weitergebaute 1502 noch nuancenhaft einen Anklang von 2+2 aufkommen, so sind die neuen Modelle dank den geringen Vergrösserungen zu echten Viersitzern geworden. Und in der gesamten Auslegung wird den Komfortansprüchen besonders der Mitfahrer mehr Rechnung getragen als bisher, ohne dass der sportlich eingestellte Einzelfahrer wirklich zu kurz käme.”
Die ADAC Motorwelt nannte den BMW 316/318 den “Mercedes für die Mittelklasse”, lobte die übersichtliche Karosserie mit grossem Kofferraum, die laufruhigen, elastischen Motoren, die sichere Strassenlage, die guten Fahrleistungen, den Federungskomfort, das Bedienungskonzept sowie Heizung/Lüftung und Serienausstattung. Einzig vier Türen und bessere Sitze hätte man sich gewünscht sowie bessere sitzende Sicherheitsgurten und spiegelfreie Instrumente.
Die ADAC Motorwelt empfahl den günstigere BMW 316, schliesslich konnten so DM 820 gespart werden.
Als Verbrauch wurden 9,9 bis 14 Liter notiert, doch befand man dies damals in Ordnung: “Aber bitte, der neue BMW bringt halt auch noch mehr Freude am Fahren und wenn das im Schnitt mit 11 bis 13 Litern Normalbenzin bezahlt werden muß, ist das nicht zu teuer.”
Wieder ein Hardtop-Cabriolet
Für den 02-er BMW hatte Baur von 1968 bis 1971 ein Voll-Cabriolet gebaut, ab 1971 schwenkte man auf eine neue Bauweise um, die mit festem Überrollbügel, umklappbarer Heckscheibe und herausnehmbarem Dachteil auch Hardtop-Cabriolet genannt wurde.
Einen ähnlichen Umbau wollte Baur auch für den E21 wieder anbieten. Bereits im Frühjahr 1977 war ein erster Prototyp fertiggestellt, aber dieser musste durch BMW noch abgenommen werden. Lanciert wurde der TC1 dann Ende 1977 und man konnte alle verfügbaren Motorisierungen dafür bestellen. Als BMW 316 Baur Cabriolet stand der Wagen mit DM 21’156 in der Preisliste.
Für den Umbau erhielt Baur komplette Fahrzeuge ab BMW-Produktion und schnitt dann in Stuttgart das Dach heraus und brachte die Versteifungen und Anpassungen an. Das war nicht ganz billig und so kostete eine Baur-Version rund DM 6000 mehr als das Basisfahrzeug. Dafür behielt es aber auch die Werksgarantie, während die Gewährleistung auf umbauspezifische Teile von Baur übernommen wurde.
Kaum Nachteile, aber viele Vorteile
Das Baur-Cabriolet zeigte sich variabel. Je nach Frischluft-Wunsch konnte man nur den Dacheinsatz etwas anheben, das Dachteil entfernen und im Kofferraum verstauen oder auch noch die Heckscheibe herunterklappen. Die Platzverhältnisse blieben genauso unangetastet wie der Alltagsnutzen und die Fahrleistungen, schliesslich war das Gewicht trotz des Umbaus nicht angestiegen.
Auto Motor und Sport verifizierte dies anhand eines 323i Baur Cabrios im Sommer 1978. Der Wagen überzeugte. Die Karosserie wirkte genauso stabil und geräuscharm wie man dies von der Limousine gewohnt war. Die Fahrleistungen unterschieden sich, wenn überhaupt, nur positiv von denen einer früher gemessenen 323i-Limousine. Nur etwas lauter war das Cabriolet geworden.
Weil die Heckscheibe aus Plastik war, musste auf Heizdrähte verzichtet werden. Damit die Scheibe trotzdem beschlagsfrei gehalten werden konnte, montierte Baur ein zusätzliches Gebläse.
“Der Umbau einer kleinen BMW-Limousine zum Hardtop-Cabriolet kostet bei Baur rund 6000 Mark. Das ist nicht gerade wenig, erscheint jedoch angesichts der soliden Qualität, der vielfältigen Variationsmöglichkeiten und des Zugewinns an Fahrfreude durch das so selten gewordene Frischluft-Erlebnis als faires Angebot”, fasste Helmut Eicker seine Eindrücke für Auto Motor und Sport zusammen.
Geringe Stückzahlen
Mit dem relativ hohen Preis verhinderte Baur eine starke Verbreitung des Hardtop-Cabrios. Tatsächlich wurden 1978 530 Stück umgebaut, 1979 dann 815, 1980 1045, 1981 1157 und 1982 schliesslich 1048, so dass ingesamt 4595 Limousinen in Stuttgart zu Cabriolets mutierten. Im Vergleich zur gesamten Produktion des E21 von 1’354’961 Exemplaren machten die Baur-Versionen also gerade einmal 3,4 Promille aus. Viel exklusiver konnte man mit einem kleinen Dreier nicht unterwegs sein.
Ein guter Drittel dieser Fahrzeuge gelangte in den Export, Abnehmer waren vor allem Grossbritannien, Italien, Frankreich und Belgien. In die Schweiz wurden nur 38 Autos ausgeliefert, nach Österreich deren 4.
Fast vier Fünftel der Baur-Cabriolets hatten den Sechszylindermotor unter der Haube. 1659 waren 323i, 1874 wurden als 320 ausgeliefert, während vom 318/318i Baur Cabriolet 410 Exemplare, vom 316 591 Autos umgebaut wurden. Nur 61 Stück entstanden vom 315.
Auch vom im November 1982 eingeführten E21-Nachfolger E30 gab es übrigens wieder ein Baur-Hardtop-Cabriolet. Als BMW dann aber begann, selber ein Vollcabriolet (ohne Überrollbügel) anzubieten, wurde die Nische stetig kleiner.
Kleiner Motor, aber viel Sonne
Angesichts der erheblichen Umbaukosten stellt sich natürlich die Frage, warum jemand den günstigeren Vierzylinder als Motorisierung für Baur-Hardtop-Cabriolet wählte, schliesslich versprachen gerade die Sechszylindermotoren eine souveräne Leistungsentfaltung und ein Klangbild der Superlative.
Doch manchen Bestellern waren die technischen Eigenschaften wohl eher weniger wichtig als der Endpreis. Und gegenüber dem 320 konnte mit einem 316 immerhin 3030, gegenüber dem 323i sogar 5411 deutsche Mark gespart werden. Die konnte man dann wieder teilweise in Leichtmetallräder oder ein gutes Radio investieren.
Der Erstbesitzer der Baur-Laufnummer 122, welche für diesen Bericht fotografiert wurde, dachte offenbar ökonomisch. Selbst auf den aufpreispflichtigen Drehzahlmesser verzichtete er, ein solcher wurde später als Aufsatzinstrument nachgerüstet.
Am Lenkrad überrascht das Vierzylindercabriolet mit genügend Spurtstärke, auf Landstrassen oder in der Stadt hat man auf jeden Fall keine Mühe, mit dem Verkehr mitzuhalten. Der kleine BMW fühlt sich sehr handlich an, die Sicht nach vorne und zur Seite ist gut, nur nach schräg hinten stört der breite Überrollbügel ein wenig.
Die Frischluftzufuhr lässt sich auch über die Seitenscheiben noch beeinflussen und man kann auch mit offenem Dach weitgehend zugfrei unterwegs sein. Natürlich beeinträchtigen die fixen Scheibenrahmen das Open-Air-Feeling ein wenig, aber dafür hat man ja auch die Vorzüge eines stabilen Dachteils, wenn es einmal regnet oder man längere Autobahnetappen hinter sich bringen möchte.
Die Bedienung des ersten Dreiers gestaltet sich problemlos, eine Anleitung muss man kaum aus dem Handschuhfach herauskramen. Und auch wenn der Motor klangtechnisch nur bescheidene Reize verströmen kann, ist das Gesamtpaket mehr als stimmig und macht wie man es von einem BMW erwarten kann viel Freude beim Fahren.
Wir danken der Oldtimer Galerie Toffen für die Gelegenheit, den BMW 316 Baur TC1 probefahren zu können.
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Schade ist, daß Baur erst beim E30 die prima Funktion des Hochstellens des Hardtops erfunden hatte. Das war für eine Autobahnfahrt eine leise und schöne Entlüftungsmöglichkeit. Und in Verbindung mit geöffnetem Verdeck hinten, lenkte das hochgestellte Dach den Luftstrom über den Überrollbügel und machte die Fahrt ebenfalls leiser. Ein E30-Baur kann eigenltlich viel mehr als das Vollcabriolet, das nur "auf" oder "zu" kann und sonst gar nichts....
Ein zum E21 Baur ungefähr zeitgleiches Modell hatte Lancia im Programm, den Beta Spider. In der Quintessenz war der E21 Baur als 6-zyl. Version schon etwas besonderes, auch im Vergleich zu den schönen Doppelnockenwellenvierzylindern der Italiener....
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