Mit dem Oldtimer im Winter fahren? Und dann noch über Pässe? Natürlich! Die Autos wurden schliesslich auch im Winter gefahren, als sie noch Neuwagen waren. Ein gutes Argument, sie durch Schnee, Eis und Kälte zu scheuchen. Das Jahr 2016 brachte dem Winter-RAID, durchgeführt vom 13. bis 16. Januar 2016, allerdings wenig winterliche Wetterverhältnisse und die Strassen waren mit einigen Ausnahmen auch nicht so verschneit, wie sich das wohl mancher Teilnehmer so gewünscht hätte ...
Tag 1: Es kann losgehen
Rund 50 Oldtimer jeglicher Couleur machen sich in St. Moritz für den Winter-Raid 2016 bereit. Ältestes Auto ist ein Rockne Six 75 von 1932, dann folgen Alvis Speed 20 Special und Lagonda M35 Le Mans Rapide von 1934.
Doch der grösste Teil bewegt sich in den 60er- und 70er-Jahren. Die jüngsten Teilnehmer sind zwei Porsche 944, die ganz knapp das Oldtimer-Alter erreicht haben. Wir fahren mit dem Lancia Fulvia 1.3 HF von 1969 mit -einem echten Werks-Rallyewagen.
Bei der technischen Abnahme werden nebst den wichtigsten Funktionen auch Dinge wie Schneeketten oder Ersatzglühbirnen begutachtet. Doch dann gibt es den ersehnten blauen Aufkleber, und es kann losgehen mitten ins Zentrum von St. Moritz, wo die Autos auf sehr gedrängtem Raum auf den Start zur ersten Etappe warten.
Gerade die Fahrer der offenen Vorkriegswagen werden mit Fragen durchlöchert, denn die Passanten und Touristen wollen natürlich wissen, wie das denn so sei, den ganzen Tag im Winter draussen am Fahrtwind zu sitzen ...
Der moderne Automobilist kann sich die damaligen Strapazen nicht mehr vorstellen. Wer den Winter-Raid im Uralt-Oldie absolviert, bekommt einen kleinen Einblick, wie Autofahren vor hundert Jahren gewesen sein muss.
Unser Lancia fährt ausgezeichnet durch die Winterlandschaft von Graubünden und dann auf Umwegen hinüber in Richtung Bormio. Die Dunkelheit bricht schnell herein, die Anweisungen im Roadbook sind zwar eindeutig, aber die Dämmerung lässt oft Interpretationsspielraum, welche Abzweigung denn nun gemeint sei. Diskussionen im Cockpit bleiben nicht aus.
Tag 2: Die Dolomiten sorgen für eine Traumkulisse
Der zweite Tag bringt die ersten Fahrten bei Tageslicht, allerdings bleibt der Schnee Mangelware. In den höheren Lagen der Dolomiten ist zwar oft Eis auf den Bergstrassen, was beherzte Raid-Fahrer auf ihren erproben Fahrzeugen nicht daran hindert, die Limits zu erforschen. Die Gipfel der Dolomiten sind denn auch das absolute Highlight dieses in zwei Etappen gefahrenen Raid-Abschnitts.
Weniger Spass haben oft die Co-Piloten und -Pilotinnen, die mit dem Ausrechnen von Ankunftszeiten beschäftigt sind, denn wie immer werden die Etappen mit Sonderprüfungen und Vorgaben an einzuhaltenden Durchschnitten gespickt. Ausserdem sind einige Kontrollpunkte, die per Stempel quittiert werden müssen, nicht einfach zu finden. Doch das macht gerade den Reiz des Raid aus, nicht nur in der - wenn auch sehr schönen - Gegend herumzufahren, sondern auch den Grips zu beschäftigen.
Das Ziel Cortina d’Ampezzo kommt erst bei eingebrochener Nacht in Sicht. Am Morgen darauf sind dann noch mehr Pässe zu bewältigen. Gibt es endlich Schnee? Die Schneeketten wollen wir doch nicht unbenutzt wieder nach Hause nehmen…
Tag 3: Pässe, Pässe, Pässe
Von Cortina d’Ampezzo aus sollen am dritten Tag sechs echte Dolomitenpässe bezwungen werden. Doch auch dazwischen gibt es kaum einen Meter, der nicht rauf oder runter und um die Kurve geht. Und die Ü-2000-m-Pässe geben dann endlich den Blick auf die ersehnten Schneewände frei. Zwar sind die Strassen teils schwarzgeräumt, teils mit Schnee bedeckt, doch immerhin ist alles weiss in den oberen Lagen, und endlich kommt die richtige Winter-Raid-Stimmung auf.
Der kleine Lancia hält bisher perfekt durch, auch wenn der kleine 1,3-Liter-Motor zwar Drehzahlen, aber kein Drehmoment liefert. Die Konkurrenz ist da oft im Vorteil - zumindest bergauf. Aber bergab ist der Lancia wieder in seinem Element und zeigt, was ein vorderradgetriebenes Rallyeauto so alles kann. Die Schlauch- und Regelmässigkeitsprüfungen sind am dritten Tag besonders anspruchsvoll, weil insbesondere die Schnittgeschwindigkeiten in der Berglandschaft recht schwer zu erreichen sind.
Tag 4: Das Ziel kommt in Sichtweite
Der vierte Tag bringt die letzten beiden Etappen von Cortina d’Ampezzo nach Avalengo und schliesslich zum Ziel nach Tschierv in Graubünden.
Schöne verschneite und leider auch stark vereiste Strassen fordern die volle Konzentration von Fahrer und Navigator. Der Veranstalter muss die geforderte Durchschnittsgeschwindigkeit aufgrund der schwierigen Strassenverhältnisse für eine Zwischenprüfung durch den vereisten Winterwald reduzieren. Ansonsten herrscht meist Frühlingswetter bei trockener und daher angenehmer Kälte. Es gibt einen einzigen Zwischenfall: ein Triumph TR4 kommt von der Strasse ab - nur Blechschaden.
Sieger des Winter-Raid 2016 wurde ein Zwillingsbruder unseres Lancia Fulvia 1.3 HF. Manuel Roth aus der Schweiz und sein deutscher Co-Pilot Guido Koch gewannen mit sensationellen 130 Strafpunkten. Wir hatten 3447 und landeten auf dem 38. Rang von 50 gestarteten Fahrzeugen. Platz Zwei erreichte der Austin Mini Cooper S von Fritz und Basil Erath. Rang 3 ging wieder an ein deutsches Team: Peter Esser und Christian Dollinger auf Mercedes 220 SB von 1966.
Rangliste
Die folgende Liste zeigt die Teilnehmerfahrzeuge und ihre Rangierung (Pos) sowie Startnummer (St-Nr.) sowie die Strafpunkte (S-Pkte). Alle Angaben ohne Gewähr.
Die Tabelle kann durch Klicken auf die Spaltenüberschriften sortiert werden.
Pos | St-Nr. | Fahrzeug | Jahr | Team | Nat. | S-Pkte |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | 38 | Lancia Fulvia Coupé 1.3 | 1971 | Roth/Koch | CH/DE | 130 |
2 | 29 | Austin Mini Cooper S | 1968 | Erath/Erath | CH | 157 |
3 | 22 | Mercedes-Benz 220 SB | 1966 | Esser/Dollinger | DE | 161 |
4 | 31 | Porsche 911 T | 1969 | Beck/Schaffner | CH | 177 |
5 | 49 | BMW 633 CSI | 1978 | Meyer/Luchsinger | CH | 189 |
6 | 19 | Austin Cooper MK 1 | 1965 | Lambert/Grunwald | DE | 201 |
7 | 32 | Volvo 123 GT | 1969 | Schwegler/Schwegler | CH | 211 |
8 | 10 | Austin-Healey 3000 MKII | 1960 | Buhoter/Lustenberger | CH | 251 |
9 | 7 | Mercedes-Benz 190 Ponton Rallye | 1958 | Kestenholz/Joerin | CH | 282 |
10 | 28 | Volvo 123 GT Amazon | 1968 | Ponet/de Paep | BE | 382 |
11 | 12 | Mercedes-Benz 280 SL "Pagode" | 1962 | Schmid/Petignat | CH | 408 |
12 | 14 | Mercedes-Benz 220 S | 1964 | Kestenholz/Schneider | CH/DE | 439 |
13 | 8 | Volvo PV 544 | 1958 | Demuth/Demuth | CH | 516 |
14 | 37 | Fiat 124 Abarth | 1971 | Lingg/Wittwer | CH | 541 |
15 | 6 | Mercedes-Benz 220 S | 1958 | Imhot/Bielser | CH | 591 |
16 | 11 | Volvo P544 | 1962 | Fankhauser/Bargezi | CH | 697 |
17 | 18 | Ford Mustang | 1965 | Witzany/Witzany | DE | 703 |
18 | 27 | BMW 1600 GT | 1968 | Rosenow/von Planta | CH | 710 |
19 | 46 | Volvo P1800 ES | 1973 | Widler/Jung | CH | 764 |
20 | 21 | Volvo 544 G Sport | 1965 | Niggeler/Forcella | CH | 779 |
21 | 51 | Mercedes-Benz 280E | 1979 | Schiess/Schiess | CH | 961 |
22 | 15 | Lancia Flavia 1.8 Coupé | 1964 | Jöhri/Lobsiger | CH | 1'003 |
23 | 47 | BMW 633 CSI | 1976 | Verhoet/Van | NL | 1'016 |
24 | 35 | VW Porsche 914 | 1970 | Frey/Frey | CH/GB | 1'211 |
25 | 2 | Lagonda M35 LeMans Rapide | 1934 | Frey/Dätwyler | CH | 1'851 |
26 | 52 | Porsche 944 | 1983 | Albizzati/Hutter | CH | 1'903 |
27 | Mercedes-Benz 220S Coupé | 1957 | Werder/Copeland | CH | 2247 | |
28 | 1 | Rockne Six 75 | 1932 | Dubs/Dubs | CH | 2259 |
29 | 45 | Renault Alpine A110 | 1973 | Kermer/Kermer | DE | 2365 |
30 | 34 | Lancia Fulvia Fanalone Rallye 1.6 HF | 1969 | Kappeier/Sutter | CH | 2463 |
31 | 23 | Volvo 121 Amazon | 1967 | Roth/Lusser | CH | 2642 |
32 | 44 | BMW 2002 | 1973 | Schleicher/Seidl | DE | 2736 |
33 | 16 | Lancia Fulvia Fanalone | 1969 | Dunmore/Merriman | GB | 3006 |
34 | 43 | Mercedes-Benz 350 SLC | 1972 | Schenker/Schenker | CH | 3028 |
35 | 9 | Jaguar MK I | 1959 | Spadini/Vananty | CH | 3032 |
36 | 4 | VW Käfer | 1954 | Rudin/Mislin | CH | 3384 |
37 | 36 | Citroen 2 CV | 1970 | Huber/Huber | CH | 3431 |
38 | 33 | Lancia Fulvia Coupé Rallye 1.3 HF | 1969 | Niewiarra/Fritschi | DE/CH | 3447 |
39 | 41 | Porsche 944 | 1982 | Enz/Moor | CH | 3550 |
40 | 30 | Saab 96 | 1968 | Bartlomé/Bartlomé | CH | 4068 |
41 | 3 | Alvis Speed 20 Special | 1934 | Landolt/Landolt | CH | 4121 |
42 | 53 | Morgan Plus 4 | 2010 | Metille/Friedman | CH | 4583 |
43 | 48 | MG MGB GT | 1976 | Greco/Stillhart | CH | 4831 |
44 | 42 | Volvo 142 | 1971 | Schürch/Kohler | CH | 5334 |
45 | 17 | Porsche 911 S | 1971 | Boylan/Boylan | GB | 7535 |
46 | 26 | Volvo 123 GT | 1968 | Nick/Blöder | CH | 11656 |
47 | 25 | Opel Commodore GS | 1968 | Huwyler/Keiser | CH | 16011 |
-- | 39 | Oldsmobile Delta 88 Royale Convertible | 1971 | Streng/Bergmann | DE | 2275 |
-- | 24 | Triumph TR 4 A | 1967 | Rauss/Freuler | CH | 3400 |
-- | 50 | Porsche 928 | 1978 | Nussbaum/Bahnerth | CH | 8452 |