1985, als BMW auf der IAA die offene Variante zum Dreier vorstellte, war das Angebot an Voll-Cabriolets ziemlich übersichtlich. Neben dem Alfa Romeo Spider, dem Mercedes-Benz SL (R107) und dem Porsche Carrera gab es kaum Volumenmodelle, wenn man einmal von den Bügelcabrios wie VW Golf oder Fiat (Bertone) Ritmo oder offenen Amerikanern absah.
Die Cabriolet-Renaissance hatte damals noch gar nicht richtig begonnen, aber die BMW-Ingenieure tüftelten schon seit dem Jahr 1982 an einem komplett offenen E30, nachdem man zuvor dieses Geschäft über viele Jahre der Firma Baur überlassen hatte.
Die lange Pause
BMW hatte in der Vor- und Nachkriegszeit viele schöne Cabriolets gebaut, darunter der 328, der 507 oder die offenen Varianten des 501/502. Auch vom BMW 700 gab es ein Cabriolet und auch der Vorläufer des Dreiers, der BMW 1602 war Ende der Sechzigerjahre noch als komplett offene Variante erhältlich.
Doch dann drohten die Amerikaner mit strengen Sicherheitsbestimmungen und BMW überliess das Bauen offener Autos der Firma Baur, die nicht auf stabile Karosseriestrukturen verzichten wollte. Vom E30-Vorläufer E21 gab “nur” das Baur-Cabriolet, rund 15 Jahre sollte es schliesslich dauern, bis mit der Baureihe E30 wieder ein komplett offener BMW erschien.
Vorstellung an der IAA in Frankfurt
An der Internationalen Automobil Ausstellung des Jahres 1985 zündete BMW ein wahres Neuheiten-Feuerwerk für die Dreierreihe. Vorgestellt wurden nämlich der 2,5-Liter-Reihensechszylinder, der den 323i-Motor ablösen sollte, eine Variante mit Allradantrieb, der M3 als Sportevolutionsmodell und das Cabriolet. Die Messebesucher waren begeistert, die Bestellungen liessen nicht auf sich waren. Allerdings konnte man sich erst ab Frühjahr 1986 einen offenen Dreier in die Garage stellen, wenn man schnell genug war. Viele warteten deutlich länger.
Aufwändig umgebaut
Das Cabriolet war nicht einfach ein zweitüriger E30 mit abgeschnittenem Dach, die Umbauarbeiten waren deutlich aufwändiger gewesen. Die Rohkarossse musste von Grund auf neu berechnet werden, um bezüglich Torsionsfestigkeit auf ähnlichem Niveau wie die geschlossene Variante zu liegen. Dazu wurden rund 60 Millimeter höhere Längsträger und zusätzliche Streben zwischen den verstärkten B-Säulen und hinteren Federbeindomen verbaut. Der Frontscheibenrahmen wurde aus dickerem Blech gefertigt und an vielen Orten wurden zusätzliche oder steifere Blechteile integriert. Das Ergebnis überzeugte, war aber auch rund 130 kg schwerer als die zweitürige Limousine.
Entsprechend waren auch Anpassungen am Fahrwerk, das weiterhin aus Querlenkern mit Federbeinen vorne, sowie Längslenkern hinten bestand, nötig. Vier Scheibenbremsen ergänzten das Paket. ABS war Serienausstattung.
Ein Motor zum Verlieben
Im Bug sass der nun 2494 cm3 grosse Reihensechszylinder, dem im Katalysatormodell eine digital gesteuerte Bosch ME Motronic Einspritzung zu 170 PS bei 5800 Umdrehungen verhalf. Das höchste Drehmoment von 222 Nm fiel erst bei 4300 Umdrehungen an, dafür konnte der Motor problemlos mit bleifreiem Benzin der Sorte 95 ROZ betrieben werden.
Im Normalfall wurde die Kraft via ein Fünfganggetriebe auf die Hinterachse übertragen, auf Wunsch gab es auch eine Automatik.
Das besonders clevere Dach
Die ADAC Motorwelt beschrieb es in ihrer Ausgabe vom August 1986 wie folgt:
“Im Zusammenhang mit dem BMW Cabrio gibt es das wunderbare Wort »Übertotpunktkinematik«. Aha, sagt sich der Techniker, alles klar. Aber der Laie wundert sich. Bevor wir Ihnen aber vom ausgeklügelten Zusammenspiel von 6 Spriegeln, 14 Lenkern und 28 Drehpunkten berichten, sagen wir nur: Es geht ums Verdeck, und zwar um eine besonders pfiffige Konstruktion mit leichter und schneller Bedienung. Wichtigstes Merkmal: Im Bereich der Heckscheibe (aus Kunststoff, keine Heizfäden) spannt sich das BMW-Dach wie ein Regenschirm auf und ist hinten nicht an der Karosserie befestigt. Trotzdem regnet es da nicht rein.”
Tatsächlich war das Dach des E30 Cabriolets wirklich gescheit konstruiert. Nicht nur liess es sich sehr raumsparend zusammenfalten, weshalb es von den 425 Litern des Limousinen-Kofferraums nur deren 113 abknabberte, es war auch einfach auf- und abzubauen, selbst ohne die Hilfe von Motoren, die es natürlich irgendwann auch gab.
Der Klassikerfreund aber verzichtet auf elektrische Hilfen, wenn man einmal von den vier Fenstern, die vor dem Öffnen oder Schliessen des Dachs per Knopfdruck zu senken sind, absieht. Dann ganz einfach die beiden Verschlüsse vorne öffnen, das Dach hinten anheben, den Verdeckkasten entriegeln und öffnen, das ganze Dach unter den Deckel stecken und den Verdeckkasten wieder schliessen. Ein Könner schafft dies in 30 Sekunden locker, er muss noch nicht einmal um das Auto herumlaufen. Vom Sitz aus klappt es allerdings nicht, zumindest aussteigen muss man schon.
Offen wie geschlossen macht der Dreier mit Stoffdach eine gute Falle und für Temperaturempfindliche gab’s für teures Geld ein Hardtop zu kaufen.
Platz für vier Personen
Im Innern haben vier Personen Platz, vorne etwas mehr, hinten etwas weniger, was vor allem auch eine Folge der durch den Verdeckkasten verringerten Innenbreite ist. Damit hinten genug Knieraum vorhanden ist, müssen auch die vorne sitzenden Fahrer und Beifahrer Kompromisse eingehen.
Das Cockpit ist wie bei den anderen E30-Varianten, sportlich zum Fahrer hin orientiert und mit wunderschön gezeichneten Instrumenten ausgerüstet. Je nachdem was der Käufer konfiguriert hat, sitzt man als Fahrer hinter einem M-Sportlenkrad oder einer andere Steuer-Variante.
Auch einen Airbag konnte man bestellen, 2310 DM teuer. Der Tempomat kostete DM 620, die Klimaanlage 6950 DM, Leder gab’s für DM 2030, Zentralverriegelung für DM 450. Aus DM 46’800 Grundpreis (1986) für den offenen 325i konnte so schnell auch DM 60’000 und mehr werden, was den Abstand zum 300 SL von Mercedes auf eine überschaubare Summe schrumpfen liess.
In der Schweiz kostete die Katalysatorversion im Jahr 1987 CHF 42’000, also 9500 Franken mehr als die viertürige 325i Limousine.
Von Anfang an reif
Die Presse riss sich natürlich darum, das attraktive Cabriolet zu erproben. Auto Motor Sport erhielt früh einen (ECE-) Testwagen (ohne Katalysator, dafür mit 177 PS) und war begeistert. Zwar notierte man etwas schlechtere Fahrleistungen als bei der Limousine (0 bis 100 km/h in 8,4 Sekunden, Spitze 217 km/h) und auch etwas weniger sportliche Fahreigenschaften, aber als offenes Fahrspass-Paket überzeugte das 325i Cabriolet trotzdem.
“Mit voll versenkten Seitenscheiben spürt man schon bei niedrigen Geschwindigkeiten den Fahrtwind, erlebt Autofahren in einer sehr ursprünglichen Form. In diesem offenen Gefühl ist letztlich auch die Faszination begründet, die vom BMW-Cabrio auf Anhieb ausgeht. Da kommt unmittelbar Freude auf”, schrieb Tester Paul Schinhofen in der Zeitschrift.
Die ADAC Motorwelt konnte da im August 1986 nur beipflichten, wobei zusätzlich noch vermerkt wurde, dass pro Tag 100 Dreier-Cabriolets verkauft würden.
Fast ein Jahr später konnte dann auch die Automobil Revue von den Erfahrungen mit der Katalysator-Variante berichten. Die Fahrleistungen waren sogar noch besser als bei der AMS-Version, 8,1 Sekunden reichten für den Sprint von 0 bis 100 km/h, da war die Limousine nur noch 0,3 Sekunden schneller. Als Höchstgeschwindigkeit mass das Peiselerrad 214 km/h, vier weniger als bei der Limousine. Damit konnte man leben, zumal das Cabriolet sich im Durchschnitt mit 10,5 Litern pro 100 km nur einen Deziliter Benzin mehr genehmigte als die Limousine, obschon die Teillastverbräuche wegen der schlechteren Aerodynamik ab 140 km/h erheblich höher waren. Aber wer will denn im Cabriolet rasen?
“Cabriolet-Freunde sind nicht Autofahrer im herkömmlichen Sinn. Es sind vielmehr Individualisten, bei deren Wagenwahl nicht Vernunft, sondern Emotion den Ausschlag gibt. Mit dem BMW 325i Cabrio steht ein Viersitzer zur Wahl, dessen temperamentvoller und optimal abgasgereinigter Sechszylinder dieser auch optisch ansprechenden «Open-air»-Version der Dreierreihe getreu dem Markenimage ein aussergewöhnliches Temperament verleiht. Dass diese Karosserievariante etwas Exklusives bleibt, dafür bürgt nicht zuletzt ihr relativ hoher Preis", resümierte die Automobil Revue.
Zum Klassiker geboren
Es war schon damals klar, dass sich das E30-Cabriolet zum Evergreen entwickeln würde und bis heute sieht man die kompakten Schönwetterautos im Alltagsverkehr, obschon die ältesten längst das Oldtimeralter erreicht haben, sprich 30 Jahre alt sind. Hohe Laufleistungen ertragen sie mit stoischer Ruhe und auch dem Rost waren sie nicht schutzlos ausgeliefert. Einzig die Dachhaut genauso wie das immer wieder kritisierte Kunststoff-Heckfenster nicht ewig, der Ersatz ist nicht ganz billig.
Im Jahr 1991 erhielt das Sechszylinder-Cabriolet ein Facelift mit veränderten Rückleuchten und anderen optischen Korrekturen. Neben dem 2,5-Liter wurde das Cabriolet ab 1988 auch mit dem Zweiliter-Sechszylinder und ab 1990 auch mit Vierzylinder verkauft. Im April 1993 verliessen die letzten E30 Cabriolets die Produktion. Auch vom Nachfolger E36 gab es etwas später wieder eine Cabriolet-Version.
Für alle Tage
Wer mit einem BMW 325i Cabriolet nicht zurecht kommt, wird sich wohl in kaum einem älteren Auto wohlfühlen. Die Sitzposition ist für grosse Fahrer perfekt, der Schalthebel sitzt genau dort, wo er hingehört, das Getriebe lässt sich exakt und zielsicher schalten. Die nicht besonders direkt übersetzte Servolenkung vermittelt viel Gefühl für die Strasse, die Bremse verzögert erwartungsgemäss.
Die grossen und übersichtlichen Instrumente lassen einen nie im Unklaren und die Rundumsicht ist zumindest bei offenem Dach formidabel, es gibt kaum übersichtlichere Autos.
Dass der ganze Wagen zudem mit 4,33 Metern Länge und 1,65 Metern Breite ausnehmend kompakt ist, macht den BMW zum problemlosen Gefährten, zumal er mit 1305 kg für heutige Begriffe ein echtes Leichtgewicht ist.
Doch das Sahnehäubchen ist natürlich auch bei diesem Wagen aus München der Motor, der mit turbinenartigem und wohltönenden Geräusch zeigt, dass eben nichts über einen Reihen-Sechszylinder geht.
Man kann sich kaum einen angenehmeren Begleiter für eine lange Urlaubsfahrt vorstellen. Und auch die längste Oldtimer-Rallye, zu denen der E30 inzwischen vielerorts auch startberechtigt ist, verliert mit dem 325i ihren Schrecken.
Wir danken dem Besitzer des schönen roten 325i Cabriolets für die Bereitschaft, beim Foto Shooting mitzuwirken.
Weitere Informationen
- ADAC Motorwelt Nr. 9 vom 1. September 1985 - Seite 14: Autos von BMW auf der IAA 1985
- ADAC Motorwelt Nr. 8 vom 1. August 1986 - Seite 27: Fahrbericht BMW 325i Cabriolet
- AR-Zeitung Nr. 33 / 1985 vom 08.Aug.1985 - Seite 17: BMW-3er-Reihe bunter denn je
- AR-Zeitung Nr. 35 / 1986 vom 28.Aug.1986 - Seite 21: BMW 325i im Anmarsch
- AR-Zeitung Nr. 23 / 1987 vom 04.Jun.1987 - Seite 19: Test BMW 325i Cabrio
- Auto Motor und Sport Heft 8/1986, ab Seite 16: Test BMW 325i Cabriolet - Hut ab
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Dieser "Baur-cabrio´s" sind nicht nur so gebaut wegen ein stabiles Karosse, aber auch aus Kostenpunkt. Beim E21 hat BMW sogar Baur und Karmann Auftrag gegeben ein Cabrio zu entwikkeln. Da der Karmann (volcabriolet) viel teuerer ausfiel, fiel die Wahl auf Baur.
Soll ich jetzt auch noch erzählen wer den denn E30 Volcabriolet entwickelt hat...nee, glaub nicht ;-)
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